Spielen, als wäre nichts passiert: Rewind & Play von Alain Gomis

Es kommt vor, dass man sich im Angesicht der herrschenden Würdelosigkeit fragt, wie sich ein kleines bisschen Erhabenheit bewahren ließe. Schließlich bilden sich die meisten von uns ein, dass es sowas gibt, sonst hätten wir schon längst verzagt. Die Kunst, seit jeher Refugium in derlei Fragen, schwimmt allgemeingesprochen als halbwegs sichtbare Boje zwischen dem erdrückenden, alles bedeckenden Unsinn, wird aber, wir kennen das, von diesem nur allzu leicht eingenommen. Das hindert uns nicht daran, in ihr nach eben jener Würde zu suchen, denn wenn wir nur einen kleinen Funken von ihr spüren, können wir wieder einige Tage weiterleben. Da sind wir nicht anders, als das vergiftete Mädchen aus dem irischen Märchen, das ihr Leben lang auf Heidekraut kauen muss, damit das Gift sich nicht in ihrem Körper ausbreiten kann.

Derzeit kann man ein wenig Würde in Rewind & Play von Alain Gomis entdecken. Das liegt eigentlich weder am Film und dessen recht braver Manier, die musikalischen Regungen seines Protagonisten, Thelonious Monk, filmisch zu übersetzen, noch am französischen Fernsehprogramm aus dem Dezember 1969, dessen Dreh die Bilder dieser Found-Footage-Arbeit liefert. Es liegt nur an Monk selbst, der hier vom TV-Apparat aufs Übelste vorgeführt, genötigt und stereotyp in Schubladen gedrängt wird, bis er anfängt zu spielen, einfach zu spielen, um damit allem zu entkommen. Er spielt auf seinem Flügel, so formuliert es der Moderator in Bezug zu einem anderen Konzert, dem er beiwohnen durfte, als wäre nichts passiert.

Er erhebt sich zur Einfachheit, wie Péter Nádas unlängst bei einer Lesung formulierte (es ging ihm um die prinzipielle Aufgabe des Künstlers und Menschen), die unendlich komplexe Einfachheit seiner Musik, die dem Lärm dieser und aller Zeiten widersteht. Er erhebt sich all dieser grellen Lichter und stumpfsinnigen Fragen, der ermüdenden Erwartungen und des uninspirierten Zynismuses und wir erheben uns mit ihm.

Der Film ist in der Mediathek von arte zu sichten:
https://www.arte.tv/en/videos/103053-000-A/rewind-and-play/