Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Andersen Thoughts we had

Viennale 2015: Singularities of a Festival: NEBEL

Noti­zen zur Vien­na­le 2015 in einem Rausch, der kei­ne Zeit lässt, aber nach Zeit schreit. Ioa­na Flo­res­cu und Patrick Holz­ap­fel bestrei­ten den vor­letz­ten Tag des Fes­ti­vals im Nebel ihrer Wahr­neh­mung, die gleich einer gegen­wär­ti­gen Erin­ne­rung nicht mehr unter­schei­den will zwi­schen Heu­te und Ges­tern und deren Mor­gen schon längst ver­gan­gen scheint. Dabei dringt durch die­sen Nebel immer wie­der ein kur­zes Licht, das man fest­hal­ten will, damit es nicht wie­der ver­schluckt wird, in den hun­der­ten Kri­ti­ken, die man von Fil­men liest und die alle von­ein­an­der abschrei­ben, weil die Kri­ti­ker ver­gess­lich sind.

Mehr von uns zur Viennale

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Patrick

  • Jemand sag­te ges­tern zu mir, dass The Thoughts That Once We Had von Thom Ander­sen ein per­fek­ter Abschluss­film für die Vien­na­le gewe­sen wäre, weil er voll wäre mit die­ser sen­ti­men­ta­len Nost­al­gie und dem Glau­ben dar­an, dass Kino die Men­schen (noch) ver­än­dern kön­ne. Mir kam es ein wenig anders vor. Auf mich wirk­te der Film, als wür­de er das Kino auf einem alter­na­ti­ven Kon­ti­nent ver­or­ten, einem Kon­ti­nent, auf dem man lebt, wenn man mit dem Kino ist (ein per­sön­li­cher Kon­ti­nent), der in einem Wech­sel­spiel mit der Rea­li­tät exis­tiert und daher not­ge­drun­gen ver­än­dernd auf die­se wirkt in der indi­vi­du­el­len Wahr­neh­mung. Es ist für mich kei­ne Fra­ge einer kon­kre­ten Uto­pie, son­dern ein­fach das Wir­kungs­prin­zip des Kinos. Aber viel­leicht zeigt das, wie stark ich in die­ser Uto­pie lebe. Viel­leicht geht es dem Film ja ähn­lich und er lebt in einer Uto­pie, die per­sön­lich ist, obwohl sie eigent­lich von Dring­lich­kei­ten erzählt.
  • Das Pro­gramm in Wien will natür­lich etwas mit dem Kino und daher glaubt es auch an etwas aus dem Kino. Nur scheint mir das Fes­ti­val (genau umge­kehrt) dring­lich zu sein, obwohl es eigent­lich von Per­sön­lich­kei­ten erzählt.
  • John Ford, The Infor­mer: Der Wider­spruch aus einer fra­gi­len und sinn­li­chen Welt mit Lich­tern, die durch Holz drin­gen, Nebel, des­sen Geburt Ford hier filmt und der Rau­heit eines über­deut­li­chen Schau­spiels von Vic­tor McLag­len. Es endet in Ver­ge­bung, aber man muss genau hin­se­hen, weil es nicht so ein­fach ist.
  • The Exqui­si­te Cor­pus erscheint fast wie ein Ali­en nicht nur im Kurz­film­pro­gramm der öster­rei­chi­schen Avant­gar­de-Fil­me, son­dern im gesam­ten Schaf­fen im deutsch­spra­chi­gen Raum. An einem ande­ren Tag hat­te ich mich dar­über unter­hal­ten, dass im deutsch­spra­chi­gen Kino oft das Begeh­ren und die Schön­heit feh­len wür­de. Tscher­kass­ky ist einer der ganz weni­gen Fil­me­ma­cher aus unse­rem Kul­tur­kreis, der – obgleich mit Dekon­struk­tio­nen – von einem Begeh­ren erzählt und einer fast las­zi­ven Deka­denz, die man spürt, weil sei­ne Fil­me wegen ihrer for­ma­len Bril­lanz, kei­nen Mil­li­me­ter Film nicht mit Immersi­on und Zer­set­zung auf­la­den. Bei The Exqui­si­te Cor­pus bedeu­tet das ein schlim­mes Fie­ber, das man immer dann bekommt, wenn man pene­trie­ren will, eine Angst vor Krank­heit und Nackt­heit, die man bei­de immer­zu for­dert und anlockt, ein Blick, der Kör­per ver­letzt, weil er aus Film besteht oder aber ein Film, der uns die Krank­heit des Blicks erst bewusst macht.
  • Johann Lurf dage­gen setzt sei­ne Fra­gen an die Poli­tik der Per­spek­ti­ve fort. Von wo man wor­auf schaut, wird bei ihm immer inter­es­san­ter. Mit Capi­tal Cuba lie­fert er gewis­ser­ma­ßen die poli­ti­sier­te Ver­si­on von Tscher­kass­kys Shot/​Countershot, wobei bei Lurf die Poin­te im Sub­text liegt.
  • Ich will mehr mit der Hand schreiben.

Andersen Hou hsiao Hsien

Ioa­na

  • Der Nebel in The Infor­mer erin­ner­te mich an wie sehr ich The Long Voya­ge Home ver­mis­se. Wahr­schein­lich wird die Vien­na­le von einer Serie von Film­aben­den gefolgt, bei der ich die Fil­me zei­gen wer­de, auf denen mir ande­re Fil­me Lust gemacht haben.
  • Soll­te man Film­stu­den­ten erst The Thoughts That Once We Had als Appe­ti­zer zei­gen oder die Fil­me, die in ihm vorkommen?
  • Wie­der ein Pro­gramm im Film­mu­se­um, das mich in Stau­nen dar­über ver­setzt, was es alles auf Film gibt. Die­ses Mal ging es um Tier- und Men­schen­gär­ten. Wir soll­ten irgend­wann Archi­ve durch­wüh­len und Schät­ze fin­den, vor­zugs­wei­se vor Weih­nach­ten. Auch wenn man eigent­lich Bestand­lis­ten durchwühlt.
  • Hat die Kon­zen­tra­ti­on in den Fil­men gefehlt oder ist das mei­ne Reak­ti­on auf fast zwei Wochen Festival?