Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Euganeische Kassiber: Tomba del Petrarca

«Es war der Tag, an dem der Son­ne Strah­len sich aus Mit­leid mit ihrem Schöp­fer ent­färb­ten», sag­test du, aber ich blick­te nur in den ultra­ma­ri­nen Okto­ber­him­mel und hör­te einen für mei­ne an das Tosen des täg­li­chen Lärms gewöhn­ten Ohren kaum zu ertra­gen­den Frie­den durch die ver­trock­ne­ten Wein­re­ben wehen. Wir waren stun­den­lang zwi­schen den rie­sen­haft aus der Ebe­ne auf­ra­gen­den Hügeln umher­ge­irrt, hat­ten nur gele­gent­lich bei still­ge­leg­ten Glei­sen, zer­fal­le­nem Gemäu­er, Kanal­an­la­gen und Erd­beer­bäu­men inne­ge­hal­ten, als wir end­lich die stei­le Stra­ße erklom­men, an deren Ende wir das Grab des Dich­ters vermuteten.

Es war ein gro­ßer Kirch­platz, stil­ler Mar­mor und Beton und ein sich gegen die Mau­er ein­rol­len­der Hund im Halb­schlaf, in denen sich die­se voll­kom­me­ne Gleich­gül­tig­keit gegen das Fort­schrei­ten der Zeit bewahr­te und wie du mein­test, eine selt­sa­me Unwirk­lich­keit spie­gel­te, die die­ser Regi­on eine eigen­tüm­li­che Unbe­rührt­heit ver­leiht in jenen Mona­ten, in denen die Besu­cher aus ihr ver­schwun­den sind. Am Grab, das prot­zig und doch unschein­bar auf der Mit­te des Plat­zes thron­te, mach­te sich gera­de ein Mann in oran­ge­ner Arbeits­klei­dung zu schaf­fen, er schich­tet die Erde um und polier­te den Stein für den Fall, dass der Dich­ter wie­der­keh­ren und sei­ne eige­ne Ruhe­stät­te begut­ach­ten wür­de. Er darf sich wahr­lich nicht beschwe­ren, der Dich­ter, es wird viel aus ihm gemacht in die­sen Gefil­den, man könn­te fast glau­ben, der Wein, die Hügel und jed­we­de Beteue­rung einer Lie­be in die­sem Land wäre sei­ner Feder entsprungen.

«Das ist es. Man muss weit weg von allem, um etwas schrei­ben zu kön­nen», fuhr es plötz­lich aus dir und ich pflich­te­te bei, auch wenn ich mich frag­te, was die ange­neh­me Aus­sicht auf ein stil­les Tal mit eini­gen Zei­len der Wahr­heit zu tun hat. Könn­te der Dich­ter nicht über­all sein, wo Hun­de schla­fen und Bäu­me flüs­tern? Müss­te er nicht gera­de dort sein, wo es das alles nicht gibt?

Ich pflück­te einen Gra­nat­ap­fel von einem über der Stra­ße wach­sen­den Baum und wir trenn­ten die Frucht mit einem klei­nen Mes­ser auf. Es wird immer die Spra­che sein, die mit den Orten ver­bun­den ist, an denen sie ent­steht, den­ke ich…und mir wur­de klar, dass nur zwei oder drei Tage spä­ter, all die­se Schön­heit bereits ver­fal­len gewe­sen wäre, man konn­te es bereits sehen, die gelb­wer­den­den Blät­ter, die ers­te Fäu­le an den höchst­hän­gen­den Früch­ten, das schwe­re Atmen des gegen die Mau­er ein­ge­roll­ten Hun­des. Dann wäre hier eine ande­re Spra­che. Dann ver­stumm­ten die Rei­me, wie der Dich­ter ein­mal meinte.