Notiz zu Modrić und Di Maria

Als wir vor sieben Jahren über den Platz huschende Katzen wie Modrić oder Di Maria sahen, dachten wir noch sie seien sterblich. Aber nun leben sie ihr siebtes Leben, die tiefer werdenden Trauerfalten auf ihrem Gesicht sind eigentlich Zitronenfalter, die den Platz bestäuben, als wäre er eine einzige riesige Blume. Ihre Jugend ist unendlich, glaubt man für die Zeit des Spiels und spürt das eigene Altern umso mehr. Was ist euer Geheimnis? Kann es sein, dass eure dumpfe Fokussierung auf einen Ball euch vor der Müdigkeit schützt? Oder sind es nur diese 90 Minuten, in denen ihr kurz vergesst, wie alt ihr seid? Wann immer Di Maria die Lust verspürt zu verteidigen, ist er ein vollkommener Fußballspieler. Modrić hat sowieso Augen mit Rückspiegel, wer selbst einmal einen Ball umringt von Gegenspielern stoppen musste und dann Modrić sieht, hinterfragt die Wahrnehmung an sich. Warum schaut die Welt für ihn so aus, als gäbe es immer eine Lücke und für mich, als wäre da immer ein Gefängnis? Wenn andere sich fragen, wo der Ball ist, hat Modrić ihn schon gespielt. Und Di Maria, sein ehemaliger Mannschaftskollege und steter Begleiter in den unteren Gewichtsklassen des Weltfußballs schirmt den Ball so gut ab, dass der bei Regen nicht mal nass werden würde.

Aber wozu auch über den Fußball schreiben, die Herren verdienen auch ohne Worte genug und zeigen stets, dass Worte ihnen ohnedies nicht in die Wiege gelegt wurden. Dafür halt der Wind, der den Ball berührt. Nun haben beide Spieler in unterschiedlichen Vereinen famose Leistungen hingelegt, um das nächste Halbfinale ihrer Karrieren zu erreichen. Man schaut diesen Männern dann sein ganzes Leben zu und spürt schon, dass dies die Spieler sind, von denen man sagen wird, wenn man noch älter ist: ja, solche Spieler, die gibt es heute nicht mehr. Spieler, die mehr als die Hälfte ihrer Ballaktionen mit dem Außenrist abschließen, Spieler, die alle gerne foulen würden, aber niemand kann sie berühren, Spieler, die wilde Bälle vom Himmel pflücken, als wäre ihr Fuß das Ende des Zufalls. Sie saugen die Luft aus ihrer Umgebung und hauchen dem Ball neues Leben ein. Man kennt diese Augenblicke aus der Liebe und der Gefahr, als wäre alles intensiver, stärker, aber auch klarer und einfacher. Man vergisst sie nicht.

Sie spielen noch die alten poetischen Lieder in einer Kunstform, die lange schon keine mehr ist. Es ist auch nicht so, dass sie sich dem Irrsinn des modernen Fußballs widersetzen würden. Einzig das Spiel zeigt, was sie eigentlich tun sollten.

(Patrick Holzapfel)