Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Il Cinema Ritrovato 2017: Mater dolorosa von Abel Gance

Unfass­bar zwi­schen Schat­ten und Licht oszil­lie­rend foto­gra­fiert von einem blut­jun­gen Léon­ce-Hen­ri Burel, der spä­ter unter ande­rem mit Robert Bres­son arbei­ten soll­te, ist Mater dolo­ro­sa von Abel Gan­ce vor allem ein Film, der sich von dem Abel Gan­ce, der die Geschich­te über­lebt hat, unter­schei­det. Mater dolo­ro­sa ist ein gerad­li­ni­ges, zum Teil arg kon­stru­ier­tes Melo­dram, in dem es kei­ne vir­tuo­sen tech­ni­schen Errun­gen­schaf­ten oder Dyna­mi­sie­run­gen gibt, der aber der­art sau­ber gemacht ist, dass es unver­meid­bar scheint, dass dem Fil­me­ma­cher in sei­ner eige­nen Per­fek­ti­on lang­wei­lig wer­den wür­de. Ein gro­ßer Publi­kums­hit in Frank­reich und den USA erzählt der Film von einer Frau, die eine Affä­re mit dem Bru­der ihres Man­nes hat und des­sen Eifer­suchts­stra­fe, als er nach dem Tod sei­nes Bru­ders zwar erfährt, dass es einen ande­ren Mann gab, aber eben nicht, was für ein Mann das war. Die Stra­fe besteht dar­in, dass er das gemein­sa­me Kind vor sei­ner Mut­ter ver­steckt und ihr nichts über den Gesund­heits­zu­stand des Jun­gen sagen will, bis sie sagt, wer der ande­re Mann ist.

Die Sze­nen mit dem ver­spiel­ten Kind gehö­ren zum bes­ten, was es im Film zu sehen gibt: Ein­mal setzt er sich nackt in ein Aqua­ri­um und ein ander­mal rei­tet er nackt mit einem Esel in das Zim­mer sei­nes Vaters. Dabei blickt er immer wie­der vol­ler Freu­de und schel­misch in die Kame­ra. Es geht um die Lie­be zu einem Kind, die aus der ehe­li­chen Kri­se zu befrei­en ver­mag. Was aber wirk­lich bleibt aus die­sem Film ist die Dun­kel­heit und das Licht: Figu­ren ver­schwin­den nicht hin­ter Objek­ten, son­dern ein­fach im Schwarz des Hin­ter­grunds, ihre Gesich­ter sind vol­ler Licht­spit­zen und der melo­dra­ma­ti­sche Kon­flikt erzählt sich in sei­ner Emo­ti­on vor allem über den Stil. Burel arbei­tet an sämt­li­chen gro­ßen Fil­men von Gan­ce, sei es bei J’accuse, Napo­lé­on oder La Roué, des­sen famo­ses Intro eben­falls in Bolo­gna zu sehen war.