Text: Martin Grennberger (aus dem Englischen von David Perrin)
Zwischen 1976 und 1978 realisierte Peter Nestler, in Zusammenarbeit mit Zsóka Nestler, vier Dokumentarfilme für das schwedische Fernsehen über das Thema Ausländer: Utlänningar, del I. Båtar och kanoner, Utlänningar, del II. Rom, Utlänningar, del III. Iranier, Utlänningar, del IV. Iranier. Zusammen bilden sie eine Rückkehr zu Themen, mit der sich die Nestlers seit einem Jahrzehnt auseinandergesetzt hatten: Die Geschichte der Produktionsweisen und deren Verhältnis zu Macht, Krieg und Faschismus; die Migration und Bevölkerungsgruppen, die am Rande der Gesellschaft leben.
Der erste Film in der Serie Utlänningar. Del 1. Båtar och kanoner wurde im Sommer 1976 auf der Insel Gotland, in Närke, Södermanland, Stockholm, Brüssel, Liège, Zedelgem, Virton, Bremen, Amsterdam und Rom gedreht – zum letzten Abschnitt in der italienischen Hauptstadt trugen Danièle Huillet and Jean-Marie Straub bei. Es gibt eine schwedische und deutsche Fassung des Films, die vom schwedischen Schauspieler Tomas Bomle beziehungsweise Peter Nester gesprochen werden.
Der Film beginnt mit einer Einstellung von Tjelvars Grab, eine Schiffssetzung auf Gotland aus der Bronzezeit, die die Route zwischen Schweden und Russland verband. Bereits hier führen die Nestlers eine Methode ein, der sich durch den gesamten Film zieht: ein Pendeln zwischen verschiedenen Zeitperioden und geographischen Orten. Dies erfolgt durch eine schlichte, aber sorgfältige Montage von Verbindungen, Verflechtungen und Verknüpfungen. Wir sehen Gemälde, Fotografien, Schreine, Statuen, Steine, Kanonen, Ruderstöcke, Denkmäler, Siegel und andere kulturelle Artefakte. Zusammenhänge werden hergestellt, Motive und Themen kehren wieder und verändern sich. Je weiter wir in die Komplexität und gegenseitigen Abhängigkeiten eindringen, desto klarer wird das Bild: Der Schiffsbau, der Handel und die Rüstungsindustrie sind eng miteinander verbunden.
Die Verbindung zwischen der industriellen Produktion, dem Krieg und der Ausbeutung von Arbeitskräften wird ebenfalls dargelegt. Filmmaterial von wallonischen Fabrikarbeitern zeigen Fabrikbesetzungen, Streiks und berichten von mangelnden Arbeitsplätzen und Arbeitslosigkeit. Der Zustrom von Arbeitskräften, die Verlagerung der industriellen Produktion und von Kapital nach Schweden wird durch den wallonisch-schwedischen Waffenhändler und Industriellen Louis de Geer (1587 – 1652) verkörpert, der eine Schlüsselfigur im Aufbau und Finanzierung der schwedischen Eisenindustrie war. Im April 1978 schreibt Manfred Blank in der Zeitschrift Filmkritik: „Da kommen Ausländer friedlich und dann ist es doch wieder so etwas wie Krieg. Sie kommen als Beherrschte, aus ausländischen Arbeitskräften, und sie kommen als Herrschende, als Kapitaleigentümer.”
Die Methode der Nestlers, begleitet von seiner unverwechselbaren Stimme, schwankt zwischen dem einnehmenden Didaktischen und dem stillschweigenden Poetischen. Dies verleiht ihren Werken einen identifizierbaren und einzigartigen Ton unter den Produktionen des schwedischen Fernsehens in den 1970er Jahren.