Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Viennale 2015: Singularities of a Festival: NEONRÖHREN

Noti­zen zur Vien­na­le 2015 in einem Rausch, der kei­ne Zeit lässt, aber nach Zeit schreit. Ioa­na Flo­res­cu und Patrick Holz­ap­fel sind am neun­ten Tag des Fes­ti­vals end­gül­tig im Traum­de­li­ri­um ange­kom­men, weil die Fil­me es ihnen gleich­tun. Es herrscht eine Beru­hi­gung bezüg­lich der Ver­un­si­che­rung durch Bil­der, als wol­le man 24 Bil­der jede Sekun­de sehen, die es nicht gibt.

Apichatpong

Patrick

  • Zu Joe/​Ceme­tery of Sple­ndour: Für mich ging es sehr stark um die­sen Moment vor dem Ein­schla­fen, der gleich dem Moment des Auf­wa­chens ist und das gan­ze gilt auch für das Ster­ben und die Geburt. Die­se Ebe­nen waren inein­an­der ver­schlun­gen, eben­so natür­lich Traum und Rea­li­tät. Ich wuss­te nicht, ob die­se Träu­me eine Flucht waren oder eine Offen­si­ve. Es geht auch um den Still­stand zwi­schen Geschich­te und Gegenwart.
  • Die­se Pas­sa­ge mit dem Kino, den Roll­trep­pen und den Lich­tern war unglaub­lich. Ich wer­de mehr dar­über schrei­ben müssen.
  • Mar­co Bel­loc­chio und sein San­gue del mio san­gue gehört zu den Über­ra­schun­gen für mich. Die­se Mischung aus spi­ri­tu­el­len Spie­ge­lun­gen zwi­schen Fra­gen des Berüh­rens und der Unbe­rühr­bar­keit bezie­hungs­wei­se des Innen (Blut, Trä­nen, Sper­ma) und Außen (Bli­cke, kei­ne Bli­cke, Ober­flä­chen) sowie dem Komi­schen und Sati­ri­schen, ja bit­te­ren Blick auf eine Welt habe ich so noch nicht gese­hen. Für mich ging es sehr stark, um einen Ver­lust und die Schuld die­ses Ver­lusts in einer patri­ar­cha­li­schen Welt.
  • Es gibt rotes Licht vor dem Gar­ten­bau, das ähn­li­che Lich­ter wirft wie die Traum­ne­on­röh­ren in Ceme­tery of Sple­ndour; Neon Dreams/​Neon Bull, Die­go Gar­cia will eine Neon Vague starten.
  • Ein wei­te­res Deli­ri­um gibt es bei Jean-Marie Straub und sei­nem L’aquarium et la nati­on; das laut Cut­ter Chris­to­phe Cla­vert “un-cou­pa­ble” Aqua­ri­um, in dem man sich verliert…man schwimmt gegen eine Wand oder man schwimmt nach drau­ßen, aus dem Frame, aus dem Gefäng­nis? Was ist die Nati­on, ein Cad­re oder der Hors Champs?
  • Ein sol­ches Publi­kums­ge­spräch wie nach Straub kann es eigent­lich nur auf der Vien­na­le geben.

Sangue-del-mio-sangue01

Ioa­na

  • Es war bis­lang der bes­te Tag des Fes­ti­vals, an dem ich Ceme­tery of Sple­ndour, den zwei­ten Teil von As mil e uma noi­tes, San­gue del mio san­gue und L’aquarium et la nati­on sehen durfte.
  • Ceme­tery of Sple­ndour ist ein gro­ßes Werk der Dazwi­schen­heit. Der Film fin­det zwi­schen zeit­li­chen und räum­li­chen Dimen­sio­nen, zwi­schen Zustän­den (wach sein und schla­fen), zwi­schen dem, was man sieht, und dem, was man sich vor­stellt (Schla­fen­de, die in den Kör­pern eines Medi­ums auf­wa­chen, Paläs­te) statt. Schon bei einer Schlaf­krank­heit, die davon kom­men könn­te, dass begra­be­ne Köni­ge, bett­lä­gi­gen Sol­da­ten die Kraft aus­sau­gen, kann man Weer­a­set­ha­kul lieben.
  • As mil e uma noi­tes wird so viel inten­si­ver im zwei­ten Teil, es liegt viel­leicht dar­an, dass man mehr bei den ein­zel­nen Geschich­ten bleibt, die in sich genau so vie­le Abwei­chun­gen haben, aber auch immer weni­ger ver­spielt schei­nen. Ich fand Ähn­lich­kei­ten zwi­schen der ers­ten Geschich­te und Japón, Gomes und Rey­ga­das waren bis­lang nie gleich­zei­tig zusam­men in mei­nem Kopf.
  • Bel­loc­chi­os Sprung zu Vam­pi­ris­men (nicht nur poli­ti­sche), Iso­la­ti­on und Berüh­rungs­lo­sig­keit war so über­ra­schend, dass ich zum zwei­ten Mal wäh­rend des Fes­ti­vals wäh­rend eines Films über­le­gen muss­te, was ich bis zu dem Zeit­punkt eigent­lich gese­hen habe.