The Last Syllable Of Recorded Time: La fin du monde von Abel Gance

„Und so nähern wir uns jetzt der heiligen Zone, dem Gebiet des großen Wunders. Hier ist die Materie geformt, ins Relief einer Persönlichkeit gegossen; alle Dinge erscheinen, wie ein Mensch sie träumt; die Welt ist so geschaffen, wie du sie dir vorstellst; sanft, wenn du sie sanft denkst; hart, wenn du glaubst, sie sei hart. Die Zeit eilt voran oder zieht sich zurück oder hält inne oder wartet auf dich. Eine neue Realität ist eröffnet, eine festliche Realität, die nicht derjenigen der Arbeitstage entspricht, so wie diese ihrerseits mit den höheren Gewissheiten der Poesie nichts zu tun hat. Das Gesicht der Welt mag uns verändert erscheinen, da wir, die wir die Weltbevölkerung der fünfzehnhundert Millionen ausmachen, nunmehr durch Augen sehen können, die gleichermaßen von Alkohol, Liebe, Freude und Leid berauscht sind; durch die Linsen jeder Art von Verrücktheit, Hass und Zärtlichkeit; da wir den klaren Fluss der Träume und Gedanken sehen können; das, was hätte gewesen sein können oder sollen; das, was war sowie das, was niemals gewesen ist, noch je kommen wird; die geheime Form der Gefühle, das beängstigende Gesicht der Liebe und der Schönheit; mit einem Wort, die Seele. Die Poesie ist also wahr, und sie existiert, wahrhaftig wie das Auge.“ (Jean Epstein aus Le Cinématographe vu de l‘Étna)

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In La fin du monde ist das drohende Ende der Beginn eines Krieges und der rettende Anfang das Ende der Welt. Es ist ein Film der Gleichzeitigkeiten, der gleichermaßen nach Gleichheit schielt und in diesem Schielen den Beginn des französischen Tons im Film und das Ende des seinerzeit größten Filmemachers des Landes einläutete. Der Film beginnt schon mit dem heiligen Blick zurück, mit Bach und dem virtuosen Rhythmus der Montage der Gefühle während einer Kreuzigung, die keinen Ton braucht, weil die Gesichter stumm derart laut sprechen, dass man sich die Ohren zuhalten möchte, um den Schmerz und die Freude zu ertragen. Die Tränen in den Augen sind das ewig erklingende Echo des Stummfilms, weil sie mehr sprechen als Sprache. Gance, der mit diesem Film nicht fertig wurde, weil die Produzenten ihn nach zwei Jahren und Unsummen an ausgegebene Geld stoppten (es war nicht das einzige Mal), zeigt uns die pure Kraft der Illusion und ihre zunächst überwältigte, dann gelangweilte Realität im Zuschauerraum. Dabei unterscheidet er bereits zwischen einem Oben und Unten, das er später wie alles andere auch zusammenführen will. Eine Gesellschaft der Lust und eine Gesellschaft der Notwendigkeit. Und wer würde sich mit Spiritualität beschäftigen, wenn es Lust und Unterhaltung gibt, scheint Gance zu fragen. Hier die Tränen eines blinden Glaubens, dort der Zynismus über das Aussehen der Darstellerin der Maria Magdalena. Später, wenn die einen in der Kirche das Ende der Welt begehen, feiern die anderen eine Orgie sondersgleichen, deren Produktionsgeschichte fast an Erich von Stroheims Eskapaden erinnert mit hunderten Darstellern aus Paris und viel Alkohol.

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Kurz bevor die Zyniker in diesem Theaterprolog den Glauben vernichten, fährt die Kamera langsam zurück und offenbart, dass die Kreuzigungsszene nur eine Szene ist. In der Rolle des Jesus in dieser Passion: Abel Gance selbst, ein Poet, ein Prophet, ein Glaubender. Aber auch ein Schauspieler. Dennoch ist alles an dieser Szene und an Gance real. In der Folge wagt der unfertige Film den Versuch, diese Illusion mit der Realität gleichzustellen. Gance tut dies in einer Bewegung, die derart fest an die universale Kraft von Poesie glaubt, dass er dabei gleich einer Welle alles überfahren wird, sodass bestenfalls nur das Licht bleibt, das aus den Körpern geflohen ist und sich nun in den Zuschauerraum erstreckt. Es ist ein gefährliches Spiel, das in der Zerstörung auch eine Reinigung sieht. Diese Reinigung ist die Sache eines Kometen, der sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet (Lars was watching). Der Wissenschaftler Martial Novalic versucht die Angst der Weltbevölkerung zu nutzen, um neue humanistische Maßstäbe zu etablieren, die zum einen den drohenden Weltkrieg stoppen und zum anderen in Zukunft ein anderes Zusammenleben ermöglichen. Dagegen kämpfen die Regierungen mit allen Mitteln und versuchen lange Zeit den Wissenschaftler als Lügner zu entblößen. Wie ein Gewissen schwebt Martials Bruder Jean durch den Film, gespielt von Gance selbst gibt er sich einem Spirtualismus der Ewigkeit hin, der jenseits dieser Panik eine neue Unendlichkeit entdeckt, die nicht an sein Fleisch gebunden ist, sondern an seine Seele. Diese kierkegaardsche Gleichzeitigkeit von Endlichkeit und Unendlichkeit, Fleisch und Seele kennt hier eine Polyphonie von Ausdrücken, die sich letztlich im Rausch überwältigender Töne manifestiert, die trotz des unfertigen Zustandes im Film fortleben.

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Dabei ist diese technische Gleichzeitigkeit eine, die kaum jemand je vernehmen durfte. Gance entwickelte für La fin du monde ein stereophones Tonsystem (perspecta sonore) und sprach davon, dass der Ton im Film eine ähnliche Erweiterung der Möglichkeiten des Kinos darstellen sollte, wie die drei Leinwände, die es für eine richtige Projektion seines Napoléon bedarf. Es gab wohl keine oder nur sehr rare Screenings mit diesem System. Doch auch darüber hinaus platzt der Film mit räumlichen und zeitlichen Gleichzeitigkeiten, die mal als Gegensätze, mal als Parallelen arbeiten, aber immerzu auf eine Synthese gehen, eine hysterische Synthese des Friedens, der irgendwie gleichermaßen faschistisch und kommunistisch scheint, ein Frieden der Poesie, die keine Grenzen kennen will. Der Film trägt den Enthusiasmus der Texte des Gance-Bewunderers Jean Epstein (der vor allem die Stummfilme von Gance liebte) wie eine Flamme vor sich, an der man sich verbrennen muss, weil dieses Verbrennen so wundervoll ist. Hier glaubt jemand an das Kino wie man seit Jahrzehnten nicht mehr an das Kino glauben kann. Immer wieder führt Gance die Welt in ein enges Kuddelmuddel. Zunächst gelingt ihm dies über seine superschnellen Montagetechniken, die den Raum derart dynamisieren, dass nichts von ihm übrig blaubt außer dem Fluss seiner Formen, die sich ineinander schlingen wie zwei Liebende im Rausch der Gefühle. Aber diese Montage vermag auch die Liebe zu brechen, weil sie uns im Augenblick einer verlockenden Zärtlichkeit den eifersüchtigen, leidenden Blick eines Dritten zeigen kann oder im Moment des Triumphs den Schmerz der Verlierer. Eine andere Methode, die es hier wie für einen frühen Tonfilm typisch eher selten gibt, ist jene der Bewegung. Die Kamera entblößt dennoch immer wieder mit Schwenks oder Fahrten, was sich im gleichen Atemzug abspielt. Gance arbeitet weit weniger mit POV-Shots, als mit einer gottesähnlichen, allumfassenden Perspektive der Wahrheitssuche. Es half sicher, dass einer seiner vier Kameramänner Roger Hubert war, der nicht nur an seinem Napoléon arbeitete, sondern sich später auch für die bemerkenswerten Fahrten in Jean Renoirs La chienne verantwortlich zeigte. (und das ist nur ein Hauch dessen, was dieser Mann vollbrachte).Außerdem macht Gance (oder das, was man von seinem Film übrig ließ) heftigen Gebrauch von sprühenden Doppelbelichtungen, sei es im Feuerwerk, in wissenschaftlichen Prozessen oder in der Sehnsucht zweier überlagerter Gesichter. Fast beiläufig gelingt Gance dabei auch ein Film über die Globalisierung, die Globalisierung von Angst, die wir heute nur zu gut kennen. Sie überträgt sich über Schnitte, Blenden und Kamerabewegungen.

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Passend zur globalen Angst spielt ganz wie in René Clairs Paris qui dort auch der Eiffelturm eine zentrale Rolle. Es ist seine Funktion als Medium der Gleischaltung, das somit auch das essentielle Medium der Macht in diesem Werk ist. Außerdem ist er Symbol für jene Modernität, die im Film in Konflikt mit der Spiritualität steht bis Gance auch diesen Gegensatz aufhebt. Und so erklingen spirituelle Töne aus den Apparaten der Moderne. In ähnlichen Bahnen bewegt sich der hier nur scheinbare Gegensatz von Wissenschaft und Poesie, der alleine schon deshalb obsolet scheint, weil der Autor der Vorlage, Camille Flammarion im Feuer dieses Widerspruchs zwischen positivistischer Forschung und Mystizismus existierte. La fin du monde ist dies jederzeit anzumerken, was auch daran liegt, dass nicht nur Gance dem Kino genau diese Gleichzeitigkeit von Illusion und Dokumentation als große Qualität zuschreibt. Er verwendet hierzu das Bild zweier Brüder (der Poet und der Wissenschaftler) mit den gleichen Augen.Geneviève, die ganz den Gesetzen eines kaum vorhandenen Melodrams folgend zwischen den beiden Parteien (den Spirituellen, nach Frieden suchenden und den Zynikern, nach Freude suchenden) steht, soll in den Augen des einen den anderen sehen. Es ist absolut logisch, dass Gance zunächst Antonin Artaud in der Rolle des Wissenschaftlers Martial Novalic besetzte. Ein fanatischer Poet, der an die Reinigung der Welt glaubt in der Rolle eines dokumentarischen Wissenschaftlers: hier wäre Artaud das Kino gewesen, aber er hasste den Tonfilm zu sehr, um mitzumachen. Der helle Komet am Himmel erscheint dennoch in einer perfekten Illusion, ganz ähnlich wie in August Bloms grandiosem Verdens Undergang. Es sind dies Spezialeffekte, die im Fall von Blom ein Jahrhundert nach ihrer Herstellung nichts von ihrer Wirkung verloren haben. Vielleicht weil die Poesie bleibt, auch wenn die Technik stirbt?

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Was Gance dann macht am Ende dessen, was von seinem Film geblieben ist, ist die schiere Explosion seiner zuvor angedeuteten Poesie. Doch ist das Kino hier ein Medium der Zerstörung, der Reinigung, der Gleichschaltung? In unfassbar real wirkenden Bildern von durch den Kometen ausgelösten Ereignissen auf aller Welt zeigt Gance vor allem, dass er an das Kino glaubt, obwohl oder gerade weil es gefährlich ist. Lichter sprühen durch Körper, die ihr Funkeln verlieren, es ist ein Tanz der Seelen. Man sieht Palmen in einem Sturm, Rehe rasen durch das Bild, ein Baum fällt, dann wieder dieser Komet und die schallende Drohung auf Endlosschleife: Es bleiben 32 Stunden!  Es gibt eine Hysterie der Lust, des Lichts und des Glaubens, die sich vereinigen in einer Zukunfstgerichtetheit, in der eine universelle Weltordnung greifen soll. Dabei entsteht ein filmischer Körper gegossen ins Relief von Abel Gance, ein filmisches Wunder. Kritisch könnte man bemerken, dass in dieser Synthese aus zeitgenössischer Sicht ein politisches Tabu berührt wird, aber die Weltordnung von Gance ist eines des Kinos, in der sich das Notwendige mit dem Überdrüssigen vereint, eine in der aus der Poesie des Filmischen ein neues Bewusstsein geöffnet wird, spirituell und groß. Es ist nicht die Schuld von Gance, dass man ihm heute nicht mehr ganz folgen kann in diesen Enthusiasmus, aber ihm verdanken wir, dass man im ewigen Echo der Tränen vor diesen Bildern und Tönen verharrt und so stark spürt wie kaum sonst, was möglich gewesen wäre, was möglich gewesen wäre, was möglich gewesen wäre.

De Sica-Retro: Miracolo a Milano

Die Vittorio De Sica-Retrospektive im Österreichischen Filmmuseum ist bereits im vollen Gange und wir werden bei Jugend ohne Film wieder ein genaueres Auge darauf werfen. Es wird nicht nur eine Auswahl der Regiearbeiten des italienischen Filmemachers, sondern auch viele seiner Schauspielauftritte gezeigt. Denn in erster Linie war De Sica ein Schauspieler, eine Kultfigur, der als oberflächlich charmanter, augenzwinkernder Taugenichts die Herzen der Frauen eroberte. Miracolo a Milano ist jedoch einer seiner großen, wenn auch (wie vieles von De Sica) etwas vergessenen Filme. Ein Film, der ziemlich deutlich zeigt, dass man De Sica mit dem einfachen Label des Neorealismus nicht besonders nahekommen wird. Denn der Film ist ein katholisches Fantasymärchen, eine humanistisch-linke Metapher für einen Klassenkampf, ein Experiment bezüglich der Ästhetisierung von Armut, ein Unterhaltungsfilm und ein sozialrealistisches Drama.

Miracolo in Milano De Sica

Der Film basiert auf Totò il Buono, einem Roman des langjährigen Kollaborateurs von De Sica, Cesare Zavattini, der selbstverständlich auch das Drehbuch schrieb. Im Kern schlägt derart heftig der Humanismus, dass man ihn manchmal mit einer verklärten Puderzuckerhaltung verwechseln könnte. Es geht um Totò, der als kleiner Junge in einem Salatfeld gefunden wird und nach dem Tod seiner Ziehmutter in ein Waisenhaus gebracht wird. Als er dieses verlässt, besteht für ihn das ganze Leben aus Fröhlichkeit. Wie ein unter Drogen stehender Engel läuft er durch die verdreckte Wohnungsknappheit seines Landes. Trotz des betont metaphorisch, lockeren Tons erinnert hier noch vieles an den Neorealismus seines Ladri di biciclette oder Sciuscià. Es sind Schwenks und Parallelfahrten durch die Armut hindurch. Das Casting ist außerordentlich, denn all diese Gesichter sind wahre Gesichter, sie erzählen zwischen all der Lockerheit von existenziellen Dramen. Ihr Lächeln weint, ihre Körper schreien und ihre Augen beten. Mit Totalen fängt De Sica immer wieder den Menschen vor seinem sozialen Hintergrund ein. Doch schon bald setzen immer mehr Fantasyelemente in die Handlung ein. Totò landet mit all seinem Optimismus in einer Barackensiedlung vor Mailand. Er freundet sich mit all den Vergessenen und Verlorenen an und strukturiert das Leben dort, sodass die Heimat der Armut sich in ein rauschendes Fest des Glücks verwandelt. Zunächst sind die Fantasyelemente subtil, ein magischer Realismus, der sich in kurzen Augenblicken offenbart. Er findet sich in Sonnenstrahlen, die nur an bestimmten Stellen Wärme spenden, an einem zu dünnen Mann, der von Luftballons weggetragen wird und immer wieder auch in der Haltung von Totò selbst, der mehr ein biblischer Heiliger ist als eine realistische Figur. Dann wird auch noch Öl unter der Erde gefunden.

Dieses Öl sprießt wie Fontänen des fließenden Glücks in den Rausch der Bewohner der Vorstadt. Doch ein gieriger Politiker stellt sich in den Weg der Bewohner, die immer wieder betonen, dass sie eigentlich nur einen Ort zum Wohnen brauchen. Denken sie überhaupt an das Geld und die Bedeutung des Öls? Er kommt mit einem großen Aufgebot und profitiert auch von einem Verräter in den Reihen der Barackensiedlung. Es beginnt ein absurder Krieg, der an die Asterix-Comics erinnert, denn in Form einer magischen Taube, die Totò von seiner Großmutter aus dem Himmel bekommt, verfügen die Armen über ihren ganz eigenen Zaubertrank, der es dem Staat lange Zeit unmöglich macht, in die Siedlung einzudringen. Der Film geht sehr weit in seiner Metaphorik, die De Sica kaum versteckt. Ganz im Gegenteil, er kann seine Botschaften gar nicht deutlich genug loswerden. Er selbst hat geäußert, dass der Film für ihn ein bloßes humanistisches Märchen gewesen sei, ohne jegliche politische Haltung oder Botschaft. Das mag man ihm sogar glauben, aber so sehr er sich bemühen würde, auch er könnte keinen nicht-politischen Film drehen. Zudem gibt es auch humanistische Botschaften, die man subtiler und filmischer erzählen kann als dadurch, dass die Hauptfigur die Schwächen der Kranken oder Kleinen imitiert, um ihnen zu sagen, dass sie alle gleich sind. Der Kollektivgedanke, der vom Film nur an zwei Stellen durchbrochen wird, wirkt zudem aus heutiger Sicht überholt. Einzig in einem weinenden Polizisten und dem einen und wie so oft bei De Sica exemplarischen Verräter finden sich gegen den Strom schwimmende Geister, die es dort viel häufiger geben müsste, um etwas vom Leben zu erzählen. Nun wollte De Sica nicht unbedingt einen realistischen Film machen, aber er hat den Realismus nicht genug aus seiner Sentimentalität entfernt, um Miracolo a Milano als reine Fantasie zu sehen.

De Sica Miracle

Zu den besonderen Momenten im Film gehören neben der äußerst präzisen und manchmal extravaganten Inszenierung jene kleinen Beobachtungen am Rand, wie ein älterer Mann, der sich nicht eingestehen kann, dass er in der Lotterie gewonnen hat oder ein kleines Kind, das an einem Seil befestigt, als Türglocke herhalten muss. Die Lebendigkeit und die Aufbruchsstimmung, die De Sica durch seinen Wechsel aus schnellen Fahrten und Bewegung im Bild herstellt, sind beeindruckend. Dabei bleibt die Kamera immer ganz nah an den Bewegungen der Figuren. Sie bewegt sich nie von sich aus und dadurch entsteht ein Gefühl, das uns in das Geschehen mitnimmt statt darauf zu blicken, Dadurch fehlt natürlich auch eine Distanz, die uns diesen illusionierenden Blick als solchen offenbart. Stattdessen geht es um das reine Spektakel, das sich zwischen der Realität und der Fantasie bewegt. Neben Jean Vigo, René Clair, Jia Zhang-ke und Charlie Chaplin gibt es wenige Regisseure, die sich derart mutig in diese Ästhetik einer Dazwischenheit gewagt haben. Allerdings fehlt De Sica zu den genannten Vorbildern Bescheidenheit. Bei ihm entstehen die Fantasie und der Humanismus nicht aus der filmischen Realität. Vielmehr drückt er ihn auf und durch jede Szene hindurch, damit jeder versteht, was er da macht. So vermag Miracolo a Milano uns kaum zu berühren. De Sica bewegt sich hier in einer abstrakten Welt, die viele mit der Realität verwechseln und in einer realen Welt, die völlig abstrakt scheint.