Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Wenn man nicht ins Kino geht …

«Als ich im Col­lege war stu­dier­te ich Phi­lo­so­phie ja das war’s man wuß­te nicht was man sah weil man sag­te man sähe was man wüss­te, und wenn man es sähe wüss­te man’s nicht mehr weil man dann zwei gewor­den wär.»

Ich den­ke, in Anbe­tracht ihres Jahr­hun­derts und des­sen moder­nis­ti­schen Sen­si­bi­li­tä­ten, such­te Ger­tru­de Stein ein weni­ger nor­ma­ti­ves Ver­ständ­nis von Emo­tio­nen, als von ihren Theo­rien impli­ziert. Auch einen weni­ger nar­ra­ti­ven Ansatz zum Thea­ter, wie ihre Stü­cke und Gedich­te zei­gen, ja, wie wäre dies wohl beim Kino gewe­sen, dem sie sich so erfolg­reich ver­wei­ger­te? Etwa bei ihrer Ver­mei­dung frü­her iden­ti­fi­ka­to­ri­scher Model­le, etwas, das sie mit Ber­tolt Brechts epi­schem Thea­ter und sei­nen Tech­ni­ken der Ent­frem­dung genüss­lich teilt, oder auch «Die Kunst,» wie Wal­ter Ben­ja­min es spä­ter 1939 aus­drück­te «besteht in der Her­stel­lung nicht von Empa­thie aber Erstau­nen.» Ich den­ke, die­se Aus­sa­ge macht deut­lich, dass zum einen Brechts Ableh­nung von Empa­thie nicht das Ableh­nen von Emo­ti­on an sich bedeu­tet, son­dern auch Stein arbei­tet dar­an, statt­des­sen Büh­nen-und Stimm­rol­len für bestimm­te Emo­tio­nen inner­halb eines Pro­jek­tes zu „erwe­cken“. Ja, gar eine kri­ti­sche Hal­tung inner­halb einer ent­spann­ten Emo­ti­on. Auch bei ihr heisst es, immer, auf der Hut zu sein! 

STEIN 1927

«Sie wis­sen wer Sie sind weil Sie und ande­re sich an irgend­et­was über Sie erin­nern aber wesent­lich sind Sie das nicht wenn sie irgend etwas tun. Ich bin weil mein klei­ner Hund mich kennt aber schöp­fe­risch gespro­chen indem der klei­ne Hund weiß dass Sie Sie sind und indem Sie erken­nen dass er es weiß, das ist es was die Schöp­fung zer­stört. Das ist es was Schu­le macht.»

Stein scheint ein beson­de­res Augen­merk auf phy­sio­lo­gi­sche Bedin­gun­gen zu legen, aber war­um ist dies von so schein­bar schwie­ri­ger Akzep­tanz? Ihre Poe­tik (ach, wie ger­ne wür­de ich von „ihrem Kino“ spre­chen und auch schrei­ben!) erforscht die Dyna­mik im Thea­ter. Das Knat­tern und Bret­tern, die Sei­ten­büh­ne, der Schnür­bo­den, die ers­ten Sät­ze und Schrit­te, und auch die Stil­le und das Schwei­gen und den kal­ten Luft­zug. Steins Auf­re­gung ist und bleibt hier eine ande­re, eine rein sprach­li­che. Mit einem dem­zu­fol­ge auch etwas ande­ren Ziel: sie strebt nach losen emo­tio­na­len Koor­di­na­tio­nen, also etwas genau­er, nach der Erfah­rung der Träu­me­rei. Auch im Kino erlau­ben wir uns stän­dig die­se wich­ti­ge emo­tio­na­le Kom­po­nen­te des Den­kens. Steins Poe­tik, weni­ger pro­gram­ma­tisch als Brechts, scheint mir zen­tral um die Fra­ge gebaut, ob Thea­ter­stü­cke es dem Publi­kum (oder gar den Schau­spie­lern) erlau­ben, neue Erkennt­nis­se nicht nur zu erwer­ben, son­dern auch zu erleben. 

«Das ist einer der Vor­tei­le wenn man nie ins Kino geht es gibt so vie­le Überraschungen.»

Steins Ver­wen­dung von phy­sio­lo­gi­schen Bedin­gun­gen muss hier im Zusam­men­hang von Wil­liam James Defi­ni­ti­on von Emo­ti­on betrach­tet wer­den. James schreibt in sei­ner Arbeit von kör­per­li­chen Ver­än­de­run­gen infol­ge von unmit­tel­ba­ren Wahr­neh­mun­gen, ver­bun­den mir der span­nen­den Tat­sa­che, dass unser Gefühl den glei­chen Ver­än­de­run­gen unter­liegt. Dies benen­nen wir als „Emo­ti­on“. James› Theo­rie iden­ti­fi­ziert „Emo­ti­on“ mit Auto-Sen­sa­ti­on oder einer Art zwei­ten Ord­nung von „sen­sa­tio­nel­ler“ Erfah­rung, sen­sa­tio­nell im Ursprung des Wor­tes. Das Pro­blem mit Thea­ter sei, zumin­dest in der Aus­gangs­for­mu­lie­rung Steins, dass genau die­se Auto-Sen­sa­ti­on (das Gefühl der kör­per­li­chen Ver­än­de­run­gen), das Teil­neh­men an der Akti­on auf einer Büh­ne (ach, könn­te ich doch von einer Lein­wand schrei­ben!) und das Teil­neh­men an der Ent­wick­lung und Hand­lung glei­cher­mas­sen erschwert.

«The thing seen and the emo­ti­on did not go on together.»

Sei­ne Emo­tio­nen erle­ben heißt, die eige­nen Gefüh­le zeit­gleich mit der Akti­on zu füh­len. Das Tem­po wird vor­ge­ge­ben. Und das erzeugt Ner­vo­si­tät. Schon der Vor­hang (oder die blan­ke Lein­wand?) lässt einen Erah­nen, dass man nicht das glei­che Tem­po haben wird, wie wie jene Sache, die dort vor­ne bald zu sehen sein wird. Schon die Vor­freu­de ist hier bei Stein ein stö­ren­des Ele­ment: «Ich mag eine schö­ne Aus­sicht aller­dings keh­re ich ihr wenn ich sit­ze gern den Rücken zu.» 

gertrude-stein

Ja, wenn die Spra­che denn wie ein Strom sein müs­se, in dem ein Gedan­ke in den ande­ren, und ein Wort in das ande­re fließt, in einem also mono­to­nen Fluss der Zeit, muss es dann nicht weder Anfang noch Ende, son­dern nur eine fort­ge­setz­te Gegen­wart geben? Ist dann nicht das Bild-für-Bild des Kinos, das Akt-für-Akt hier wohl­ge­merkt, die fort­ge­setz­te Gegen­wart auf der Lein­wand? Und ein König­reich für ein weis­ses Taschentuch:

Spo­ken

In Eng­lish

Always spo­ken

Bet­ween them

Why do you say yes­ter­day especially.

Why do you say by spe­cial appoint­ment is it a

mista­ke is it a gre­at mista­ke. This I know. What are and bes­i­de all the­re is a desi­re for white hankerchiefs.

You shall have it.