Notiz zu City Streets von Ruben Mamoulian

Einer der schönsten Filmbeginne: Reifen aus Asphalt, schäumendes Bier und dann ein Hut, der von der Strömung hinfortgerissen wird. Mehr muss man nicht sehen, um zu begreifen, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Dann die, die dieser Welt fliehen wollen, es sind die schönsten Menschen, weil es im Hollywood dieser Tage immer die schönsten Menschen sind: Sylvia Sidney, in ihrer ersten Starrolle und Gary Cooper. Sie treffen sich an einem Schießstand (wo sonst?) zwischen Cowboy-Gehabe und Lebensfreude. Beide Stars noch so weit entfernt von ihrem brutalen Fall, dass man ihrem Glück fast glauben könnte. Später sitzen sie am Meer, die Wellen brechen herein über die Felsen und ihre Zukunft. Alles ist so zerbrechlich, aber gefilmt in Bildern für die Ewigkeit.

Ruben Mamoulians Gangsterfilm hat kein Interesse an Gangstern, sondern an den Situationen, in denen er sie filmen kann. Oder nicht filmen kann wie in einer berühmten Sequenz, in der er statt eines Dialogs, der über den Tod eines Mannes entscheidet, lieber die Katzenstatuen filmt, die auf den Tischen stehen (sie entstammen der hauseigenen Sammlung des Filmemachers). Von allen großen Hollywoodregisseuren ist Mamoulian der Innovativste. Er scheut sich nicht vor Taschenspielertricks, man kann der Kamera genausowenig trauen wie den Figuren. Ansonsten geht es wie meist um eine Liebe, die vom Gangsterdasein bedroht wird, den Kampf zwischen den materiellen und den emotionalen Werten.

Irgendwie versteht man ja, dass Menschen, die Bier schmuggeln und auf andere schießen, die nächtelang auf Jahrmärkten herumlungern, nicht so schön sind wie in diesen Filmen. Aber wenn man diese Filme sieht, kann man sich auch nicht vorstellen, dass sie es nicht sind.