Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Linksammlung Architektur & Neoliberalismus

Privater öffentlicher Raum

Kathrin Wilder und Hilke Berger: Das Prinzip des öffentlichen Raums

https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/stadt-und-gesellschaft/216873/prinzip-des-oeffentlichen-raums

Die beiden Autor*innen diskutieren die Geschichte des öffentlichen Raums und die zunehmend unklare Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum.

„Im Prinzip taucht die Frage nach dem öffentlichen Raum mit der Feststellung seines Verschwindens auf. Im Zuge der konstatierten Krise der Städte in den 1980er Jahren wird vor allem auch der Verlust des öffentlichen Raumes beklagt. Mit Bezug auf Privatisierungen, Suburbanisierung, vernachlässigte innerstädtische Wohnquartiere, Segregation und Leerstand ist vom Verfall der Großstädte oder gar von der zweckentfremdeten Stadt die Rede. Denn heute ist zunehmend nicht mehr unterscheidbar, was privater und was öffentlicher Raum ist: sowohl die Formen als auch die Funktionen mischen sich. Der Bahnhof – ein paradigmatischer öffentlicher Verkehrsraum – wird zur privatisierten Shopping Mall mit Hausrecht. Das private Einkaufszentrum wird von Architekten im Stil italienischer Plätze gestaltet, mit Springbrunnen und Parkbänken, und suggeriert so die Freiheit eines vermeintlich öffentlichen Raums. Der öffentliche Raum verschwimmt und entzieht sich.“

Architektur als Luxus-Marke

Johan Popelard: Late capitalism’s theme park

https://mondediplo.com/2015/08/10vuitton

Eine ästhetische Analyse der Louis Vuitton Foundation von Frank Gehry.

„If the building is an emblem, as the reception it got suggests, it is to the client’s power rather than his generosity, to spectacular consumption rather than democracy, to a luxurious manifestation of the values of financial liberalism rather than art for all. At this point of liquid utopias and dream architectures, we can only hope that public cultural institutions can recover their autonomy, that artists will organise themselves on a cooperative model where democratised commissioning replaces the monopoly of patrons, so that there are alternatives for art that don’t lead to capitalism’s theme park.“

Sozialer Wohnungsbau

Uli Krug: Es geht auch ohne Wohnungsnot

https://jungle.world/artikel/2019/32/es-geht-auch-ohne-wohnungsnot?page=all

Ein Überblick über die Geschichte und den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus in der BRD am Beispiel des gemeinnützigen Bauunternehmen Neue Heimat des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

„1985/1986 verkündete die Bundesregierung das Ende der staatlichen Förderung des Mietwohnungsbaus. Man begründete das mit alles andere als verlässlichen Prognosen über den Rückgang der Bevölkerung, zeigte ansonsten mit dem Finger auf den 1982 pleite gegangenen gewerkschaftseigenen und gemeinnützigen Baukonzern Neue Heimat und verkündete, von der ‚Objektförderung‘ zur ‚Subjektförderung‘ übergehen zu wollen. Statt günstige Wohnungen zu bauen oder die Höhe der Mieten zu regulieren, wurden durch Wohngeldzahlungen und Kostenübernahmen private Mieteinkünfte aus öffentlichen Mitteln subventioniert.“

Aus Neu mach Alt: Simulation von Altstadt

Philipp Oswalt: Vorbild Frankfurt – Restaurative Schizophrenie

https://www.merkur-zeitschrift.de/2018/08/27/architekturkolumne-vorbild-frankfurt-restaurative-schizophrenie/

Der Artikel geht anhand der Neuen Altstadt in Frankfurt der Frage nach, wie die Privatisierung von Wohnungsbau einher geht mit historischen Rekonstruktionsprojekten.

„Es ist eine Medienarchitektur, die aus technischen Bildern generiert nun vor allem der Erzeugung neuer medialer Bilder dient. Auch sonst ist die Architektur keineswegs so traditionell, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. (…) Nicht nur für die Bewohner, auch für die zeitknappen Ferntouristen aus Asien und Übersee ist die neue Altstadt die moderne Alternative, und so wird sie auch beworben. Anstatt historische Fachwerkstädte wie Fritzlar oder Michelstadt aufsuchen zu müssen, können sie innerhalb von zwanzig Minuten vom Frankfurter Flughafen eine deutsche Altstadt mit U-Bahn-Station und Autobahnanschluss erreichen.“ Dabei sei es „kein Zufall, dass Dresden als Ursprungsort der neuen Rekonstruktionswelle fast den gesamten städtischen Wohnungsbaubestand privatisiert hat; die Stadt Braunschweig finanzierte mit der Privatisierung städtischen Bodens den staatlichen Bau der Schlossfassade; und in Frankfurt wurde parallel zur Altstadtrekonstruktion das zuvor öffentliche Bauland des knapp 90 Hektar großen Europaviertels privatisiert und dann von einem globalen Immobilienfonds für etwa 40 000 Wohn- und Arbeitsplätze entwickelt, mit der üblichen Mischung aus konventionellem Städtebau, mediokrer Architektur, hohen Wohnungspreisen und großen Gewinnmargen für die Kapitalanleger.“

Business Improvement Districts

WDR: Unternehmen Stadt – Kommunale Aufgaben in privaten Händen

Sendung: https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-dok5-das-feature/audio-unternehmen-stadt—kommunale-aufgaben-in-privaten-haenden-100.html
Transkript als pdf: https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/dok5/unternehmen-stadt-104.pdf

Das Radiofeature des WDR untersucht die private Verwaltung von Stadtplanung und kommunalen Aufgaben durch „Business Improvement Districts“ und redet mit Akteur*innen in Remscheid, Solingen-Ohligs (beides in NRW) und Hamburg-St. Pauli.

„Immer mehr deutsche Städte folgen dem US-amerikanischen Vorbild und führen ihr Gemeinwesen wie ein Unternehmen. In Sonderbezirken gehen sie gesetzlich geregelte Partnerschaften mit Grundeigentümern und Gewerbetreibenden ein. Wie verändern sich die Städte dadurch?“

Eric Töpfer, Volker Eick, Jens Sambale: Business Improvement Districts – neues Instrument für Containment und Ausgrenzung? Erfahrungen aus Nordamerika und Großbritannien

http://www.policing-crowds.org/uploads/media/Toepfer-Eick-Sambale-Business-Improvement-Districts.pdf
Alternativ verfügbar hier: http://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/496

„Business Improvement Districts“ zwischen Ausgrenzung, privatisierter Polizeiarbeit und Charity als Imagepflege: Der Artikel untersucht die Auswirkungen unterschiedlicher BID in Kanada, den USA und Grossbritannien auf die Sicherheitspolitik.

„Mit der wachsenden Bedeutung von Business Improvement Districts wächst auch ihr Einfluss auf die Gestaltung städtischer Sicherheitspolitik und entsprechend auf die raumstrategischen Prioritäten staatlicher Polizei. Gleichzeitig entziehen sich diese Praktiken in den unübersichtlichen Netzwerken öffentlich-privater Entscheidungsfindung weitgehend demokratischer Kontrolle mit der Folge, dass – ähnlich wie die Installierung von BIDs einem äußerst beschränkten Verständnis von ‚öffentlichem‘ Interesse entspricht – sich eine neue exklusive Version von ‚öffentlichem‘ Raum in den Zentren der Städte und darüber hinaus institutionalisiert. Für die Betroffenen heißt das in der Regel Vertreibung, kann (selten) territoriale Kompromisse umfassen oder das Gegenteil bedeuten: das Beispiel Los Angeles jedenfalls zeigt die Containment-Variante.“

Gentrifizierung

Susannah Jacob: What Happened to the West Village?

https://www.nybooks.com/daily/2019/10/09/what-happened-to-the-west-village/

Was passiert wenn ein Viertel immer teurer wird? Susannah Jacob spricht für ihre Reportage mit den alten Mieter*innen im New Yorker West Village darüber, wie es ist, mit einem bezahlbaren Mietvertrag in einer unbezahlbaren Gegend zu wohnen.

“At first glance, its increasing emptiness – vacant commercial spaces blighted by skyrocketing rents, shells of brownstones, and luxury apartments unoccupied for fifty weeks a year – suggested a place on the precipice of becoming something else. In time, I understood that the neighborhood’s emptiness is simply its deepening condition. (…) Today, late-stage gentrification has isolated the longest-lasting, often elderly, residents; the wealthy West Village newcomers don’t rely on local services to fill their needs. ‚When a mixed-income neighborhood becomes entirely wealthy, the last people standing find that everything they need is gone. All they have is their un-renovated apartment and no place to eat,‘ Schulman told me.“

Zum Beispiel Berlin: Zwischen Geldanlage, Wohnungsnot und Creative City

Barbara Nolte: Bestürzende Neubauten

https://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtplanung-berlin-bestuerzende-neubauten/12650718-all.html

Was wird neu gebaut in Berlin? Der Artikel wirft einen Blick auf luxuriöse Retro-Neubauten und bietet einen Ausblick auf Siedlungen, die nach jahrelanger Pause von den Berliner Wohnungsbaugesellschaften erneut gebaut werden.

„‚Wer sich in Berlin eine Wohnung kauft, will offenbar in einem Château oder Palais leben‘, sagt Jan Kleihues, Mitglied des Baukollegiums (…) ‚Es ist die Sehnsucht nach der alten Ordnung der europäischen Stadt, weshalb Menschen von auswärts den historisierenden Baustil bevorzugen‘, glaubt Lüscher. Wer sich dagegen in Schanghai seinen Zweitwohnsitz einrichte, wohne lieber in einem gläsernen Hochhaus. Berlin wird zum Schauplatz von Geschmäckern aus der ganzen Welt, die hier etwas diffus Europäisches suchen, und staffiert sich entsprechend aus. (…) Fassaden, mit Gesimsen versehen wie vor hundert Jahren, Hauseingänge, die von griechischen Säulen umstanden sind. Die Fenster haben mitunter Holzläden wie die Stadthäuser in Nizza, ihre Brüstungen sind eisern und verziert. In den Foyers hängen Kristallleuchter, zum Hof hin stapeln sich Loggien. Aus den Ornamenten und Bauelementen aller Epochen taucht hier auf, was gefühlig wirkt und repräsentativ. Zugleich sollen die Häuser in ihrer nagelneuen Anmutung als solide Geldanlagen etwas Grundvernünftiges ausstrahlen. Zu viel Ornament soll es deshalb auch nicht sein. Ein internationaler Fantasiestil schreibt sich ins Berliner Stadtbild ein.“

Silke Hohmann im Interview mit Anh-Linh Ngo: „Arm, aber sexy“ war ein politisches Programm – Berlin als Kreativort

https://www.monopol-magazin.de/arm-aber-sexy-war-ein-politisches-programm

Ein Interview mit dem Kurator Anh Link Ngo anlässlich der Ausstellung 1989-2019: Politik des Raums im Neuen Berlin im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.): Berlin nach 1989 zwischen Retro, Privatisierung und Vermarktung als kreative Stadt.
Weitere Informationen zur Ausstellung: https://www.archplus.net/home/projekte/1989-2019-politik-des-raums-im-neuen-berlin/338,0,1,0.html

„Statt öffentliche Daseinsvorsorge trat eine vordergründige Dienstleistungsmentalität an den Tag, die alles, was nicht dem neoliberalen Zeitgeist des schlanken Staates entsprach, dem Sparzwang unterwarf. Budget, Kennziffer, Output, Controlling und Wettbewerb waren die Schlagworte. Das kurzsichtige Primat der unternehmerischen Stadt hat jedoch zu einer Vernachlässigung der öffentlichen Infrastrukturen geführt, unter deren Folgen die Stadtgesellschaft heute in Form von Wohnungskrise, Lehrermangel, unterbesetzte Verwaltungen u.v.m. leidet. Begründet wurde der politische Reformwille in Berlin auch mit der Notwendigkeit, auf globaler Ebene mit anderen Metropolen konkurrieren zu können. Ein Baustein in dieser Strategie war die Instrumentalisierung des Kultur- und Kreativsektors. (…) Was in der Subkultur Berlins vor der Wende noch eine avantgardistische Prämisse war, hat sich heute zu einer ökonomischen Größe entwickelt. Kaum ein Treffen von Wirtschaft und Politik geht heute zu Ende, ohne dass Kreativität als funktionale Variable beschworen wird. Es ist die Rede von der Kreativindustrie, von der Creative Class, von der Creative City. Ursprünglich als Mittel zur Überwindung der funktionalistischen Gesellschaftsform gedacht, ist sie selbst funktionalisiert worden und hat ihren kritischen Gehalt längst verloren.“

Disney’s Städte

Michael Pollan: Town Building is no Mickey Mouse Operation

Eine Reportage über die von der Disney Corporation geplante Stadt Celebration, FL. Michael Pollen spricht mit den Bewohner*innen über Community und Konflikte rund um die Organisation der Schule.

„The town of Celebration represents the Disney Company’s ambitious answer to the perceived lack of community in American life, but it is an answer that raises a couple of difficult questions. To what extent can redesigning the physical world we inhabit – the streets, public spaces and buildings – foster a greater sense of community? And what exactly does ‚a sense of‘ mean here? – for the word community hardly ever goes abroad in Celebration without that dubious prefix.“

“For Roger Burton, a successful small-business owner who had moved his family to Celebration from Chicago largely because of the school, the episode was disillusioning. ‚Sure it was a public school, but we figured if Disney was behind it, it would be as fabulous as everything else they do,‘ he said. ‚I knew Celebration was going to be a very controlled situation, but controlled in a good way. But as soon as you run into a problem, you find there is no mechanism to change things. The only person you can call is a corporate vice president, but he’s not interested in the school, not really. He’s interested in selling real estate.‘“

 

Über Filme

Dene wos guet geit (Regie: Cyril Schäublin, 2017)

Lukas Foerster: Kontrollkapitalistisches Wunderland

https://www.perlentaucher.de/im-kino/filmkritiken-zu-jon-favreaus-koenig-der-loewen-und-zu-cyril-schaeublins-dene-wos-guet-geit.html

Johannes Binotto: Dene wos gut geit

https://www.filmbulletin.ch/full/filmkritik/2018-1-9_dene-wos-guet-geit/