Berlinale 2016: personne von Christoph Girardet & Matthias Müller

„The most significant thing about me is…“
personne

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Mensch als Individuum? in seiner spezifischen Eigenart? Als Träger eines einheitlichen? Bewussten Ichs.

Das Glas ist zerbrochen und könnte nun als Waffe dienen. Das Telefon mit seiner blinden Wählscheibe hat als Waffe schon ausgedient. Und die Asche fällt auf die Schreibmaschine. Der Aufzug führt nirgend mehr hin, oder doch nur noch ins Erdgeschoss. Die Leinwand und das Drehbuch haben sich schon längst getrennt. Da war einmal der Traum eines Jungen, vieler Jungen, aller Jungen: Meteor. Der Traum vom Fliegen und dass da irgendetwas ist, da draussen. Nun sitzt der Schmetterling hier und scheint unschlüssig des Fliegens. Eine Tür und ein Flugzeug. Es fliegt über die Hochhäuser hinweg. Wo sind die Fotos? Das Album ist nun leer und die regennasse Strasse führt überall hin. Alles muss man in Bewegung setzen, anfassen, Kraft aufwenden, damit sich etwas tut. Keine Tür öffnet sich mehr von allein, auch die Fenster bieten nur noch Aussicht, öffnen muss man sie selbst. Und die Kugeln schlagen.

Wer ist der Mann? Jean-Louis Trintignant, weiß der Kinogänger. Der Schlüssel wurde schon längst gedreht. Doch der Motor stockt. Girardet & Müller durchziehen die Bilder aus insgesamt 144 Filmen mit einer kristallklaren Tonspur. Die Schiessübung trifft ins Schwarze. Der Schlips wurde gebunden und gleicht einem kurzen Würgen, und die Tabletten fallen zu Boden, schliddern für einen Lidschlag über die glatte Fläche. Die Kamera ist hier Überwachung und auch Zeuge. Wer ist der Mann? Meteor hat einen großen Bruder bekommen, der weise auf sich … zurückschaut. Aber immer noch am Steuer sitzt.

personne

Square Grass Circle Fear. Das Auto. Und da sind noch die Handschellen. Wer hat sie angelegt?
Das Blitzlichtgewitter und das Fernsehgerät. Der Anzug wird geglättet, der Stoff ist fest und den Händen sieht man die Gewohnheit an. Das Gleichstreichen …

Streichholz und Benzin und Wasser. Die Erde rinnt durch die Hände und das Blut tropft auf den Boden.
Cant Wait can’t Think…
Und der leere Kühlschrank, hier gibt es nichts, was auf Eis zu legen wäre! Das helle Fenster, das Licht scheint auf das Bett und dann ist da diese Diaprojektion: wie die Bilder wechseln! Und wie sich ähneln.

Die Tür schlägt auf, und die Tür schlägt zu. Irgendwann sieht man da keinen Unterschied mehr.
Das Schlagen und das Schwingen, während die Melone am Boden zerschellt. Und der Mann schaut noch einmal in den Himmel. Früher war der Blick anders, aber wie nur?!

„The most significant thing about me is.“

Das Fernsehgerät und die Mikadostäbe, die Streichhölzer. Sie entzünden schon längst kein Feuer mehr. Oder zumindest im Moment nicht. Vielleicht ist da ja nur eine Pause? Der Mensch bedient Maschinen, denn man muss sie bedienen, um sie in Bewegung zu setzen. Man muss sie berühren, die Dinge. Die Uhren bewegen sich wie die Fliegen im Glas. Die Zeit lässt sich nicht aufhalten, aber sie ist kein Feind mehr. Es ist so wie damals.

Und dann noch einmal das Telefon. Das Horchen und das Lauschen, und dann das Sehen: „Hallo?“ Der Blick zu den Streichhölzern und dafür wurden Bäume gefällt. Der freie Flug ist mittlerweile auch ein Fallen. Und der Zug saust  an den Bäumen vorbei. Der Blick zurück und am Steuer sitzend. Die Projektion gleicht nun dem Rückspiegel und man sieht den alten Mann. Man sieht immer nur niemanden, jemanden irgendjemanden.

Aber einmal und immer wieder: Je t’aime.