Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Notiz zu Islands von Charlotte Zwerin, David Maysles, Albert Maysles

Dokumentiert in einer etwas abgerundeten, das heißt zugerichteten Direct-Cinema-Ästhetik die Prozesse, die nötig sind, um öffentliche Kunst zu realisieren: Politische und ökonomische Debatten (USA), Dinieren mit einflussreichen Menschen (Frankreich) und höfliches Lächeln bei schlechten Scherzen von mächtigen Anzugsmenschen (Deutschland). Das ist eigentlich alles kaum repräsentativ, weil es in einem elitären Kreis stattfindet, den nur wenige, die Kunst machen, jemals betreten. Die Künstler (Christo and Jeanne-Claude) werden untermalt von romantisierender, schwer nachvollziehbarer Musik zu Windmühlenhelden verklärt, anstelle ihrer Arbeit sieht man lange Zeit jene der Politiker (Chirac, Brandt unter anderen, das ewige Name/Image-Dropping des Direct Cinema) und Lobbyisten, die sie ermöglichen oder verhindern. Alles freilich vor laufenden Kameras, als gern genutzte Möglichkeit zur Darstellung einer prinzipiellen Sympathie für Kunst durch die Staatsmänner. Es ist verlockend daraus allgemeine Rückschlüsse auf die Verquickung von Kunst und Politik zu ziehen, aber dafür sind die ins symbolische Stadtbild eingreifenden Kunstwerke von Christo und Jean-Claude zu speziell, zu gigantisch und daher zu schwer ins Irrelevante zu verfrachten. Dennoch entblößen sich die Amtsträger, weil sie allesamt über die Kosten nachdenken, wogegen die Bedeutung oder ästhetische Wirkung der Kunst (etwa einer Verhüllung des Reichstags) keine ihrer Überlegungen zu beeinflussen scheint. Sie lächeln, als würden sie einem gehkranken Menschen über die Straße helfen. Sie wissen, dass es sich gehört, aber eigentlich ist es ihnen egal. Wie vielsagend ist doch eine Szene, in der einer der Beamten, der in Miami über die Durchführung des titelgebenden Kunstprojektes abstimmt , einem leidenschaftlichen Plädoyer Christos für seine in den Alltag der Menschen eingreifende Kunstform lauscht, um dann lediglich zu erfragen, ob daraus ein finanzieller Vorteil für die Stadt entstünde. Als irgendwann die eigentliche Arbeit rund um die elf Inseln der Biscayne Bay bei Miami gefilmt wird, bei der 585.000 Quadrameter pinkfarbenem Polypropylengewebe eingesetzt wurde, um die Inseln auf der Wasseroberfläche schwimmend zu umsäumen, interessiert das kaum mehr. Nur das kurz zwischengeschnittene Bild eines auf dem Polyester zuckenden Fisches erinnert an das fehlende Nachhaltigkeitskonzept dieses megalomanischen Begriffs von Kunst. Dann verliebt sich der Film in die pinke Farbe und lässt sich endgültig – ein Problem vieler dokumentarischer Portraits von Künstlern – nicht mehr von einem Propagandafilm für Christo and Jeanne-Claude unterscheiden.