Diagonale 2018: Vom Zeitbezug

Die bauliche Maßnahme von Nikolaus Geyrhalter

Ob das im Kino nun schon immer so war oder ob es eine Frage nachträglicher Eindrücke ist.
Ob besondere und/oder problematische politische Situationen ein Kino der Aktualität, des Zeitbezugs, der kritischen Gesellschaftsreaktion fördert.
Ob bestimmte Förderstrukturen zu einem Kino führen, dass in mancherlei Hinsicht beinahe Newsreel-Qualitäten aufweist.
Ob das Kino immer im Jetzt verankert ist.
Die Diagonale 2018 machte ein eindrückliches Statement dafür.
Hat sich deshalb was verändert?

Zwei Beispiele großer Namen des österreichischen Films: Ruth Beckermann und Nikolaus Geyrhalter. Beide waren mit faszinierenden dokumentarischen Arbeiten auf dem Festival vertreten. Beckermann mit ihrer treibenden Found-Footage-Arbeit Waldheims Walzer und Geyrhalter mit seiner Bestandsaufnahme rund um den geplanten oder angedrohten Zaunbau am Brenner, Die bauliche Maßnahme.

Waldheims Walzer von Ruth Beckermann

Waldheims Walzer von Ruth Beckermann (© Ruth Beckermann Film)

Auf den ersten Blick also zwei sehr unterschiedliche Arbeiten mit zwei verschiedenen Beziehungen zur Zeit. Zunächst Geyrhalter, der tatsächlich versucht im Hier und Jetzt zu operieren, der den politischen Geschehnissen vor Ort folgt und seine Kamera dem Diktat der Zeit unterwirft. Zu diesem Diktat gehört auch – und das zeichnet den Film gewissermaßen aus – ein Diskurs, der Gespräche zwischen Links und Rechts fordert. Die bauliche Maßnahme ist ein Stück Direct Cinema, aber er wirkt sehr überlegt, fast vorsichtig (wenn auch sehr ehrlich) im Austarieren zwischen dem, was man findet und dem, was man darüber vorher zu wissen meint. Sein Prinzip ist das Gespräch, das Erklären und Nachfragen. Mit erstaunlicher Objektivität folgt Geyrhalter diesen Möglichkeiten, durch die eine Haltung scheint, ohne sich je über den Film zu stülpen. An seinen besten Stellen zeigt er tatsächlich ein mögliches Zusammensein an, einen anderen Blick auf die festgefahrene und durch die Absurdität des Maschendraht-(kein Stacheldraht-)Zauns auf den Punkt gebrachte politische Situation Österreichs. Es ist natürlich auch deshalb aktuell, weil sich nicht wirklich was geändert hat.

Von dem, was sich nicht wirklich geändert hat, handelt auch Waldheims Walzer. Beckermanns Arbeit beleuchtet den Mann und den Fall Kurt Waldheim und die sogenannte Waldheim-Affäre in den 1980er Jahren. Eigentlich ein recht großer Schritt in die Vergangenheit und dennoch ein Film voller Zeitbezug. Die bequemliche Opferrolle Österreichs im Bezug zu den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs wurde in jener Zeit erstmalig erschüttert. Ein unpräziser, sich windender, sofort falsch wirkender Umgang mit der eigenen Nazi-Vergangenheit entblättert sich Stück für Stück an Waldheim. Beckermann wählt einen für sie überraschend geradlinigen Zugang, der mit mal trockenen, mal wütenden, mal pointierten Finten durch die Geschichte führt. Es ist ein Film der Faktentreue, aber unter diesen Fakten lodert ein Feuer, das man gar nicht aussprechen muss. Es hat mit Analogien zu tun, mit Zeitbezug. Auch dieser Film ist natürlich deshalb aktuell, weil sich nicht wirklich was geändert hat. Selbst wenn das etwas unscharf formuliert ist, man kann sich im Groben doch darauf einigen.

Nun ist es für gewöhnlich beinahe immer so im Kino, das es einen bewussten oder unbewussten Bezug zur Zeit gibt. Viele Filmemacher in Graz und eben auch Geyrhalter und Beckermann gehen da aber noch einen Schritt weiter. Sie sehen das Kino als Stimme im Diskurs. Dabei stellen sie einen ganz bewussten Bezug zur Realität und zum politischen Diskurs her. Beckermann hat bereits in frühen Arbeiten die Nähe von Aktivismus und Kino praktiziert, an einer schönen Stelle in Waldheims Walzer sagt sie, dass sie sich entscheiden musste: Demonstrieren oder Dokumentieren. In mancher Hinsicht hat man den Eindruck, dass das Dokumentieren bereits ein Demonstrieren ist. Es macht sichtbar, sucht eine Auseinandersetzung, einen Blick, ein Gespräch. Prozesse, die sonst oft gescheut werden. Das Kino kann hier auch ein idealer Raum werden, ein Raum, der vieles möglich macht.

Die Bauliche Maßnahme von Nikolaus Geyrhalter

Die Bauliche Maßnahme von Nikolaus Geyrhalter (© Geyrhalter Film)

Doch wie schon in Diskussionen rund um das Dritte Kino in Ländern wie Algerien, Argentinien oder Kuba und vielen Formen des politisch engagierten Kinos stellt sich auch immer die Frage: Für wen diese Filme? Wie werden sie gezeigt? Wo werden sie gezeigt? Die Diagonale scheint trotz oder gerade wegen ihre tadellosen Haltung zum Kino ein merkwürdig flauschiger Ort zu sein. Man kennt sich eben, man ist sich in den großen Fragen auch grundsätzlich einig. So verfällt man dann beim Sehen der Filme und bei ihrem Besprechen in pure Spekulation, über das, was diese Filme anderswo bewirken könnten. Wobei man festhalten muss, dass dies mehr für Beckermann gilt als für Geyrhalter. Letzterer bringt nämlich Stimmen in die Diagonale, die dort eigentlich nicht gehört werden: Menschen, die Angst vor „Flüchtlingen“ haben, Menschen, die um ihre Traditionen fürchten. Bei Beckermann dagegen gibt es mehr Bestätigung, was im Publikumgsgespräch zur durchaus merkwürdigen Betonung der Heiterkeit des Films führte. Frei nach dem Motto: Wir wissen ja alle, dass das sehr heftig war und nicht gut, aber interessant, dass es so unterhaltsam und lustig gezeigt werden kann.

Gegen diese Einstimmigkeit kann man vielleicht noch weniger tun als gegen die politischen Situationen. Es gibt natürlich Festivals, auf denen es andere Formen von Gesprächen gibt, diese unterliegen aber nicht den Vorgaben eines nationalen Festivals. Es ist spannend, in welcher Bestimmtheit sich die Diagonale zur Zeit positioniert. Der Spagat ist groß. Hier der Aufruf zum politischen Festival, dort die Verpflichtungen mit Verleihern. Hier der Wunsch nach Diskurs, dort die große Party in der Stadt. Nichts davon widerspricht sich wirklich, ein Gefühl des gemeinsamen „Klappe auf“ entsteht dennoch selten. Vielleicht auch, weil das Festival, so wie Geyrhalter und Beckermann trotz aller, wirklich großartiger Qualität, ein wenig zu klug ist. Die Spuren sind schon gelegt, sie machen sich selbst bemerkbar. So sagte Beckermann, dass sie diesen Film „für Österreich“ machen wollte und bringt damit zugleich sich selbst als Zuseherin mit ins Spiel. Die Filmemacher werden zu ihrem eigenen Publikum, generieren bereits den Diskurs, das Festival arbeitet zugleich am industriellen wie kuratorischen Zeitbezug und alles fließt in den Mühlen einer vorgefertigten Diskurslandschaft. Man spricht nicht immer weil man muss, sondern weil es Q&As gibt.

Nur was könnte man anderes erwarten? Sollen Filme auch dem Nichts erscheinen, soll jemand nach Jahren aus dem Wald auftauchen und etwas Wertvolles bringen? Selbst für die kuriosen Entdeckungen gab es mit Olaf Möller den entsprechenden Kurator (selbst wenn seine Entdeckungen berechenbar geworden sind) auf dem Festival. Es ist ja kein wirkliches Beschweren, nur eine Feststellung, die sich fragt, warum alles so gut angelegt, durchdacht und ausgeführt ist in Graz und man trotzdem nicht das Gefühl hat, dass sich wirklich was ändern könnte.

Diagonale 2018: Aufbruch von Ludwig Wüst

Aufbruch von Ludwig Wüst

Ich kenne Ludwig Wüst persönlich (wie wahrscheinlich die meisten, die in Österreich über seine Filme schreiben) und habe auch mit ihm an meinem neuen Film gearbeitet. Von daher kann ich diesen Text gar nicht schreiben, tue es aber trotzdem, weil ich es problematisch finde, dass ein Filmemacher, wenn er sich nicht leicht in Schubladen schieben lässt und wenn er prinzipiell einer der „Guten“ ist, das heißt unabhängig, frei, kinoliebend, scheinbar nicht wirklich besprochen werden kann. Zumindest bin ich überrascht, dass für mich offensichtliche Probleme des Films in kaum einer Besprechung angeführt werden. Entweder, so scheint es, hat man kein Interesse oder man lobt. Das ist auch deshalb schade, weil sich an Wüst und seinem Kino einige Arbeitsweisen dessen manifestieren, was man als Festivalkino bezeichnen kann oder muss. Aufbruch wurde mit viel Lärm von Wüst und seiner Produktion gestreut, im Forum der Berlinale gezeigt und nun eben auch in Graz. Ein Erfolg zweifellos, aber an was messen wir den Erfolg eines Films und aus welchen Gründen? Die Anerkennung ist ihm, seinem Team und seiner obsessiven Natur zweifellos zu gönnen, den Film muss man deshalb nicht mögen.

Einen ähnlichen Effekt hatte Wüsts Heimatfilm nach seiner Vorführung im Österreichischen Filmmuseum auf mich. Eine Vorführung, die ich in ihrer feierlichen und unkritischen Natur nicht nachvollziehen konnte, was dazu führte, dass ich mich mit Wüst traf, um ein „kritisches Gespräch“ über seinen Film zu führen. So ganz weit kamen wir nicht, weil ich ihn dann eben besetzte und wir fortan über anderes sprachen. Was aber hängen blieb aus diesem Gespräch ist, dass Wüst in einem solchen Maße an seinem ganz eigenen, individuellen Filmhaus baut, dass es schwer ist, ihn für seine Arbeit zu kritisieren. Bezüge und Selbstbezüge, Metaphern und konkrete Situationen ergeben ein kaum hinterfragbares Ganzes. Der Autor ist längst wichtiger als sein Werk.

Das Paradox daran: Wüst arbeitet gerne auch am Werk ohne Autor, etwa in seinem Das Haus meines Vaters. Seine Filmografie beginnt mit dem Entwurf und zieht sich fort in die entlegensten Zimmer. Er kann dabei machen, was er will, spürt man. Es ist eine Arbeit an sich selbst, an diesem Haus. Schließlich lebt er ja auch in seinem Haus. Der Punkt ist aber, dass auch dieses Haus Fenster hat. Und Fenster blicken nicht nur auf die Welt, sie erlauben Vorbeiziehenden auch einen Blick nach Innen. Wüst sucht diesen Dialog. Er sucht ihn so sehr, dass man sich manchmal nicht sicher ist, ob man beim Blick durch das Fenster wirklich noch selbst etwas entdecken kann oder ob selbst dieser Blick bereits gelenkt wird. Vieles bleibt für mich dabei in der Impulsivität eines Entwurfes stecken. In dieser Hinsicht ist der auf ein bewussteres Ziel zusteuernde Aufbruch sicherlich ein Schritt nach vorne.

Ein Versuch: Angelegt irgendwo zwischen den kontemplativen Regungen eines Lisandro Alonso, der Spiritualität von Abbas Kiarostamis Taste of Cherry und der Metaphorik von Jim Jamuschs Dead Man erzählt Wüst in seinem Roadmovie Aufbruch in erster Linie von sich selbst und von Wunden mit denen man geht oder bleibt. Es ist auch das Aufeinandertreffen des Filmemachers, der hier in der Hauptrolle zu sehen ist – wie er selbst sagt, zum ersten Mal – und Claudia Martini, die oft mit ihm zusammenarbeitete. Gleich zu Beginn eine dieser Szenen, die einen beeindrucken, ja überwältigen wollen. Ein donnernder Zug, bis zum Anschlag im Tondesign aufgedreht, davor Wüsts Figur, den ganzen Film über im Arbeitsanzug, nie ganz real, schreiend, was ist da los? Zum ersten Mal auch dieses andauernde Gefühl: Das habe ich schon so ähnlich gesehen. L’Humanité von Bruno Dumont in diesem Fall.

Sogleich ein erster Ansatz einer Auflösung, überraschend viel Psychologie aus dem Off, wie schon in Heimatfilm auch ein Spiel mit den Erwartungen des Zusehers, denn dieser etwas bemüht schweigsame Mann scheint nur ein Protagonist, wird im Lauf des Films mehr ein Begleiter, vielleicht ein Todesengel, eine Christusfigur? Claudia Martini ist seine Begegnung, sein nicht-klassisches Rendezvous, deren Vorgeschichte auch mehr und mehr entblättert wird, das heißt der Grund für ihr Alleinsein. Es entsteht eine Art Skelett für einen Sundance-Film: Ungleiches Paar fährt mit merkwürdigen Fahrzeug durch die Landschaft, um sich spirituell zu befreien. Nur die Stimmungen, die Wüst evoziert sind ungleich dunkler als jene in vergleichbaren Übersee-Pendants.

Man muss sich erst an diese disparaten Strategien der Szenenfindung gewöhnen. Hier das Schweigen, der kontemplative Modus der Stille, dort die Erklärung, die Dramaturgie, hier der plötzliche Ausbruch, dort das Innehalten, hier das Annähern an Figuren, dort die Distanz. Gegensätze sorgen natürlich für Spannungen und es ist stark mit welcher Präsenz Wüst Zeit und Raum auch mit Hilfe einer äußert sachten und bestimmten Kameraarbeit durch Klemens Koscher in seinen Bildern greifbar macht. Gleichzeitig aber wirken diese Gegensätze etwas haltlos im größeren formalen und inhaltlichen Rahmen des Films. So wirklich braucht es die Hintergrundgeschichten eigentlich nicht, um den eigentlich äußerst abstrakten Regungen der Figuren emotional zu folgen. Die plötzlichen Ausbrüche wie das Streichen eine Wand durch Martini lassen das Drehbuch vor dem geistigen Auge erscheinen. Man spürt nicht, dass der Grund für den Ausbruch aus den Figuren kommt, er entstammt vielmehr einer vorgefertigten Idee. Dieser Enthusiasmus an der Idee muss nicht schlimm sein. Man spürt etwas beinahe Rauschhaftes darin, die Freude am Kreieren, die Lust am Film. Aber eben auch die Freude an der Manipulation, die nicht immer treu mit Figuren und Situationen umgeht und im Zweifelsfall nach einer Attraktion, einem Effekt sucht.

Gerade in dieser Hinsicht finde ich den Begriff des Minimalismus, der in vielen Besprechungen des Films gebraucht wird, unpassend. Die Erzählweise ist geduldig, bisweilen langsam, aber nie reduzierend. Eher legt Wüst sehr viel in eigentlich kleine Szenen. Es entsteht beinahe ein kleines Kino der Attraktionen, etwa wenn Wüst uns zeigt wie er ein Kreuz aus Holz herstellen kann, wenn er in eine Mülltonne kriecht, wenn er und Martini Kartoffeln essen oder wenn er in einer sehr langen Sequenz eine Totenpassage auf einem Boot auf uns zukommen lässt. Ein 360-Grad-Schwenk als die unvermeidliche Katastrophe eintritt. Sind diese Bilder notwendige Bilder? Was erzählt uns Wüst darüber oder ist es nur die Lust am Filmen und Machen, die eigentlich auch mehr als genug ist? Warum sehen wir sehr oft Dinge, die Wüst kann?

Man hat das Gefühl, dass es um mehr gehen könnte. Zum Beispiel um das Sterben, die Passage ins Sterben, die mit einigen Symbolen (Stichwort: das Kreuz) signalisiert wird. Oder auch um die Einsamkeit und ihre kurzzeitige Aufhebung. Oder aber der der Film handelt von der Erinnerung und ihrer Auslöschung. Auch auf inhaltlicher Ebene also viele Gegensätze. Es liegt sicher nicht im Sinn des Filmemachers, dass man Aufbruch nur auf eine Art sehen kann und soll. Dennoch stellt sich die Frage, warum einzelne Szenen, Blicke und Situationen mit solchem Gewicht und einer beinahe schon penetranten Symbolik gefilmt werden, wenn der eigentliche Gestus Offenheit beinhaltet. Es gibt also einen weiteren, durchaus problematischen Gegensatz, jenen von Offenheit und dramaturgischer Manipulation. Das führt eben auch zurück zu Heimatfilm, in dem Wüst ebenfalls die Erwartungen des Zusehers täuschte und dabei nicht den spielerischen Gestus von, beispielsweise Orson Welles auf die Leinwand brachte. Alles soll möglichst tief sein, aber bleibt auch immerzu ein Spiel.

Der Eindruck verhärtet sich, dass Wüst in seinem Kino Erfahrungen generieren will, sich dabei aller Mittel des Kinos bedient, aber beständig Offenheit in seinem Umgang mit formalen und inhaltlichen Elementen forciert. Anders formuliert: Alles tut immerzu so, als wüsste es genau wohin es will und gleichzeitig wird vorgegeben, dass alles ganz unbedarft passiert. Ein wenig so, als würde Alfred Hitchcock ohne Drehbuch arbeiten. Es entsteht das Bild einer Präzision im Niemandsland oder aber auch eines Treibens durch dramaturgische Markierungspunkte. Vielleicht ist all das eigentlich ein verstecktes Kompliment, man könnte es so lesen. Nur so ganz will dadurch nichts aus Aufbruch oder auch Heimatfilm hängen bleiben. Eine Haltung, ein Gewissen zu all den genannten Gegensätzen bleiben im Nebel des Beeindruckens verharrend. Erkennbar wird nicht das Allgemeingültige, das Wüst in der Offenheit seiner Gegensätze bemüht, sondern letztlich etwas schwammig-persönliches, das die Leinwand als Arbeit am Ich begreift und dadurch zu selten etwas zeigt, zu selten tatsächlich ein Fenster wird, sondern eher ein Spiegel, eine endlose Fahrt ins Innen des eigenen Kinos. Was dabei fehlt, ist weniger die Kraft von Bildern und Tönen und mehr der Bezug zur Welt. Aber wohin anders würde ein Aufbruch führen?

Diagonale 2018: so leben wir – botschaften an die familie von Gustav Deutsch

so leben wir - botschaften an die familie von Gustav Deutsch

Das „Wir“ im Titel von Gustav Deutschs beobachtend-erzählender Geschichtsstunde des „Amateurfilms“ ist das Problem einer Haltung, die der Film nie ganz ablegt. Entnommen ist dieses „Wir“ aus einem der in so leben wir gezeigten Film- beziehungsweise Korpusbeispiele von sogenannten Amateurfilmern, in diesem Fall jenem von Beatrice Loebenstein. „Wir“ das sollen diese Amateurfilmer sein, die allesamt auch von in der Regel mehr als weniger erfolgreichen Migrationsgeschichten erzählen. Das Mosaik dieser Filmer wird zusammengehalten von einem Homemovie-Selbstversuch, den Deutsch zusammen mit seiner Frau und Mitarbeiterin Hanna Schimek mit marokkanischen Freunden realisierte. Entstehen soll dabei zum einen eine Migrationsgeschichte, zum anderen eine Geschichte des Amateurfilms von 1929 bis heute und irgendwie auch ein Mosaik kleinerer Geschichten von Menschen. Ganz geht davon nichts auf.

Das sind also wir, so leben also wir. Wir, das sind Menschen, die ihren Alltag dokumentieren. Das macht soweit Sinn und dahinter spürt man ein Ideal, das es dringlich zu unterstützen gilt. Nämlich die Tatsache, dass Familienfilme, Reisefilme und dergleichen essentielle Zeitdokumente sind (egal in welchem Format), die es dringend zu bewahren gilt. Und auch zu zeigen, zu erforschen, zu diskutieren. Deutsch ist ein großer Streiter in dieser Sache. „Wir“, das hat aber auch etwas Familiäres und Deutsch versucht sich erstmalig auch als Sprecher aus dem Off im Modus einer begleitenden Erzählstimme, die gleich einer häufigen Vorführpraxis des Amateurfilms ein Beisammensein vor der Leinwand im Wohnzimmer simuliert. Es mutet etwas komisch an, dieses Ausprobieren eines Home-Movies von einem Profi, diese Verbrüderung mit einem Bildproduktionsmodus, der dennoch kaum betont, dass die Grenzen zwischen „Amateur“ und „Profi“ womöglich sowieso fließend sind.

Stattdessen lullt einen Deutsch mit meist guten Beobachtungen in ein Sehen ein, das eine Gemeinsamkeit erzeugen soll. Ein Sehen, dass auch ihn als Amateurfilmer etablieren soll. „Stellen Sie sich vor, wir sitzen zuhause, die Leinwand ist aufgestellt, der Projektor aufgebaut und wir schauen gemeinsam Familienfilme“, heißt es im Film. Dass dabei kaum Rücksicht genommen wird auf entscheidende Bestandteile des Amateurfilms wie den Leerlauf zwischen den Höhepunkten und den individuellen Filmausschnitten, kann man mit etwas Wir-Gefühl noch verstehen. Dass Deutsch aber mit Sounddesign und Musik das Ursprungsmaterial beständig in einen größeren Zusammenhang zu pressen trachtet und schlicht und ergreifend für seine Zwecke manipuliert, stößt doch auf. Und zwar nicht, weil das prinzipiell nicht in Ordnung wäre, sondern weil es seiner eigentlichen Betonung von Material, Geschichte und Inszenierungsweisen des Amateurfilms widerspricht.

Auf der einen Seite sollen „wir“ gemeinsam Familienfilme schauen, auf der anderen Seite sind „wir“ Menschen, denen man eine größere Geschichte und gewisse emotionale Effekte aufzwingen muss. Aus ähnlichen Gründen versandet auch die selbstgedrehte Episode von Deutsch und seinen Freunden. An sich eine spannende Idee: Man gibt die Kamera, die Professionalität mit ihr ab. Man könnte an David Perlovs Yoman denken und viele andere Tagebuchfilme, die mit dieser Diskrepanz zwischem geschulten Auge und privaten Bildern deutlich vielschichtiger umgingen oder aber auch an Rabo de Peixe Joaquim Pinto und Nuno Leonel, die ihre Kamera in einer Szene Kindern in die Hand geben und diesen Sprung deutlich mehr reflektieren. Bei Deutsch steht dagegen eine Art fiktiver Repräsentation ein: So sieht mein Home-Movie aus.

„Wir“ sind eben nicht Beobachtende des Alltags, die Bilder unseres Lebens mit Filmmusik untermalen oder wissen, wie wir mit passenden Tönen eine bestimmte atmosphärische Tiefe erreichen. Im Kern geht es Deutsch in so leben wir nicht wirklich um die Geschichte des Amateurfilms. Zu wenig geht er auf Zusammenhänge ein, zu wenig geht er tiefer in eine einzelne Geschichte. Wer sich mehr dafür interessiert, ist bei Deutschs Adria – Urlaubsfilme 1954-68 (Die Schule des Sehens I) oder aber mit einem Besuch in entsprechenden Archiven besser aufgehoben. Alles in so leben wir besteht immerzu in einer Relation zum größeren dramaturgischen Zusammenhang. Das Gefühl des Entdeckens, des freien Sehens und wirklichen Interesse für das, was man in den Bildern über die Menschen und Orte erfahren kann, wird merklich zurückgeschraubt, hin zu dem, was all diese Menschen verbindet. Eine größere dramaturgische Idee verhindert immerzu, dass uns Deutsch wirklich teilhaben lässt, an dem was er zweifelsohne im Film gesehen haben muss. Natürlich entstehen auch durch die Verbindungen bestimmte Wahrnehmungen, die relevant sind. Etwa Fragen nach dem, was eigentlich interessant ist für Amateurfilmer oder wie sich bestimmte Menschen und Familien gerne selbst sehen. Das geht zum Teil auf, in anderen Teilen, etwa im etwas hilflosen Ansatz zu Home-Movies heute via sozialer Medien und so weiter (es gibt im Film weder ein typisches Beispiel für Home-Movies heute noch ein außergewöhnliches, nur dort realisierbares), kann man nicht verstehen, warum Deutsch einen derart umfassenden, geschichtsorientierten Ansatz gewählt hat.

Und was diese Amateurfilmer verbindet, ist tatsächlich in einem großen Teil der ausgewählten Filme ein gewisser Wohlstand. Das liegt gewiss an der Selbstpräsentation der Familien, die man im Film kennenlernt. Aber eben auch an den Häusern, Orten und Autos, die man dort sieht. So leben wir reich. So leben wir nicht. So leben wir vielleicht. So lebten wir. Dieses „Wir“ ist auch ein gern genommenes Stilmittel vor allem im cinephilen Schreiben über das Kino. Das „Wir“ behauptet eine Gruppe, eine gemeinsame Seherfahrung und Haltung zum Kino. Es schließt eigentlich immer mehr ein, als es ausschließt, obwohl man sich leicht davon ausgeschlossen fühlen könnte, zum Beispiel bei Serge Daney. Es nimmt einen aber in der Regel mit. Das klappt auch deshalb bei Daney, weil es um die Erfahrung des Kinos geht, die tatsächlich bestimmten Regeln folgt. Man sieht, man hört, man sitzt, Licht, Zeit, Traum und Maschine. Bei Migrationsgeschichten von 1929 bis heute ist dieses Wort jedoch gefährlicher, selbst wenn es noch so gut gemeint ist und sich sicherlich nicht (nur) auf diesem Zusammenhang bezieht. „Wir“, mag man vielleicht sagen, fahren keinen Rolls Royce. Deutsch äußerte im Publikumsgespräch, dass es ihm darum gegangen wäre „positive Migrationsgeschichten“ zu erzählen. Was unklar blieb: Was ist das und gibt es auch Dokumente von gescheiterten Geschichten?

Diagonale-Abschlussdialog

Lampedusa von Peter Schreiner

Mit etwas Abstand zum Geschehen und in ungewohnter Konstellation wird ein letztes Mal über die diesjährige Diagonale dialogisiert. Andrey und Rainer blicken eine Woche zurück und lassen die wichtigen Dinge im Leben Revue passieren.

Rainer: In meiner Kindheit wurde ich womöglich mit zu vielen Äpfeln konfrontiert, denn ich mag sie mittlerweile nicht mehr besonders. Bei den Gratissteireräpfeln an den Festivallocations habe ich dennoch zugegriffen und sie haben vermutlich dazu beigetragen, dass ich meine Erkältung während dieser vier Tage gut auskuriert habe. Magst du Äpfel?

Andrey: [lacht] Ein Apfel a day usw. Klar, ich habe diesbezüglich kein Trauma und habe mich auch immer wieder im Schubertkino bedient. Überhaupt macht Graz auf mich immer, wenn ich während der Diagonale dort bin, einen äußerst „gesunden“ Eindruck: Bioläden an jeder Ecke, Radhauptstadt Österreichs – aber zugleich werde ich weder in Wien, noch in Linz so oft mit Armut konfrontiert.

Rainer: Tatsächlich? Dass in Graz die Armut grassiert, wäre mir noch nicht aufgefallen (vor allem nicht im Vergleich zu Wien), einzig so manche Filme die dort gezeigt werden taugen als künstlerisches Armutszeugnis.

Andrey: Ich meine ganz konkret, dass der Kontrast zwischen Wohlstand und dem Gegenteil von Wohlstand mir dort im Stadtbild viel präsenter scheint als anderswo in Österreich, dass man beim Streifzug durch die fein herausgeputzte Stadt doch unentwegt Menschen begegnet und auch von diesen angesprochen wird, die einen daran erinnern, dass es sich um ein Trugbild handelt – aber auf welche Filme beziehst du dich?

Rainer: Naja, in der Natur der Sache der Diagonale – dieser freiwilligen Beschränkung auf österreichische Filme – liegt es, dass da auch zahlreiche Filme laufen, die auf einem ernstzunehmenden Festival eigentlich nichts zu suchen haben. Zwar versuche ich die immer zu umschiffen, aber allzu oft, findet man sich dann doch in einem Screening und beginnt sich zu fragen, ob es nicht vernünftiger wäre, in der Sonne einen Cappuccino zu genießen, als den Film zu Ende anzusehen. Prinzipiell ist dieses Phänomen natürlich nicht auf die Diagonale beschränkt, aber gerade hier habe ich bei meiner persönlichen Programmgestaltung oftmals das Gefühl, dass es aus Mangel an Alternativen eigentlich zu leicht ist, sich für oder gegen einen Film zu entscheiden.

Dreams Rewired von Manu Luksch/Martin Reinhart/Thomas Tode

Dreams Rewired von Manu Luksch/Martin Reinhart/Thomas Tode

Andrey: Ein Festival des Österreichischen Films hat aber doch die Aufgabe, möglichst das ganze Spektrum des heimischen Filmschaffens abzubilden, und nicht nur die eingebildete Crème de la Crème, oder? Es ist klar, dass dann auch vieles dabei ist, was man zurecht als mittelmäßig bezeichnen kann, aber auch dieses Mittelmaß ist womöglich repräsentativ für keimende Tendenzen und Strömungen. Im Grunde müsstest du versuchen, die Filme, die dich weniger begeistern, im Kontext eines größeren Ganzen zu sehen, um etwas daraus zu schöpfen – schließlich versuchen auch diese Filme etwas, und die Frage ist: Was versuchen sie, und warum?

Rainer: Ja, schon klar. Ich werfe dem Festival dieses Mittelmaß gar nicht vor, sondern konstatiere nur, dass es das gibt. Wenn wir schon dabei sind, könnten wir etwas konkreter werden: Welchen der Filme, die du gesehen hast, fandst du am mittelmäßigsten?

Andrey: Die, die ich wieder vergessen habe. Und du?

Rainer: [lacht] Du vergisst sehr schnell. Hätten wir diesen Dialog besser vor drei Tagen gemacht?

Andrey: Nein, Mittelmaß zeichnet sich ja zumeist dadurch aus, dass man nicht weiter darüber nachdenkt, insofern meine ich das durchaus ernst. Aber ich glaube nicht, dass da dieses Jahr soviel dabei war, auch, weil ich insgesamt nicht soviel gesehen habe und bei meiner Auswahl eher streng war, mich an Erwartungen und Empfehlungen gehalten habe. Interessanterweise war aber kein einziger konventioneller Spielfilm darunter. Vielleicht war das auch eine unbewusste Vorsichtsmaßnahme.

Rainer: Ich versuche auf der Diagonale ebenfalls Spielfilme tendenziell zu vermeiden, aber so haben mich nach einiger Zeit vor allem jene Dokumentarfilme genervt, die zu wenig in einen fruchtbaren Kontrast zwischen Bild- und Tonebene investiert haben. Da hört man eine Geschichte und sieht Bildmaterial, das bloß diese Erzählung bebildert und irgendwann will man einschlafen.

Andrey: Wobei ich mir teilweise – etwa bei Dreams Rewired – nicht so sicher war, was da am Anfang stand, der Text oder die Filmausschnitte. Was du meinst, ist wohl schlicht eine Tautologie der Bedeutungsebenen, wenn Bild und Ton dasselbe erzählen. Hast du wirklich so viele Arbeiten gesehen, die so vorgingen?

Rainer: Ja, du findest wie immer die eleganteren Worte für meine Gedanken. Dreams Rewired wäre eines dieser Beispiele, das trotz imposantem Bildmaterial wenig zu mir spricht. Die beiden Filme von Alfred Kaiser, die ich im Rahmen der kleinen Werkschau gesehen habe, die ihm gewidmet war, empfand ich als ähnlich lähmend. Jola Wieczoreks O que resta und auch Annja Krautgassers Waldszenen darf man getrost auch dieser Kategorie beifügen.

Lampedusa von Peter Schreiner

Lampedusa von Peter Schreiner

Andrey: Hm. Ich habe bis auf den Erstgenannten keinen dieser Filme gesehen, begegnete aber selbst immer wieder spannenden Versuchen, mit klassischen Bild-Ton-Verhältnissen zu brechen, etwa Hans Scheugls Dear John, auf den du ja schon in einem älteren Gespräch mit Patrick näher eingegangen bist, oder den Festivaltrailer von Lukas Marxt. Ich finde, dass die Diagonale allgemein – und das ist für ein derart kleines, nationales Festival schon beeindruckend – ein unfassbar breites Spektrum an filmischen Zugängen auffächert, auch wenn bei weitem nicht alles gelungen ist. Nur beim Genrekino könnte man eventuell klagen, aber selbst das wurde dieses Jahr mit der Verleihung des Großen Preises an Ich seh, ich seh zumindest nominell geehrt.

Rainer: Das es genügend gelungene Gegenbeispiele gibt steht außer Frage! Nur wenn du mich nach dem fragst, was ich bei diesem Festival am ehesten als Mittelmaß empfunden habe, dann sind es ohne Zweifel die Dokumentarfilme der angesprochenen Schlagart. Ich diskutiere ohnehin lieber über die Filme, von denen ich begeistert bin. Über die Ehrung von Ich seh, ich seh, bin ich ebenfalls sehr froh, zwar ist mir ziemlich egal, was das für die Entwicklung des österreichischen Genrekinos bedeutet, aber der Film an sich hat mich sehr begeistert und ist in vielerlei Hinsicht ein verdienter Sieger.

Andrey: Wenn du einen Diagonale-Film auszeichnen könntest, welchen würdest du wählen?

Rainer: Die Antwort ist allzu offensichtlich: Wie die anderen von Constantin Wulff, ein formidables Porträt einer Institution, ein formidables Porträt unterschiedlicher Menschen, ein Film, der die richtige Distanz zu seiner Materie findet. Wie sieht’s bei dir aus?

Andrey: Schwierig, aber ich denke, ich würde Lampedusa von Peter Schreiner den Vorzug geben, obwohl meine persönliche Sichtungserfahrung des Films nicht gerade die beste war. Ich bin davon beeindruckt, wie Schreiner im Laufe seiner letzten vier Arbeiten eine völlig eigenständige Ästhetik und Arbeitsweise ausgefeilt hat. Seine Filme gewinnen zusehends an existentiellem Gewicht und politischer Brisanz, und ich weiß, dass mir Patrick bestimmt auf die Finger klopfen würde, aber in gewisser Hinsicht kann man in ihm fast schon einen österreichischen Pedro Costa sehen – Giuliana Pachner ist seine Ventura-Figur, in deren Gesicht und Worten die ganze Welt steckt.

Diagonale-Dialog 1: Graz in 3D

Twelve Tales Told von Johann Lurf

Rainer: Schön wieder in Graz zu sein, oder?

Patrick: Vielleicht. Es scheint sich jedenfalls nichts geändert zu haben oder hast du etwas völlig Neues entdeckt?

Rainer: Nein, nicht wirklich. Noch immer die gleichen Kinos, die gleichen Leute und die gleichen Filmemacher. Das hat natürlich alles seine Vor- und Nachteile. Wenn wir schon bei alten Bekannten sind: Ich kann dir sehr Hans Scheugls neuen Film Dear John ans Herz legen. Ein Stadtporträt, Vergangenheitsbewältigung, der Versuch einer Erinnerung, eine Zukunftsprojektion, und wahrscheinlich noch viel mehr.

Patrick: Und was hat dir daran gefallen?

Rainer: Der Film schafft es eine persönliche Geschichte, die fünfzig Jahre zurückliegt und eigentlich in Nostalgie ertrinken müsste, in die Gegenwart zu ziehen und mit einer gewissen Distanz zu präsentieren, die ihm sehr zugute kommt. Lange Passagen im Film sind ganz einfach Aufnahmen von einer Straßenbahnfahrt in Wien – es bleibt einem selbst überlassen, ob man diese als Versuch einer Stadtminiatur deutet, oder als metaphorische Zeitreise, oder ob man sich ausmalt, dass fünfzig Jahre zuvor die beiden Protagonisten den gleichen Weg zurückgelegt haben. Das lässt Raum, aber auch Anhaltspunkte. Verstehst du was ich meine?

Patrick: Eine Art poetische Offenheit? Film als reicher Samen, den das Publikum ernten darf?

Rainer: Ja so könnte man das sagen. Gab’s für dich bis jetzt ein vergleichbares Highlight?

Patrick: Nicht wirklich. Über die Jahre von Nikolaus Geyrhalter ist zwei Stunden lang ein großer Film, aber dann trifft er komische Entscheidungen. Aber ein Film, der unheimlich viel aufwirft für mich. Fragen zur Ethik von Informationen im Dokumentarfilm. Wann sage ich etwas und wann sage ich es nicht, aber vor allem WANN sage ich es. Das ist schon faszinierend. Und ja, die Nähe zu den Figuren ist unbeschreiblich.

Rainer: Der wurde mir auch schon empfohlen, aber ich werde ihn hier am Festival leider verpassen, startet aber ohnehin bald in den regulären Kinos.

Dear John von Hans Scheugl

Dear John von Hans Scheugl

Patrick: Ja, morgen startet der. Johann Lurf haben wir beide gesehen, weil du den in Wien gesehen hast, oder? Also Twelve Tales Told?

Rainer: Ja, habe ich ihn damals aus deiner Sicht zu Recht gelobt?

Patrick: Freudiger Film. Irgendwie das Böse im Verspielten, aber das Böse ist etwas Gutes. Erst dachte ich, dass das ein ganz schöner Wechsel für Lurf ist, weil er sich scheinbar zum ersten Mal mehr mit Bildern als mit der Realität befasst, aber dann ist mir aufgefallen, dass er sich schon immer mit diesen Bildern befasst hat, mit Dingen, die etwas für sich selbst darstellen und erklären wollen, seien es Pyramiden oder Kreisverkehre.

Rainer: Mir imponiert, wie Lurf immer wieder neue spannende Rhythmen findet, in der er seine Objekte auflöst, dass hier so ein hohes Tempo gewählt hat, passt natürlich auch sehr gut zu den Hollywoodlogos.

Patrick: Hast du Embargo auch gesehen?

Rainer: Nein.

Patrick: Man hat mir Gutes berichtet. Aber das ist es ja sowieso immer auf Festivals. Ich würde gerne mal ein Festival, der Filme, die man nicht gesehen hat auf Festivals gründen.

Rainer: Das wäre ein sehr großes Festival. Die Frage ist nur, wie hoch die Qualität ist, ich denke du bist eigentlich ganz gut darin, dir die interessantesten Filme aus dem Programm zu picken. Noch eine kurze Zwischenfrage zu Lurf: War der Film tatsächlich in 3D? Und: Ist die Saalregie im KIZ Royal unverändert?

Patrick: Ja, er war in 3D. Aussage von Lurf: Das ist kein Statement sondern ganz natürlich für ihn. Hat auf jeden Fall gewirkt das Ganze und es war schon kurios, dass mein erster Film in Graz in 3D war. Leider war die grandiose Saalregie (noch) nicht da. Vielleicht finden wir ihn noch.