Bis zum bitteren Ende – Notiz zu 3 Einstellungen in Matter out of Place von Nikolaus Geyrhalter

Wir befinden uns in einer großen Halle. Große Mengen an Müll werden auf Fließbändern transportiert und von riesigen Greifarmen durch die Luft getragen. Matter out of Place von Nikolaus Geyrhalter ist kein Film, der seine Drehorte durch erklärende Titel einführt oder näher beschreibt. Dennoch bin ich mir recht sicher, dass ich eine Müllverbrennungsanlage sehe. 

1: Die Kamera ist frontal nach unten gerichtet. Sie filmt eine Art Müllpresse. Während ich den Film ansehe, denke ich mir nicht viel dabei, doch nachher merke ich, dass ich den Begriff für diese Maschine nicht kenne. Sie kommt mir bekannt vor, ich würde nie darüber nachdenken ihren Namen zu kennen, wenn ich mir nicht vorgenommen hätte, sie in einem Text zu erwähnen. Ich muss mich also auf die Suche nach einem Begriff für das, was ich sehe, machen. Die Maschine scheint mir ein sogenannter Zweiwellenschredder zu sein, oder eine Rotorschere.

Der Schredder wird direkt von oben gefilmt. Die schraubenähnlichen Elemente des Schreiers drehen sich. Noch befindet sich kein Müll darin. Wir werden nur mit der Funktionsweise des Geräts vertraut gemacht. Die Einstellung dauert nicht lang.  

2: Aus derselben Perspektive sehen wir nun, wie viel Müll in den Schreier geleert wird. Es befinden sich die verschiedensten Gegenstände in diesem Haufen, den man jetzt aber nur noch als “Müll” identifiziert, aufgrund des Kontexts und der Mischung dieser Objekte. Ich erblicke unter anderem eine Matratze, Sessel, eine große durchsichtige Plastikschachtel, eine Hose,… . Der Müll verschwindet jedoch nicht einfach in kurzer Zeit. Die Gegenstände bewegen sich immer wieder auf und ab. Sie wabern vor sich hin. Die Einstellung dauert zuerst Sekunden, bald schon Minuten. Beharrlich wird dieser von oben gefilmte Haufen kleiner. Obwohl wir den Schreier darunter noch nicht sehen, verstehen wird durch die Bewegung des Mülls, dass der Schreier immer wieder anhält. Die Rotorscheren bewegen sich stetig in entgegengesetzte Richtungen. Sie drehen sich zueinander, werden angehalten, drehen sich voneinander weg, werden wieder gestoppt und drehen sich wieder zueinander. In mir kommt eine gewisse Freude auf. Je länger die Einstellung draufhält, desto klarer wird mir: Wir werden dem Müll bis zum bitteren Ende dabei zusehen, wie er zerkleinert und vernichtet wird. Die Länge des Prozesses wird nicht verfälscht. Wir sollen spüren was für ein Aufwand es ist, den ganzen Müll, den wir erzeugen, auch zu beseitigen. Jeder einzelne Gegenstand muss durch diesen Schredder durch. Das erscheint mir eine konsequente, richtige Entscheidung des Filmemachers zu sein. Mittlerweile ist der Zweiwellenschredder schon wieder recht gut zu sehen. Es sind nur noch ein paar Gegenstände darauf zu sehen, die durch die immer abwechselnden, gegensätzlichen Drehungen der Rotorscheren weiter zerstückelt werden. Doch dann endet die Einstellung noch bevor der ganze Müll zerkleinert wurde. 

3: Eine Einstellung, die auf eine unbestimmbare Masse auf Augenhöhe gerichtet ist. Das Material brennt. Flammen füllen die Leinwand. Es muss sich um die eben gesehenen Gegenstände handeln, die nun völlig zerstört nicht mehr als Objekte erkennbar sind. Es ist nur ein undefinierbarer Haufen Materie. In meinem Kopf bin ich noch beim Zweiwellenschredder und denke die Einstellung von davor zu Ende. 

The Spirit New Sensation Takes Hold: Be tartib ya bedun-e tartib? von Abbas Kiarostami

Bevor Abbas Kiarostami mit Khane-ye dust kojast zu einer festen Größe im internationalen Festivalkino aufstieg, drehte er für das Institute for the Intellectual Development of Youth (eine offizielle deutsche Übersetzung gibt es nicht) Filme für die Bildung und Erziehung von Kindern. 

Die dort entstandenen Filme haben oft einen erkennbar erzieherischen Impetus. Didaktische Konzepte werden mit einfachen Erzählmustern aufgelöst. Warum ist es besser, einen Streit mit Worten zu schlichten als mit Fäusten? Weil bei der zweiten Variante so viel kaputt geht! 

Be tartib ya bedun-e tartib? arbeitet ähnlich. Doch in diesem Film schleicht sich ein widerständiger Geist ein, der immer enormer wird und schließlich die Prämisse des Filmes selbst offenlegt und widerlegt.

Der Film zeigt uns einige Szenen in zwei Variationen. Einerseits sehen wir geordnete Abläufe. Dann sehen wir dieselben Momente wieder, aber diesmal in ungeordneter Manier. Es handelt sich um ganz einfache Situationen, die Kiarostami zeigt: Kinder verlassen das Klassenzimmer und das Schulgebäude. Sie gehen zum Wasserspender im Pausenhof. Sie steigen in den Schulbus. Immerzu sehen wir: geordnet läuft alles gut ab, ohne Ordnung dauert alles länger und geht kaputt. Auf der Metaebene jedoch stellt der Film diese Struktur in Frage. Das erste Bild zeigt eine Filmklappe. Sie enthält folgende Information: “Geordnet, Einstellung/Szene 1, Take 1”.  Direkt vor dem ersten Bild sagt eine Stimme zu Schwarzbild: “Ton. Kamera”. Es ist die Stimme Kiarostamis, welche die üblichen Kommandos eines Filmsets verlautbart, um die Filmaufnahme zu starten. Einstellung und Stimme kehren im Laufe des Filmes wiederholt zurück. Vor jeder neuen Szene gibt es eine Klappe, die uns sagt ob wir als nächstes eine “geordnete” oder eine “ungeordnete” Szene sehen werden. 

Nach der zweiten Szene, die einen geordneten Ablauf zeigt, hören wir Kiarostamis Stimme: “Gut, Cut!”. Diese Stimme erhält im Laufe des Filmes eine immer stärker werdende Präsenz. Bald sind es nicht mehr nur Anweisungen, die Kiarostami ausspricht, sondern auch ein Kommentar zu den Bildern selbst. Nachdem die Kinder geordnet nur ungefähr eine Minute brauchen um einen Schulbus zu betreten, brauchen sie in der ungeordneten Einstellung viel länger. Nach zweieinhalb Minuten gibt der am linken unteren Bildrand mitlaufende Timer auf. Doch Kiarostami versichert, dass dies gut sei. Je länger sie brauchen, desto besser. Schließich ist das doch die ganze Idee hinter dem Film. 

Kiarostamis Filme sind geprägt von “sanfter” Subversion und Manipulation. Seinen “Lügen” wird oft eine gewisse Verspieltheit oder Weisheit zugesprochen. Wenn Kiarostami lügt, dann um eine Wahrheit auszusprechen. In Be tartib ya bedun-e tartib? wird gelogen. Gleich in der ersten Einstellung ist vermutlich eine Lüge zu finden: “Geordnet, Einstellung/Szene 1, Take 1.” Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier den ersten Take sehen? Sehr gering. Es ist nicht viel weniger wahrscheinlich, dass wir auch in der ersten Einstellung/Szene von Unordnung und in den weiteren Einstellungen/Szenen von Ordnung und Unordnung bis zur fünften Einstellung jeweils den ersten Take sehen. Nein, das kann gar nicht sein. Stattdessen wird diese Lüge als narratives Mittel verwendet. Alles läuft einwandfrei und geplant, bis es zur fünften Szene kommt. Bis hierhin bestärkt oder erlügt der Film seine These: Man kann der Welt eine geordnete und eine chaotische Einstellung zugleich abringen.

Wie kommt es dazu, dass in dieser fünften Szene das System des Films in sich zusammenstürzt? Mit der vierten Szene begibt sich der Film heraus aus der Welt des Schulalltags. In der geordneten Sequenz sehen wir Kinder, die brav die Straße überqueren, und auf die Verkehrszeichen achten. Der Film selbst quert hier aus der Welt der Kinder in jene der Erwachsenen. Hierin liegt der (erzählte) Kontrollverlust Kiarostamis. In der unordentlichen vierten Sequenz sehen wir wieder das Überqueren der Straße an der viel befahrenen Kreuzung. Die Menschen halten sich nicht an die Regeln des Straßenverkehrs. Menschen gehen wann sie wollen, Autos hupen. Dennoch scheint diese Unordnung gut zu funktionieren. Im Chaos missachteter Regeln liegt eine eigene Ordnung.

Nun springt der Film gleich zu einer sechsten Szene, und enthält uns die fünfte vor. Wieso das der Fall ist, verstehen wir erst wirklich, sobald wir die fünfte Sequenz sehen. Sie ist die letzte Szene des Filmes. In ihr versuchen Kiarostami und sein Kameramann wieder eine Kreuzung zu zeigen. Sie wird von oben auf die Straße herunter gefilmt (wahrscheinlich ist die Kamera auf einem Gebäude). Zuerst zeigen sie uns wieder die Einstellung unter der Bezeichnung “geordnet”. Doch die Menschen im Bild halten sich nicht an die Ordnung, die der Film von ihnen verlangt. Die Straße wird stattdessen ungeordnet von Passanten überquert. Ein Motorradfahrer rollt bei Rot über die Kreuzung. Die Aufnahme wird abgebrochen. Nun sehen wir zum ersten Mal einen zweiten Take in der Narration des Films. Das ist natürlich schwer zu glauben. Wir werden uns der bisherigen Lüge bewusst. Dieses Stilmittel, das vorgab, uns hinter die Kulissen der Fiktion blicken zu lassen, wird selbst als Fiktion entlarvt. Auch der zweite Anlauf scheitert, sowie ein dritter und vierter. Nicht einmal ein Straßenpolizist, den Kiarostami und sein Kameramann erspähen, schafft Ordnung. Die beiden Filmemacher beraten sich und geben auf. Schnell drehen sie stattdessen die “ungeordnete” Variante der Szene. Diese klappt natürlich auf Anhieb. Für eine ungeordnete Szene ist es perfekt, meint Kiarostami. Doch wo könnte man eine geordnete Kreuzung drehen? Es ist doch überall das Gleiche. 

Erinnerungen eines Anderen: München – Berlin Wanderung von Oskar Fischinger

Manche Filme wirken, als wären sie aus ihrer Zeit gefallen. München – Berlin Wanderung von Oskar Fischinger aus dem Jahr 1927 scheint einen anderen Filmemacher schon vorwegzunehmen. Man kann sich beim Sehen des Filmes kaum davon abhalten, an die Filme von Jonas Mekas zu denken. 

Der Film dokumentiert eine dreieinhalbwöchige Wanderung von München nach Berlin, die Oskar Fischinger unternahm. Er könnte als eine Art travelogue, also als Reisefilm bezeichnet werden. Doch der Film arbeitet nicht mit den üblichen Methoden dieses Genres. Die meisten Reisedokumentationen sind länger als dieser Film, der nur dreieinhalb Minuten dauert. Viele dieser Filme haben eine erklärende Stimme, dieser Film erklärt sich nicht. München – Berlin Wanderung wirkt dabei weniger, wie eine genaue Dokumentation, sondern eher, wie die Erinnerung an diese Reise. Die Bilder flackern nur kurz auf, bevor sie wieder verschwinden. Sie brennen sich direkt in unser Unterbewusstsein. Der Film überfällt und überrumpelt. Man will sich jedes Bild einprägen, doch die schiere Flut überwältigt. Es bleibt nur ein Gefühl. Man weiß, dass ein Mensch etwas gesehen hat. Fischinger hat auf seiner Wanderung Dinge gesehen und er hat Zeugnis davon abgelegt. Wir jedoch können nur noch erahnen, was das Gesehene wirklich war, nur noch einen Eindruck davon bekommen. Es existiert nur noch als eine Folge von Erinnerungsbildern, die vor uns aufblitzen und wieder verschwinden. 

Oskar Fischinger ist eigentlich als ein Filmemacher der Bewegung des absoluten Filmes bekannt. Er wird oft  zusammen mit Walter Ruttmann und Hans Richter genannt. Dieser Film ist ein untypischer Einzelfall. Erst Jahrzehnte später wurde fortgesetzt was er angefangen hat. Diese schnelle Abfolge von Porträts und Landschaften findet man in den Filmen von Jonas Mekas wieder, den dieser Film angeblich inspiriert haben soll. Wer München – Berlin Wanderung gesehen hat, wird nicht überrascht sein. Er wirkt wie eine Blaupause.

Einige Motive und Bilder bleiben hängen oder wiederholen sich: Das erste Bild zeigt Zugschienen, die sich in die Ferne ziehen. Schienen, die für diese Reise nicht verwendet wurden, welche zur Gänze zu Fuß stattfand. Dann sehen wir immer wieder: Dörfer, Kirchen, Häuser, Blumen und weite Wiesen. Fischingers Kamera trifft auch auf verschiedene Tiere: Schafe und Ochsen, Hunde und Katzen. Doch am stärksten prägen sich die Menschen ein, die wir im Film sehen. Sie posieren für Porträts, die kurz aufleuchten, bevor auch sie, wie alle anderen Bilder, wieder verschwinden: alte Bauern grinsen, junge Mütter stehen mit ihren Kindern vor ihren Häusern , ein kleines Mädchen hält eine Katze in ihren Armen und scheint sich vor der Kamera zu fürchten. Eine Frau wird aus mehreren Blickwinkeln gefilmt. Die Bilder erscheinen in schneller Abfolge. Wir sehen diese Menschen auch bei der Arbeit. Zwischen den Menschen sehen wir immer wieder die schon besagten Dörfer und Gebäude, die Tiere und Landschaften. Das letzte Bild zeigt Wolken im Himmel. In nur dreieinhalb Minuten sehen wir all diese Dinge. 

Die Form hinterlässt den Eindruck, dass man gerade die Erinnerung eines Anderen sehen würde. Man stellt sich vor, dass so der Film aussehen muss, den man sieht, wenn man stirbt und das Leben vor einem vorbeizieht. 

 

Die Kunst des Sprechens: Odette Robert von Jean Eustache

Odette Robert ist der Name von Jean Eustache Großmutter. Sein Film Odette Robert ist eine auf die halbe Zeit gekürzte Version des Filmes Numéro Zéro.  Diese verknappte Fassung wurde für das französische Fernsehen produziert und war Teil einer Reihe, der auch Chantal Ackermans Dis-moi angehört. Die Reihe hieß Grands-mères, un série proposée par Jean Frapat. Obwohl es sich um eine für das Fernsehen gekürzte Version eines längeren Filmes handelt, sind Intention und Form klar.

In Odette Robert sehen wir vorwiegend wie Odette Robert aus ihrem schwierigen, ereignisreichen und doch gewöhnlichem Leben erzählt. Der Film besteht aus einer Art Interviewsituation, wobei Eustache selbst wenig zu Wort kommt, sondern seine Großmutter erzählen lässt. Nur manchmal unterbricht er, wenn das Filmmaterial in einer der beiden Kameras ausläuft und eine Klappe geschlagen werden muss. Odettes Monolog wird dabei aus zwei Perspektiven eingefangen: Einerseits eine totale Einstellung, in der wir den Rücken von Eustache sehen und Odette uns (und ihm) gegenüber sitzt, andererseits (aus der Perspektive einer Kamera, die etwas weiter rechts steht) eine nähere Einstellung von Odettes Gesicht. In ihr ist der Filmemacher nicht zu sehen. Diese zweite Kamera zoomt manchmal ein bisschen weiter hinaus und zeigt uns Odettes Oberkörper: wie sie bei Tisch sitzt, raucht und den Whiskey trinkt, den Eustache ihr einschenkt. 

Nur die Eröffnungsszene, in der wir Odette und Boris Eustache (Jeans Sohn) auf der Straße einkaufen sehen, bricht mit diesem Muster. Ansonsten befinden wir uns durchgehend im Interview. In den meisten Filmen würde ein solches Interview wahrscheinlich nur einen geringeren Teil ausmachen. Es wäre ein Segment, dass man gern auch als “Talking Head” bezeichnet. Oder man würde das Interview regelmäßig mit Archivbildern und Aufnahmen unterbrechen, um visuell abzuwechseln. Doch Eustache interessiert sich nicht für Ablenkungen, und begreift diese Situation auch nicht als ein Talking-Head-Segment, das nur ab und zu ergänzende oder erklärende Statements gibt. Stattdessen bekommen wir hier etwas zu sehen, worum es im Kino nicht allzu oft geht: Die Kunst des Sprechens. Ein Mensch erzählt uns (eine) Geschichte. Wir können in Ruhe und ohne Unterbrechungen dabei zusehen und -hören, wie Odette sich an ihr Leben erinnert. Sie berichtet dabei vor allem von Leid und Schmerz. Sie erzählt von ihrer grausamen und demütigenden Stiefmutter, ihrem Arbeitsleben in einer Fabrik, als sie noch ein Kind war, ihrer Ehe mit einem Schürzenjäger und dem Verlust mehrerer Kinder. Mehrmals hören wir im Detail von furchtbarer Krankheit und Tod. In ihrem Gesicht erkennen wir dabei ihren Schmerz, auch wenn wir ihre Augen nicht gut sehen können durch die abgedunkelte Brille, die sie trägt.

Eustache sucht nicht nach “guten Stellen”, die er dann für seinen Filme nutzen kann. Er versucht nicht, Odette manipulierend Statements oder Emotionen zu entlocken. Es geht nicht darum, das Erzählte seinem Narrativ unterzuordnen. Stattdessen wird das Medium Film verwendet, um etwas festzuhalten, was ansonsten verschwinden könnte: eine Person, die erzählt. Die menschliche Fähigkeit, Geschichten zu erzählen und Narrative zu bauen, wird im Kino gerne für verschiedenste Zwecke gebraucht, doch sie wird selten als zentraler Inhalt des Filmischen festgehalten. Wenn jemand erzählt, wie Odette Robert es tut, dann öffnet sich ein Raum. Eine Person wiederholt sich, verspricht sich, verliert sich. Und in diesen Prozessen erkennen wir den Menschen. Durch das Erzählen über eine längere Zeit, zeichnet sich ein Portrait, nicht nur über die Inhalte des Erzählten, sondern durch die Art, in der erzählt wird. So werden nicht nur die erzählende Person, ihre Erinnerungen, ihr Rhythmus festgehalten, sondern eine Welt von Gestern wird aufgezeichnet. Eine Welt, die wir sonst nur aus Geschichtsbüchern kennen. Eine Welt, die oftmals im Alltag ganz anders war (und näher zu unserer), als es diese Bücher erahnen lassen. 

Jean Eustache war ein Verehrer des Kinos der Brüder Lumière. Vielleicht ist in diesem Film auch die Nähe zu deren Filmen spürbar. Er glaubt an diesen Apparat namens Kamera. Er filmt, ohne ihr etwas zu unterstellen, ohne von ihr mehr zu verlangen, als Zeugnis von dem abzulegen, was sich vor ihr abgespielt hat.

Gegen Ende des Filmes sagt Odette, dass sie nun 71 Jahre alt sei und nicht mehr wirklich Interesse daran hätte, zu leben. 

Sie meint, dass sie das nicht aus einer Drastik heraus sage (ihre Devise lautet: “Ich glaube andere hatten es schlimmer.”).

Fünf oder sechs Jahre wären noch schön, um den 16 Geburtstag von Boris Eustache zu erleben, doch eigentlich sei es ihr egal. Ob Odette Robert den Geburtstag von Boris miterlebt hat oder nicht, weiß ich nicht. Neun Jahre nach der Aufzeichnung des Interviews, schnitt Eustache daraus die Version fürs Fernsehen. Im Jahr darauf beging er Selbstmord. 

American Dreams – Chris Marker

In 1959 Chris Marker was going to make a film about the United States of America. The title should have been: American Dreams. The film itself was never made, but in the book Kommentare 1 which collects the voice over texts to some of Marker’s films, the text for the film can be found.

Chris Marker. Kommentare 1 + Kommentare 2
Aus dem Französischen v. Erich Brinkmann u. Rike Felka

Bd. 1: Br., 176 Seiten, ca. 300 Abb., 28 EUR, ISBN 978-3-940048-21-9
Bd. 2: Br., 176 Seiten, ca. 300 Abb., 28 EUR, ISBN 978-3-940048-22-6

There are also some images collected that might have been in the film. Here are some of them: 

 

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

© William Klein © Chris Marker/Succession Christian Bouche-Villeneuve dit Chris Marker

 

(Alle Bilder veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung von BRINKMANN & BOSE, BERLIN)