Violett, rosa, türkis, gelb leuchten die Häuser. Sie sind mitten in das saftige Grün der Gräser, Palmen und Büsche gepflanzt. Die blauen Pools liegen wie Wachhunde vor den Gebäuden. Ein Gesteck aus Straßen und Wegen verbindet sie, dazwischen ein Asphalt- und Schleichpfad-Mikado, durch das die sechsjährige Moonee und ihre Freund*innen in The Florida Project streunen. Der Film zeigt Moonee (Brooklynn Prince) und ihre Mutter Halley (Bria Vinaite), die in einem Billig-Motel in der Nähe von Disney World leben, immer kurz davor, das Zimmer wegen Geldmangel zu verlieren (eine Wohnsituation, die in den USA offiziell als Obdachlosigkeit anerkannt wird). Trotz der klar strukturierten, auf die bunten Fassaden zentrierten Einstellungen, die sich an den menschenleeren Landschaftsfotografien der „New Topographics“ orientieren, sprüht The Florida Project vor Leben und zeigt Alltag in kleinen Details und Zufällen.
Dieses Zusammenspiel gelingt vor allem Dank der Haltung gegenüber den gefilmten Menschen: Der Film bleibt offen für spontane und alltägliche Entscheidungen seiner Figuren. Der Regisseur Sean Baker lässt die Kinder Furzgeräusche imitieren und dann zufällig eine Spinne am Boden entdecken, im Büro des Motels verstecken spielen oder aus der Ferne startende Helikopter anpöbeln. Die Handlung wird als eine Ansammlung von Nebensächlichem gezeigt, in der sich die ökonomischen Zwänge immer auswegloser auftürmen. Abgesehen von Willem Dafoe, der den herzerwärmend steif-schlaksigen Hauswart des Motels spielt, hatten nur wenige Darsteller*innen schauspielerische Erfahrung. Was die Kamera zeigt, ist den Figuren und ihren zufälligen Handlungen eigen. Sie werden nicht zweckmäßig in eine Narration oder eine abstrakte sozialkritische Aussage eingespannt, sondern behaupten ihre Eigenwirklichkeit. Wenn die Kamera nicht in weiten Einstellungen die bebaute Landschaft auffächert, heftet sie sich mit einer Steadycam an die Figuren und folgt ihren Wegen.
„Es ist die erstaunliche ästhetische Paradoxie dieses Films, dass er die Strenge einer Tragödie besitzt und alles doch nur zufällig passiert.“ Was der Filmkritiker und -theoretiker André Bazin in diesem Satz und an anderen Stellen über Vittorio de Sica’s Ladri di Biciclette schreibt, funktioniert auch als Beschreibung von The Florida Project. Auch hier verflechtet sich eine klare „ästhetische Ordnung [mit der] amorphen Unordnung der Wirklichkeit.“ Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zwischen beiden Filmen: Ladri di Bicciclette spielt in der historischen Innenstadt Roms, The Florida Project hingegen zeigt uns einen Ort, der durchdrungen ist von Disney. Die Architektur ist wie in den nahe liegenden Themenparks in popkulturelle und lokale Ikonografien verpackt. Die bunten Gebäude sind dekoriert als Magic Castle oder verkleidet als Orange, Zauberer und Eisbecher. Die Architekturtheoretiker*innen Robert Venturi, Denise Scott Brown und Steven Izenour würden sie als „dekorierte Schuppen“ und „Enten “ bezeichnen.
The Florida Project nimmt eine zutiefst künstliche Architektur zur Ausgangslage, um die Alltäglichkeit des Lebens in dieser Architektur zu zeigen. Dass die Einstellungen den Spagat zwischen Architekturfotografie und einem alltäglichen Realismus schaffen, ohne sich je von den Handlungen der Figuren zu entfernen, liegt am Verhältnis zwischen der stellenweise stoischen Kadrierung und den anarchischen Wegen der Figuren. Welches Gebäude die nächste Einstellung zeigt, hängt davon ab, wohin es die Kinder treibt. Eine Szene zeigt das besonders deutlich: Moonee klingelt zusammen mit einem Freund ein Mädchen aus dem benachbarten Motel zum Spielen raus. Statt wie geplant zurück zum eigenen Motel – dem Magic Castle Inn – zu gehen, nehmen die Kinder eine Abzweigung über eine Wiese und führen die Kamera in eine Reihe frontaler Gebäudeeinstellungen.
Sie hüpfen und rennen am unteren Bildrand vor der überdimensionierten Orange und dem starr grinsenden Zauberer durch oder bleiben kurz zögerlich stehen. Dabei debattieren sie über Orangen (“ I don’t love oranges, I love orange soda“), wie man deren Schale nennt („but the only thing I don’t like about oranges is the lid“ – „you mean the peel?“ – „the lid“ – „yeah, that’s called the peel“) und wie weit sie sich vom eigenen Motel entfernen dürfen („don’t you think we’re going too far?“ – „nooo, just come on! Don’t be a… don’t be a loser!“ – „don’t call me that but, okaay!“). Schliesslich landen sie beim Eisbecher-Häuschen, wo sie sich Geld für Eis schnorren („and this is where we get free ice cream“): Der Film gibt seinen Figuren die Macht darüber, welche fotografischen Ansichten zu sehen sind.
Im Kontrast zur geometrischen Inszenierung des Raumes wird die Freiheit der darin stattfindenden Handlungen deutlich, ohne dabei die Wirkung der sozioökonomisch geplanten Topografie zu unterschlagen. Die Realität der sozialen Umstände wird ernst genommen und als ein Leben in, mit, parallel und quer zu dieser Architektur gezeigt. Die ästhetische Repräsentation des Drehorts und der Alltag der darin lebenden Menschen sind ineinander integriert (was nicht heißt, dass Auseinandersetzungen ausbleiben würden). „Realität ist nicht Kunst, aber eine realistische Kunst ist diejenige, welche eine integrierende Ästhetik der Realität schaffen kann“, schreibt Bazin an anderer Stelle. Er meint damit eine Kunst, die sich mit einer materiellen und sozialen Realität auseinandersetzt, indem sie das Sichtbare und Hörbare dieser Realität in sich aufnimmt und ästhetisch transformiert. Aus Ästhetik wird Ethik und umgekehrt. The Florida Project scheint ein bazin’scher Film zu sein. Doch was heißt das?
Die realistische Filmtheorie tritt in erster Linie gegen Filme an, denen das Theater einen Anstrich von Legitimität zu geben versucht und in denen das Studiodekor alles Lebendige erstickt. Filme, denen die Bilder und Töne egal scheinen und in denen nur zählt, was nacherzählbar und verwertbar ist. Filme, die so beginnen könnten: „Graf und Gräfin sitzen beim Frühstück. In der Tür erscheint der Diener und überreicht seiner gnädigen Herrschaft einen anscheinend gewichtigen Brief, den der Graf erbricht und liest“; um dann so zu enden: „Es rollen noch weitere Bilder auf. Zuletzt endet alles gut. Der Diener wird von Detektivfäusten gepackt und der Graf kehrt mit seinen zweimalhundert-tausend Mark glücklich, obgleich unwahrscheinlich, wieder nach Hause. Nun folgt ein Klavierstück mit erneuertem ‚Bier gefällig meine Herrschaften’.“
In Robert Walsers Beschreibung dieser Kinointrige um den „höchst unwahrscheinlichen Grafen“ schieben sich die Staffage des Kostümfilms und die Anpreisungen des Pausenkellners immer mehr ineinander, bis sich der fiktive Diener und der Kinokellner kaum mehr auseinanderhalten lassen. Gleichzeitig aber bleibt eine große Lücke klaffen zwischen dem Adel auf der Leinwand und dem Vorortkino, in dem der Film gesehen wird. Da die ferne Fiktion der Wirklichkeit eines Grafen, hier die unmittelbare Realität des windschiefen Kinos: Beide sind ökonomisch auf einander angewiesen und trotzdem meilenweit voneinander entfernt. Hier das Licht auf der Leinwand, mit Grafen und allem, was an Luxus dazugehört, da „das Ungeheuer von Kellner“ und der konstante Konsum von „Bier, Brause, Nussstangen, Schokolade [und] belegten Brötchen“ – beides ist nicht voneinander zu trennen. Die Realität des Vorortkinos wäre undenkbar ohne Fiktionen wie die von fast vergifteten Adligen, und auch fiktive Adlige müssen von echten Menschen gespielt werden, die auf Einnahmen der Vorortkinos angewiesen sind. Die Fiktion ist immer auch real, da sie auf materieller Herstellung beruht, und die (filmische) Realität ist immer schon fiktiv, da sie ästhetisch hergestellt werden muss. Ersteres wird oft als die Grundthese realistischer Filmtheorien verstanden, während letzteres vor allem in den Texten von André Bazin gerne überlesen wird.
So beschreibt Bazin William Wylers stoffgetreue Theaterverfilmung The Little Foxes gerade deshalb als „realistisch“, weil die Kamera das Studiodekor und die Schauspieler*innen als eigenmächtige Realität begreift, aus der durch formal strenge, unbewegte Einstellungen eine Auswahl getroffen werden muss, die sich dann wiederum zu dieser Realität verhält. Film fesselt sich trotz seinem engen Realitätsbezug nicht sklavisch an die Dinge ‚wie sie halt eben sind’, sondern eröffnet der Realität mittels Fiktion neue Möglichkeiten. Die Dinge erhalten Potential für Veränderung. Was Jean-Louis Comolli über den Dokumentarismus des Direct Cinema schreibt, scheint auch die kritische Agenda Bazins zu sein: Es geht „eben nicht um die Unterwerfung des Films unter die Dinge oder die Suche nach der größtmöglichen Transparenz gegenüber der Welt, sondern das genaue Gegenteil: die gegenseitige Veränderung von Welt und Film“ und damit auch um die Gleichzeitigkeit von Realität und Fiktion. Dass beide das Potential haben, sich gegenseitig zu verändern, scheint den utopischen Charakter auszumachen, der in Bazins empathischer Begeisterung für das Kino aufscheint.
Wie steht es aber um den Realismus in einer Gegenwart, deren Wirklichkeit durchdrungen ist von den Alltagsmythen Hollywoods? Die Bedeutung dieser Frage zeigt sich zum Beispiel in der Einkaufsmeile an der Schloßstraße im Südwesten Berlins: An manchen Tagen begrüßen Butler in Frack und Zylinder die Kund*innen der Shoppingmall Das Schloss und erinnern dabei an den Diener aus Robert Walsers Prosastück. Das Innere des Einkaufszentrums ist geschmückt mit pseudo-antiken Säulen, die nach schlechtem Filmdekor aussehen. In den falschen Lampenschirmen, die an den Säulen befestigt sind, befinden sich „insgesamt 78 Spezialprojektoren mit unglaublichen 62.000.000 Pixeln“ die einen bewegten Panoramahimmel an die Decke werfen. Verlässt man Das Schloss in Richtung Titania Palast (dem Vorortkino) werden die Straßen bevölkert von George Clooney auf Werbeplakaten. Screens und Kameras heften sich an historische Architekturen und an einer Ecke freut sich ein Kind über ein Spiderman-Kostüm. Wie verhält sich ein realistischer Film also zu den unterschiedlichsten popkulturellen Fiktionen, die die Realität maßgeblich mitformen? Zugespitzt: Wie würde Vittorio de Sicas Ladri di Biciclette aussehen wenn er statt in Rom in Las Vegas oder zwischen den falschen römischen Säulen von Das Schloss spielen würde?
The Florida Project gibt vielleicht eine Ahnung davon, wie ein solcher Film aussehen könnte. Die bunten Gebäude der Agglomeration um Orlando FL sind für die Tourist*innen an Disney World angeglichen – dem größten Wirtschaftsfaktor in der Gegend. Die Disney Corporation bleibt jedoch für den größten Teil des Films nur in ihren Auswirkungen sichtbar. Baker konzentriert sich auf den Alltag in einer Gegend, die ein Stadtmagazin in Orlando „Cinderella’s Slums“ nennt und spart die Themenparks vorerst aus. Während Disney World als städtisch organisierte Traumfabrik bzw. (Disney-)Filmerfahrung konzipiert wurde (der Stadtplaner James Rouse bezeichnete das Vorbild Disneyland 1963 als „the greatest piece of urban design in the United States“), ist die Gegend ringsherum von den ideologischen und ästhetischen Impulsen der Disney Corporation geprägt. The Florida Project ist nicht umsonst nach Walt Disneys gleichnamigem Experiment in Raumplanung und ‚Private Government’ benannt.
Das Projekt wurde erstmals 1967 in einem Kinoscreening öffentlich vorgestellt. In einem 25-minütigen Werbefilm, der als Pitch für die lokale Verwaltung und Presse diente, stellte Walt Disney die utopische Stadt EPCOT (Experimental Prototype Community of Tomorrow) vor – komplett mit Glas-Dome und Monorail (aber kaum existentem Wahlrecht für die Einwohner*innen). „The most exciting and by far the most important part of our Florida Project – in fact, the heart of everything we’ll be doing in Disney World “ will be our Experimental Prototype Community of Tomorrow. (…) EPCOT will always be a showcase to the world for the ingenuity and imagination of American free enterprise.“ EPCOT wurde nie gebaut.
Trotzdem erhielt die Disney Corporation im neu angelegten Reedy Creek Improvement District die Befugnis, die Landnutzung zu reglementieren, eine eigene Polizei und Feuerwehr zu unterhalten, Straßen und eine Kanalisation zu bauen, die Produktion und den Verkauf von Alkohol zu lizensieren, und einen Flughafen oder ein Atomkraftwerk (!) zu bauen. Gleichzeitig erhielt der Konzern Immunität gegenüber der staatlichen Zonenplanung und den Bau- und Landnutzungsvorschriften, wie der Politologe Richard E. Foglesong schreibt. Die Webseite des Districts hebt den wirtschaftlichen und infrastrukturellen Erfolg der Zusammenarbeit mit der Disney Corporation hervor: „The result is an example of how a working partnership between business and government can be prosperous for both sides. (…) Through the creation and effective operation of the District, Walt Disney was able to turn 38.5 square miles of remote and largely uninhabited pasture and swamp land into a world-class tourist destination that welcomes millions of visitors every year. “ Der District wird von einem fünfköpfigen Board of Supervisors verwaltet, das von den Landbesitzer*innen gewählt wird, wobei die Disney Corporation rund 69 Prozent des Landes besitzt. Dem District selber gehören 29 Prozent, den Rest teilen sich der Staat Florida und kleinere Eigentümer.
Obwohl Walt Disneys städteplanerische Utopie sehr konkret eine gegenseitige Veränderung von Realität und filmischer Fiktion anstrebte – Disney World nahm Ikonografien aus Disneyfilmen auf und beeinflusste die Motivwelt zukünftiger Filme, während EPCOT Ideen aus der Science Fiction übernahm und später Filme wie Disneys Tomorrowland inspirierte – unterscheidet sie sich stark von der Utopie Bazins und Commollis: Es geht Disney in erster Linie nicht um eine (ästhetische) Befreiung der Dinge, sondern um eine freie Ökonomie. Statt um die gegenseitige Veränderung von Film und Realität geht es um die Beeinflussung der Realität durch die Filmindustrie. Bakers The Florida Project versucht ersteres und zeigt dadurch die architektonischen und raumplanerischen Auswirkungen von letzterem.
Der Freizeitpark selbst bleibt dabei bis auf das Ende, das mit der Inszenierung des restlichen Films bricht, abwesend. Erst als Moonee’s Alltag definitiv auseinanderfällt, flüchtet sie zusammen mit ihrer besten Freundin nach Disney World: Der plötzlich hereinstürzende orchestrale Soundtrack nimmt das musikalische Thema von Kool & The Gang’s Celebration – Baker verweist mit dem Song auf die gleichnamige, 1994 von der Disney Corporation realisierte Planstadt in der Nähe des Drehorts – aus den Opening Credits wieder auf. Der Zeitraffer bricht mit den ruhig gefilmten topografischen Architekturaufnahmen, während die wacklige Kamera an die Handkamera anschließt, die vorher schon in Konfliktsituationen etabliert wurde – um schließlich doch auf dem Disney-Schloss zu enden, während die beiden Mädchen im Menschengewimmel verschwinden. Die warenförmige Märchenwelt wird erst am Ende des Films als Schockkur gezeigt, metonymisch auf den Punkt gebracht durch das ikonische Cinderella Castle am Ende der Main Street, U.S.A. Die Narration öffnet sich in die Fantasie, an den Anfang eines neuen, anderen Films (eines Märchenfilms): „The Main Street train station is the curtain, behind which are posters of coming attractions. The windows along Main Street are the opening credits, and Cinderella Castle represents the start of the movie“ steht im fast 500 Seiten dicken Disney World-Reiseführer Mousejunkies!
Obwohl der in The Florida Project gezeigte Alltag damit in sich zusammenfällt, wird man dem Ende nicht gerecht, wenn man es – wie viele Kritiker*innen – nur als Kapitulation vor den erdrückenden ökonomischen Verhältnissen deutet. Die Flucht in die Märchen-Fiktion hat trotz der zutiefst traurigen Verzweiflung etwas hoffnungsvoll Tröstendes. Disney World nimmt Moonee ihre Last ab und deutet einen Neuanfang an. Das Ende von des Films schließt an die tröstende Ekstase an, die der sowjetische Regisseur und Filmtheoretiker Sergej Eisenstein den Disneyfilmen der Vorkriegszeit attestierte. Disneys Filme bis Snow White and the Seven Dwarfs seien „wie ein Tropfen der Freude, wie ein Augenblick der Erleichterung, eine flüchtige Lippenberührung in jener Hölle der sozialen Last, Ungerechtigkeit und Qual (…), in den der Kreis seiner amerikanischen Zuschauer so auswegslos eingeschlossen ist.“ Eisenstein sah in der zwanglosen Metamorphose der Disney-Figuren ein tiefsitzender Wunsch nach körperlicher Selbstbestimmung und eine notwendige Atempause für die Psyche der ausgebeuteten Massen – ohne sich jedoch von den Filmen eine Veränderung der Situation zu erhoffen: „Das ist eine fiktive Freiheit. Für den Augenblick. Eine kurzzeitige, fiktive, komische Befreiung vom Uhrwerk des amerikanischen Lebens. Fünf Minuten Pause für die Psyche, während der Zuschauer selbst an das Maschinenrad gefesselt bleibt.“
Die Zeichentrickfilme von Disney geben die Dinghaftigkeit und die daran geknüpften materiellen Zwänge vollständig auf: „Disney – und nicht zufällig ist seine Welt gezeichnet – bedeutet eine vollständige Rückkehr in das Reich uneingeschränkter Freiheit – einer nicht zufällig fiktiven Freiheit, die an ihrem anderen, ursprünglichen Ende frei von jeder Notwendigkeit ist.“ Diese Freiheit mag eine zeitlich begrenzte, fiktive Befreiung von ökonomischen Zwängen sein. Sie lässt sich aber genauso gut als eine Ästhetisierung des falschen Versprechens des American Dream deuten: „Everybody can make it!“, also ist man selber Schuld, wenn man arm bleibt. Die Schlussszene von The Florida Project lässt beide Möglichkeiten zwiespältig mit- und ineinander existieren. Damit gelingt, was nur wenige Filme versuchen: Der Film zeigt die verheerenden sozialen Auswirkungen einer umfassenden Kommerzialisierung, ohne den Eskapismus in die kommerzialisierte Fantasiewelt von oben herab zu verurteilen. Und das mit einem der traurigsten und gleichzeitig jubilatorischsten Filmenden die man sich vorstellen kann.