Guns, Guns, Guns. Kaum überraschend, geht es in Guns von Robert Kramer nicht gerade wenig um Waffen. Ständig wird über sie gesprochen. Man erwartet sie, aber sichtbar werden sie nie. Wir sehen einen Containerhafen, währenddessen erzählt das Voice Over vom Geschäft mit den Knarren: illegaler Handel, klar. Dann verschiebt ein Kran mit seiner Magnetklaue einen Metallcontainer. Im Bild hoch über uns. Sind da etwa die Waffen drin? Es lässt sich wohl nur vermuten. Waffen definieren Guns. Irgendwie hängen sie mit allem zusammen. Und trotzdem dienen sie nur als Ankündigung des Unsichtbaren. Nicht anders als die Beziehungen zwischen den elliptischen Episoden der Protagonist*innen.
Da ein Schwimmkurs mit Kindern, dort ein Mann, der seine Frau zum Gehorsam zurechtweist, auszuckt und sie in einem Türeingang mehrmals schlägt. Die Frau nimmt es hin, so wie uns der Film das Trauma mit ansehen und damit stehen lässt. Ein Film, bei dem man die pflichtgemäße Erwähnung seiner Handlung aufgrund seiner Ungewissheit getrost weglassen könnte, um ihm, wie ich finde, trotzdem gerecht zu werden: Ein Film, der mit Andeutungen spielt, sich jedoch auf keine seiner Geschichten festlegt, und trotzdem eine Atmosphäre erzeugt.
Auch Juliet Berto scheint nur einfach so da zu sein. Zuerst verabschiedet sie sich von ihrer Mutter, die sie bei sich wissen will. Sie wird schon zurückkommen, ist sie sich sicher. Das wird auch geschehen. Immer wieder wird diese Episode aufflackern. Sie werden zusammen in der Wohnung sein, über Mutters Sehnsucht sprechen, Juliet wird sich distanziert verhalten. Sie werden sich vom Sitzen mit der Zeit Richtung Bett entwickeln. Die Erinnerungen der Mutter werden apologetischer, sie wird die Bestätigung suchen, Juliet vieles gelehrt zu haben, eine Abrechnung in Harmonie, bevor sie von dieser Welt fortgeht. Juliet wird sich von ihrem Unabhängigkeitsstolz lösen müssen, akzeptieren, dass ihre Mutter schwächer wird.
Und so läuft Guns vor sich hin und scheint durch seine etwas gleichgültige Art doch noch etwas über das Leben selbst zu verraten: Dass das eigentlich nicht so wichtig ist, das mit den Waffen. Dass unsere Existenz ohnehin pfadabhängig ist und wir nur handeln und uns etwas wünschen können. Aber dass wir auch nichts gegen die Realität tun können und akzeptieren müssen, was kommt.
In der Zwischenzeit bewundern wir immer wieder die von der Kamera in Panoramaschwenks geliebten Reflexionen des Lichts im Meereswasser, die die Wellen erzeugen. Wie das Tanzen von kleinen Sternen in Wackelbewegung der Gezeiten strahlen uns die Spiegelungen in Guns oft an. Am Hafen, aber auch im Swimming Pool und sogar einmal in einer Reflexion ganz ohne Wasser, im Seitenspiegel eines LKWs. Wir sehen, wir erleben, aber wir können uns nicht immer an alles erinnern. Das Spielerische in Guns sucht keinen erläuternden Sinn oder einen Mehrwert. Eher erzählt es vom Ungewissen, vom Unsichtbaren, das sich beim Tappen im Hellen erhaschen ließe.
Während die Redewendung des „im Dunkeln Tappen“ meistens ein Gefühl von Sinnesohnmacht, ein Fehlen eines Teils von Ganzheit und Lebenskontrolle des Menschen beschreibt, akzeptiert Kramers Tappen im Hellen seine Ohnmacht großmütig. Man weiß zwar auch nicht genau, aber man versucht sich dem Ungewissen spielerisch, kreativ zu nähern. Als könnte man im Tageslicht mit der blendenden Schönheit der Sonne auf dem Meer wegdriften.