Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Duisburger Kassiber: Nichts und alles

An der Außen­sei­te des Sei­ten­schiffs der Kir­che am Dell­platz in Duis­burg rankt sich selt­sa­mes Gepflanz, zumin­dest für west­deut­sche Gefil­de. Per­si­sche Sträu­cher gibt es da und Bäu­me, die sonst nur am Schwar­zen Meer gedei­hen. Sie pas­sen hier irgend­wie hin, an die­sen Ort, an den nichts zu gehö­ren scheint. Du berührst die braun­grü­nen Blät­ter mit dei­ner aus­ge­streck­ten Hand und stellst dir vor, dass sie eine tür­kisch­stäm­mi­ge Gärt­ne­rin dort heim­lich gepflanzt hat, um sich mehr wie zuhau­se zu füh­len. Du bist zu roman­tisch, siehst du nicht, wie krank die­se Pflan­zen sind?

Wir sehen uns wei­ter um. Im Schat­ten Ber­ge von Müll, sich lang­sam zer­set­zen­de Dosen und Stof­fe, die wir nicht zuord­nen kön­nen. Ein Mann schläft auf einer gegen die Kir­chen­mau­er gelehn­ten Matrat­ze. Ich weiß nicht, wer mehr Löcher hat, die Matrat­ze oder er. Ein ande­rer sucht im Gebüsch nach sei­ner Ver­gan­gen­heit (sie ist ent­lau­fen). Ein ande­rer schaut uns an, als könn­ten wir ihm hel­fen, wen­det sich dann aber ab, als er bemerkt, dass er sich getäuscht hat.

Dann ent­deckst du einen Fuß­ball und trittst etwas unbe­hol­fen gegen ihn. Er rollt über den ver­wais­ten Platz. Du lachst. Der Ball hop­pelt ganz lang­sam auf dem Asphalt, er ändert sei­ne Rich­tung mit den Uneben­hei­ten des Bodens und bleibt in einem Gebüsch ste­cken. Ich will ihn holen, aber du schüt­telst den Kopf. Du möch­test wei­ter, ich noch etwas blei­ben. So bewe­gen wir uns unent­schie­den, ver­wei­len zwar, aber eigent­lich sind wir schon wie­der weg.

Vor dem ita­lie­ni­schen Restau­rant steht ein Koch und raucht. Jetzt ren­nen ein paar Kin­der über den Platz, ihre Schrit­te hal­len vom Gemäu­er der Kir­che. Ein Rot­kehl­chen hüpft von Ast zu Ast, ver­schwin­det. In einem Fens­ter ein Por­zel­lan­ze­bra in blau und weiß. Auf den Bän­ken sit­zen die Tau­ben zwi­schen lee­ren Bier­do­sen. Die Glo­cken der Kir­che läu­ten. Immer­hin. Ich sage: Hier geschieht nichts. Du erwi­derst: Hier geschieht alles. Wir mei­nen das glei­che, glau­be ich.

Dein,
Patrick