Land of the Dead: The Fly von David Cronenberg

The Fly:Seth Brundle, ein Wissenschaftler, ein bisschen nerdig, lustig, besessen (Jeff Goldblum at his prime) entwickelt ein Verfahren zur Teleportation. Er lernt die Journalistin Veronica kennen, die er eigentlich für sich faszninieren will, aber gleichsam für sein Projekt begeistert. Er treibt es immer weiter mit seinen Versuchen und nach ersten Erfolgen setzt er sich selbst, betrunken ob Liebeskummer in seine eiförmigen Maschinen und bemerkt nicht, dass mit ihm eine Fliege in die Kammer geraten ist. Es kommt zu einer Fusion von Mensch und Fliege. Zunächst merkt Seth das kaum, aber mehr und mehr entwickelt er erstaunliche Fähigkeiten und Kräfte (im Peter Parker Modus) und schließlich kommt die Fliege aus ihm heraus, er wird immer mehr zum Insekt. In einem spannenden Perspektivwechsel, der gleichsam dem Zuseher und Veronika gilt, muss diese sich nun fragen, ob sie in der Fliege den Menschen sieht oder ob sie im Menschen eine Fliege sieht. Cronenberg erzählt diese Geschichte, die von Charles Edward Pogues Drehbuch sehr konventionell aufgebaut wird, mit einem besonderen Blick auf sexuelle Ängste, die natürlich in den 1980er Jahren auf ein besonders lautes gesellschaftliches Echo stießen, den Horror, der in einem selbst erwacht und Fragen nach Menschlichkeit, Schicksal und allem was man so an großen Themen abhandeln kann in SciFi-Horror-Filmen.

La méthode Cronenberg sucht immer das Merkwürdige und Andere im Bild. Seien es Objekte, die man im ersten Moment unerklärlich findet, Einstellungen, welche die kinematographische Realität deformieren oder unerwartete Bewegungen, die aus den Körpern und Körperlichkeiten der Protagonisten entstehen und oft in Schocks enden. In diesem Sinn ist Cronenberg sicherlich einer der definitiven Horrorregisseure. Dabei bedient er sich in The Fly sämtlicher Konventionen der kommerziellen Filmsprache. Seine Figuren existieren nicht über die zwei Relationen, die ihnen im Film gegeben werden, das Setting besteht rein aus Handlung, jede Bewegung, jeder Schnitt soll etwas erzählen. Besonders stark merkt man das beim unsensiblen Einsatz von Bombast Musik von Howard Shore. Diese versucht, aus jeder kleinen Szene noch irgendeine große Emotion zu kitzeln. Cronenberg lässt seine Figuren die gesamte psychologische Welt im Dialog klären, er löst das mit einfachen Schuss-Gegenschuss Konstellationen auf, die er manchmal mit seiner Vorliebe für Dutch-Angle Perspektiven bricht. Ähnlich wie Veronika kann sich der Zuschauer fragen, ob er lieber im Kommerz die Kunst sucht oder in der Kunst den Kommerz. Es ist dies jedenfalls ein Film, in dem ein Regisseur um seine Individualität kämpft und trotzdem alles dafür tut den Massenmarkt anzusprechen.

Jeff Goldblum in The Fly

Das Individuelle an Cronenbergs Handschrift sind sicher seine Vorliebe für den extremem Body-Horror, die er bis zur Grenze übersteigert und sein trockener Humor, der vor allem in Dialogen mit einem schon total deformierten Seth zum Tragen kommt. Dabei ergibt sich ein Bild, indem Subtilität wenig Platz hat. Denn sowohl Cronenbergs Handschrift als auch die Gesetze des Massenmarkts fordern eine Klarheit und Forciertheit von Themen und Bildern, die oft ein wenig anstrengt. Weitaus frappierender erscheint mir allerdings die Liebesgeschichte im Film. Als ich nach dem Screening gelesen hatte, dass Darstellerin Geena Davis tatsächlich mit Jeff Goldblum verheiratet war, bin ich erschrocken. Denn zwischen den beiden existiert fast keinerlei Zuneigung im Film, man könnte sagen: Die Chemie stimmt nicht. Dabei spreche ich nicht erst von den späten Szenen, die nach dem Muster „Die Nichtssagende und das Biest“ ablaufen könnten sondern sogar von den Szenen, in denen sich die beiden verlieben. Alles wirkt unglaublich steif und aufgesetzt und Cronenbergs Körperlichkeit übt keine Faszination auf die Blicke der Liebenden aus. Es scheint mir oft so als würde sich die Kühle von Cronenberg nicht mit seinen romantischen Beziehungen vertragen. Einzig das von Viggo Mortensen und Maria Bello verkörperte Paar in A History of Violence hat mich bei ihm bislang völlig überzeugt.

“It’s about mortality and the way that we deal with it and try to understand it and philosophies and emotional attitudes that we develop towards it.” Große Ideen, die Herr Cronenberg da hat. Sie finden auch ihren Weg in den Film, denn Cronenberg vermag Bilder zu produzieren, die philosophisch mitdenken während sie vor einem über die Leinwand laufen. Dann gibt es noch eine gelb-blaue Beleuchtung und Special Effects, die auch nach fast 30 Jahren nicht veraltet wirken. Trotz dieser Stärken komme ich nicht umher, dass ich den Kommerz in der Kunst sehe. Als Veronica am Ende mit einem Gewehr vor der Fliege steht und die mitleidserregenden Augen (Peter Jackson was watching) der Kreatur noch einen letzten Hauch Menschlichkeit ausstrahlen, fühle ich nur diesen Mann, der mit aller Macht versucht, dass ich jetzt Mitleid empfinde. Und das schafft er nicht. Denn es ist zu laut für Mitleid.

Die Liebe in The Fly