Ein Film über die im Alltag unsichtbaren Gefühlsschichten unterhalb des Geschnatters: Howard Hawks lässt John Barrymore und Carole Lombard (eine entfernte Verwandte des Regisseurs; er kokettierte gern damit, sie für diesen Film entdeckt zu haben, was nicht stimmt) als Theatergockel und Schauspieldiva bis an den Rand der hyperbolischen Screwball-Erträglichkeit mit Worten aufeinander los. Der Film nach einem messerscharfen Drehbuch von Ben Hecht und Charles MacArthur (nach deren Theaterstück) folgt einer recht simplen Prämisse, die er dann unendlich komplex auffächert: Was wäre, würden zwei zueinander finden, die beide unablässig Wirklichkeit und Bühne verwechseln. Kein Wort Wahrheit wird in diesem permanent zwinkernden, die Geschwindigkeit des titelgebenden Luxuszuges imitierenden Film gesprochen, paroles et paroles et paroles:
„Unverantwortlichkeit ist die Basis für Komödien“, hat Hawks einmal gesagt und Lombard dazu aufgefordert, ihrem eitlen Gegenpart „in die Eier zu treten“. In der entsprechenden Szene schreit sie und tritt mit ihren Beinen durch die Luft. Ihre Darbietung hält sich gerade so auf einer Linie, auf der sie sich ob der ihr entgegen springenden Frauenfeindlichkeit eine gewisse Souveränität bewahrt. Das liegt daran, dass sie sich genauso lächerlich gibt wie Barrymore. Jede in der Luft fuchtelnde Armbewegung, jeder zurechtgerückte Schal, jede ins Gesicht fallende Locke ist falsch. Man achte nur auf das zufriedene Lächeln, das Barrymore über die Lippen huscht, wenn ihm eine gute Metapher gelingt. Es ist eine Dokumentation über den Manierismus einer Branche. Selten hat ein Filmemacher so radikal gezeigt, wie unauthentisch der wahre Realismus ist. Hawks hat das selbstredend weiter verfolgt in seiner Karriere, hier aber ging er am weitesten, der Zustand der falschen Wirklichkeit ist am rohesten, kein Wort bleibt auf dem, was es bezeichnet. Frei nach Erich von Stroheim würden Komödien ja irgendwann den Blick hinter die Kulissen wagen, um eine humoristische Spannung zwischen dem was scheint und dem was ist aufzubauen. Nicht so bei Hawks, Hawks zeigt, dass nichts so scheint wie es ist und damit hat es sich.
Heute leben wir im Zeitalter der lächerlichen Männer im Kino, was manche nicht ganz fehlgeleitet als typische Strategie entlarven, dann doch wieder von den gleichen Typen zu erzählen. Ist aber die Frau so lächerlich, so selbstbezogen wie der Mann, geschieht plötzlich etwas, man sieht nicht mehr nur Identitäten sondern ganze Strukturen. Die Strukturen sind verrückt, albern und fallen ständig auseinander. Nichts bedeutet mehr irgendwas, das muss man erstmal verdauen. Die Liebe, das Theater, alles Erfindungen der Selbstherrlichkeit, das sieht man doch. Die Körper von Lombard und Barrymore geben sich dem komplett hin, sie sind hier nicht sterblich oder individuell, sie sind angelernte Hüllen, die Sätze kommen aus ihnen wie von wo anders, sie beobachten sich selbst in ihrem Gebaren und sehen darüber hinaus nichts.
Wer sich gern damit beschäftigt, ob nun Film oder Theater und was dazwischen und so weiter, wird hier fündig: Das Theater ist die filmische Oberfläche, darunter spielt sich das Eigentliche ab. Das Kino muss nichts erzählen, es offenbart sich von ganz allein. Man kann lügen, aber man hält dem Blick nicht stand. Am Höhepunkt der Niedertracht, wenn Barrymore einen Sterbenden mimt, um Lombard noch einmal für sich und seine bankrotte Theatergruppe zu gewinnen, zeigt sich der ganze doppelte, ach hundertfache Boden des Spiels: Sie mag ja eigentlich ohnehin, weiß davon aber nichts, auch er mag sie, alles versteckt sich aber hinter dem Schauspiel, dem Theater, sodass die eigentliche Handlung, die einer Liebesgeschichte, nur zwischen den Zeilen oder von denen verdeckt abläuft. Was das Theater nicht sieht, sieht der Film. Was sich im Theater als Narzissmus entlarvt, verbirgt ein Begehren nach Kontakt im Kino. So einfach ist das nicht aber hier schon.