Im Muzeum Narodowe w Krakowie (Nationalmuseum Krakau) ist zur Zeit eine große Ausstellung zu Stanley Kubrick zu sehen. Glücklicherweise war das Wetter schlecht genug, dass ich meinen Reisepartner davon überzeugen konnte das polnische für den Moment links liegen zu lassen und dieser Ausstellung unsere Zeit zu widmen.
Das Museum selbst ist bereits eine Erwähnung wert, denn es handelt es sich dabei um einen riesigen Betonklotz, der verdächtig nach kommunistischer Protzarchitektur aussieht – manch einer würde das als hässlich bezeichnen, ich finde es hat speziellen Nostalgie-Chic – darin finden sich auf drei Stockwerken eine Reihe von verschiedenen Ausstellungen zum Thema Kunst und (Zeit-) Geschichte. So kann man sich nach einem Abstecher zu Kubrick noch der Filmplakatsammlung zu Andrzej Wajda, der Ausstellung zum ersten Weltkrieg oder der Ausstellung von polnischer Kunst des 20. Jahrhunderts einen Besuch abstatten.Stanley Kubrick ist selbst für nicht-filmaffine Menschen ein Name, den man zumindest schon einmal gehört hat (und dass er mit Filmen zu tun hat). Zumindest Menschen, die alt genug sind, dass sie seine Filme noch bei deren Erscheinen miterlebt haben, kennen auch seine größten Erfolge, wie 2001: A Space Odyssey oder The Shining. Kurz, Kubrick (wie zum Beispiel auch Hitchcock) spricht eine breitere Masse als das cinephile Kernpublikum an. Das heißt eine Ausstellung über sein Werk, darf nicht nur Spezial- und Hintergrundwissen vermitteln, sondern muss den Besucher „abholen“. Für mich hieß das, dass ich einige der Panele mit den Lebensdaten und Basisinformationen überspringen konnte (respektive meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen). Danach offenbarte sich allerdings ein kleines cinephiles Wunderland. Von Killer’s Kiss über A Clockwork Orange hin zu Eyes Wide Shut wurde Kubricks Karriere in Filmen aufgeschlüsselt und jedem ein eigener Bereich gewidmet. Neben Hintergrundinformationen zum Film gibt es dort Dokumentationen, Filmausschnitte, Requisiten, Storyboards, allerlei Skizzen und Setfotos zu sehen. Auf den ersten Blick mag das wenig weltbewegend klingen, aber spätestens wenn man vor der Originalschreibmaschine von Jack Torrance steht überkommt einen die cinephile Wonne. Dieses Prop war mein Lieblingsausstellungsstück – dicht gefolgt von einem (wie ich finde) genialen Plakat zu Eyes Wide Shut und einem Replika-Kostüm von Alex DeLarge aus A Clockwork Orange.
Wie Institutionen wie das Österreichische Filmmuseum immer wieder betonen ist es nicht im Sinne eines Filmmuseums die Materialien und Requisiten eines Films auszustellen, da in einem Kunstmuseum auch nicht Picassos Pinsel ausgestellt sind. Dieser Auffassung kann ich mich zwar im Kern anschließen, allerdings fand ich es sehr erleuchtend und lehrreich eine Ausstellung, wie jene Krakau zu besuchen. Abgesehen vom Schauwert der Originalrequisiten wie der eben erwähnten Schreibmaschine oder den Masken aus Eyes Wide Shut, bekommt man ein besseres Gefühl für die Arbeitsweise eines Stanley Kubrick, wenn man mit seinem randvollen Bücherschrank mit Recherchematerial zu Napoleon (Recherchematerial, dass er tragischerweise nie in sein Napoleon-Projekt umsetzen konnte), oder mit einer vorläufigen Shooting Schedule für The Aryan Papers konfrontiert wird. Natürlich stehen die Filme als Kunstwerke im Zentrum, aber genauso, wie man über Picassos Arbeitsweisen lernen kann, wenn man seine Pinsel studiert (tut man das?), kann man mehr über Kubrick erfahren, wenn man sich seiner Materialien annimmt und Setfotos, Storyboards und Production-Design-Skizzen ansieht. Für Filminteressierte ist das sogar beinahe ein Muss, umso mehr, und hier zeigt sich, dass die Filme im Mittelpunkt stehen, wenn einem Kubricks Oeuvre bereits bekannt ist.
Neben der großen Kubrick-Ausstellung gab’s im gleichen Museum noch eine andere Ausstellung mit Filmbezug zu sehen: Filmposter zu Andrzej Wajda-Filmen. Diese Poster machten mehr Eindruck auf mich als die Ausstellung Polnischer Kunst des 20. Jahrhunderts nebenan (obwohl ich ein großer Fan der Kunstrichtungen dieses Jahrhunderts bin), ich würde sogar so weit gehen, das Plakat zu „Kanal“ als künstlerisch interessanter zu bezeichnen, als jedes beliebige Werk in der Ausstellung – ein avantgardistisches Meisterwerk.
Darüber hinaus ist es natürlich auch interessant die unterschiedlichen Stile der verschiedenen Länder zu vergleichen – so zeigt sich, dass deutschsprachige Plakate konservativer wirken als zum Beispiel die polnischen und französischen (zumindest in Bezug auf Wajdas Filme).
PS: Meine Handykamera ließ leider keine Fotos Kubrick’scher Qualität zu – ich bitte das zu verzeihen.