Film Lektüre: Hou Hsiao-Hsien edited by Richard I. Suchenski

Das von Richard I. Suchenski herausgegebene Buch über das Werk von Hou Hsiao-Hsien sollte als Musterexemplar für sämtliche Publikationen über Filmemacher dienen. Derart vielschichtig und doch detailverliebt haben sich bislang ganz wenige Bücher einem einzelnen Filmemacher genähert, wenn dieser nicht selbst als Autor aufgetreten ist. Neben dem Buch No Man an Island: The Cinema of Hou Hsiao-hsien von James Udden ist das in der Reihe der Synema-Publikationen des Österreichischen Filmmuseums erschienene Buch das einzige umfassende, englischsprachige Zeugnis eines der wohl wichtigsten asiatischen Filmemacher aller Zeiten. Es ist deshalb ein derart gutes Buch, weil es sich aus drei Komponenten zusammensetzt, die in sich schon alle einen außergewöhnlichen Einblick in das Schaffen des großen Meisters geben, dessen The Assassin hoffentlich 2015 das Licht der Welt erblicken wird.

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Da wäre zum einen die Versammlung individueller Essays von großen Autoren und Hou-Kennern. Fast jeder Text ist für sich eine kleine Entdeckungsreise. Das beginnt schon bei einem sehr detaillierten und faszinierenden Einleitungstext in Form einer formalistischen Analyse der Filme von Hou durch Richard Suchenski selbst. Statt einer gefälligen Einleitung finden sich hier schon eine Tiefe und eine Auseinandersetzung mit den Filmen, die auch für sich alleine stehen könnte. Auch Jean-Michel Frodons Text Unexpected but Fertile Convergence ist ein kleiner Schatz. Frodon liefert einen Gesamtüberblick über die bisherige Karriere von Hou aus unterschiedlichen Perspektiven. Er schreibt: „Hou’s cinema, more deeply and with a stronger power of seduction than that of any other Chinese filmmaker, responds to another conception of the world, in the largest sense possible.” Die Tatsache, dass Hou hier als Chinese bezeichnet wird, wird nicht nur in diesem Text auch thematisiert, befragt und relativiert. Peggy Chiao, Ni Zhen und Jean Ma kümmern sich in ihren Texten sehr viel um die Frage nach der Identität und der Geschichte Taiwans. Eindeutiges Highlight unter den einzelnen Essays ist jedoch der Text von Hasumi Shigehiko über Flowers of Shanghai. Der Autor nähert sich dem Film über dessen Lampen: Who Can Put Out the Flame?, heißt der Text, der eine Tragödie von Öllampen und Flammen erzählt und dabei sowohl die offensichtliche Handlung als auch die nur scheinbar unsichtbaren Spuren im Kino von Hou offenbart. Denn wenn wir bei unserer intensiven Auseinandersetzung mit den Filmen des Regisseurs im vergangenen Sommer eines bemerkt haben, dann dass wir unser eigenes Sehen neu justieren müssen, um der flüchtigen Notwendigkeit von Hou zu folgen. Statt Drama zu betonen, schleicht es sich an und genau in diesem Rhythmus fungieren auch die Betrachtungen von Shigehiko. „These flames – which, thanks to the exceptional handling of light, lead into and out of each scene as concrete cinematic subjects that slowly drift into and out of view – separate Flowers of Shanghai not only from Hou’s other work, but also from the celebrated film historical examples of works that have taken Shanghai as a cinematic subject.” Der Autor stellt Vergleiche zu Filmen wie Shanghai Express, The Shanghai Gesture oder auch Rio Grande an. Er skizziert Inhalt und Form des Films im Verhältnis zu den Produktionsbedingungen und dem Gesamtwerk von Hou.

Und spätestens hier kommt dann auch die zweite Komponente ins Spiel, die das Buch derart lesenswert macht. Denn weiter hinten wird mit dem großartigen Kameramann Mark Lee über das Licht im Film gesprochen. Lee beschreibt, wie der Look zu Stande kam. Das Spannende daran ist, dass er dies natürlich aus Sicht eines Kameramanns macht. Er beschreibt, wie Hou immer noch mehr Lichter entfernt hat, wie er ihn mit kleinen weißen Lügen hinterging und wie das Licht schießlich mit kleinen Verstärkungen für die zärtlichen Öllampen als „glamorous realism“ durchging. Immer wieder sprechen die Texte und Interviews im Buch miteinander. Dabei gibt es außer dem Licht und der Frage nach Identität ein Hauptthema, das sich von einem Text in den anderen bewegt und wohl mehr als alles andere die Bedeutung von Hou für das asiatische Kino unterstreicht: Die Totale und ihre Dauer.

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Damit ist natürlich die penetrante Verwendung totaler Einstellungen im Kino von Hou gemeint. Diese und seine Verweigerung in nähere Einstellungen zu schneiden, wird in vielen unterschiedlichen Texten aus differenzierten Perspektiven betrachtet. Die Frage nach der Totalen und ihrer Verweildauer ist von einer hohen Brisanz und zeigt nicht zuletzt wie aktuell Hou als Filmemacher zwischen all diesen slow und contemplative Filemmachern des 21. Jahrhunderts noch immer ist. Mehr als einmal habe ich mir beim Lesen die Frage gestellt, warum immer wieder von einem Einfluss auf asiatische Filmemacher gesprochen wird, wenn doch auf der ganzen Welt derartige Methoden sichtbar sind. Da gibt es einmal Kent Jones, der sich dem Phänomen mit einem Blick auf die Zeit nähert. Eigentlich ist es kein Blick auf die Zeit in den Filmen von Hou sondern ein Blick auf die Zeiten der Räume bei Hou. Jones argumentiert, dass Hou nicht im Stil eines Olivier Assayas (der neben Jia Zhang-ke und Koreeda Hirokazu einer der von Hou beeinflussten Regisseure ist, die selbst zu Wort kommen im Buch) ein proustianischer Filmemacher sei, sondern in der Kollision aus der fließenden Gegenwart und der erinnerten Vergangenheit mit seinen Filmen arbeiten würde. Das bekannte Bild des nachdenklichen Tony Leung inmitten des Treibens des Bordells in Flowers of Shanghai sei dafür ein Beispiel. Sein Sentiment ist in der Vergangenheit, aber seine Umwelt verweist auf die Gegenwärtigkeit.

Die lange Einstellung wird in all ihren Facetten diskutiert. So wird ein wenig mit dem Vergleich von Hou und Ozu aufgeräumt, beschrieben wie Hou seinen Stil entwickelt hat. Ein wenig zu viel Fokus wird meiner Meinung nach immer wieder auf A Time to Live, A Time to Die gelegt, denn dort gibt es sicherlich noch sehr viele Ransprünge und Nahaufnahmen trotz der immensen Länge totaler Einstellungen. Vielmehr Sinn macht es da schon mit James Udden mitzugehen, der sich für Dust in the Wind als definitiven Hou Film einsetzt. Er beschreibt wie Hou in narrativen Schritten denkt, wo man es vielleicht (auch aufgrund seiner Einstellungsgröße) gar nicht erwartet, aber immer sieht, selbst wenn man es kaum bewusst wahrnimmt. Die Frage nach der Inszenierung von Kleinigkeiten, die dem Zuseher subtil und mit Hilfe einer ganz bewussten Choreografie natürlichster Bewegungen vorgeführt wird, wird mit dem Buch noch einmal deutlicher. Man will sich sofort wieder in die Filme stürzen, da man feststellen muss, dass Hou eine völlig eigene Sprache spricht, die man erst mit einem geschulten Augen wirklich begreifen kann. Manches davon erkennt man instinktiv beim Sehen, aber ein Hinweis hier und dort kann einem die Augen für die Bilder und Töne von Hou öffnen. Und Texte wie jener von Udden, der ein Schüler von David Bordwell war und gewissermaßen noch ist, sind eine Schule für die Augen. Mit diesem Fokus auf Bewegungen im Bild wird auch eine wichtige Distinktion getroffen. Und zwar eine, die wir hier bei Jugend ohne Film ebenfalls diskutiert haben. Es ist jene zwischen Hou Hsiao-Hsien und Tsai Ming-Liang beziehungsweise anderen Modernisten, zu denen man auch Chantal Akerman oder Béla Tarr zählen könnte. Die Frage nach Langsamkeit ist bei Hou immer eine, die in der Spannung zwischen Statik der Kamera und Bewegung vor der Kamera entsteht. Dabei bleibt er ein klassischer Geschichtenerzähler, der weder in das Obskure driftet wie Tsai noch in eine Bewegungstrance wie Tarr. Hou hat eine ganz eigene Form dieser langen Totalen entwickelt, die zum einen unverkennbar ist und zum anderen einen Fokus auf eine tatsächliche Inszenierung von Bewegung legt wie es sie wohl selten sonst im Kino gibt. Schaut man sich derzeit den Gewinner des Goldenen Löwen En duva satt på en gren och funderade på tillvaron von Roy Andersson in den Kinos an, kann man sehen wie lange Totalen völlig anders funktionieren. Bei Hou sind sie eine eigene Kraft statt ein auf sich selbst verweisendes Instrument. Sie sind eine Haltung zur Welt, die möglichst unberührt bleiben soll während sie bei Andersson gerade durch seine Langsamkeit und Distanz berührt wird.

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Alles – und das führt uns zur dritten Komponente – ist einem Streben nach Realismus untergeordnet und einer experimentellen Neugier, die sich immer wieder neu erfinden will. Denn im letzten Abschnitt des Buchs finden sich wie bereits beschrieben eine Menge Interviews mit Kollaborateuren von Hou, die Richard Suchenski selbst geführt hat und die für sich schon einen ziemlich umfassenden Einblick in Methoden und Prozesse von Hou geben. Vor allem die beiden Gespräche mit seinen Kameramännern Mark Lee und Chen Huai-En bieten einen inspirierenden und ungewöhnlichen Einblick in die Arbeitsweise eines sturen Mannes, zu dessen Prinzipien gehört, dass jeder Film eine Antwort auf den vorherigen sein soll. Vor allem die Berichte von den Dreharbeiten zu Goodbye South, Goodbye und Flowers of Shanghai sind fantastisch. Es wird sehr deutlich, dass Jean-Luc Godard Recht hatte, als er sagte, dass der Autor immer mehrere Menschen sind. Im Interview mit Tu Duu-chih wird auch klar, welche Bedeutung technische Entwicklungen für die Entwicklung des Kinos von Hou und in Taiwan allgemein hatten. Die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe werden in diesem Buch in jeder Zeile mit einer Ästhetik und Weltsicht in Verbindung gebracht und daher wird die Lektüre dem Schaffen von Hou auch tatsächlich gerecht. Zuletzt findet sich noch Produktionsmaterial zu Three Times im Buch sowie eine umfassende Bibliographie und biographische Daten. Ich habe einen ganzen Monat mit dem Buch verbracht und werde es sicher immer wieder zur Hand nehmen, obwohl oder gerade weil es kein einfaches Nachschlagewerk ist. Eher ist diese Publikation ein Werk über das Filmemachen an sich, da sie sämtliche Aspekte des Berufs inkludiert und anhand eines großen Regisseurs durchexerziert.

Hou Hsiao-Hsien Retro: Three Times

Wenn irgendwer in der Kinozeit zwischen Ingmar Bergman und Leos Carax vergessen hat wie man eine Frau filmen muss, damit sie gleichzeitig als eine individuelle Kraft erscheint, die unkontrollierbar, dämonisch und eigenwillig agiert und als tender-touch Begierde, durch die Augen eines sehnsuchtsvollen, mit Kamerablicken verschlingenden Regisseurs, dann bringt einem „Three Times“ von Hou Hsiao-Hsien mit seinem zärtlichen Rhythmus der Melancholie in einen Zustand des traurigen Verliebens, der genau wie Bergman und Carax die Poesie in den kleinen Regungen der Zuneigung sucht und sie genauso hart entblößt und zu Boden gehen lässt. Die Frau ist in diesem Fall Qi Shu, ein taiwanesischer Superstar mit Wurzeln im erotischen Film/Fotografie. Hou Hsiao-Hsien hatte die über seine beleuchteten Böden schwebende Frau schon in seinem „Millenium Mambo“ besetzt und in „Three Times“ spielt sie gleich drei verschiedene Rollen, immer als Objekt der Begierde oder Sehnsucht, immer mit Chen Chang als ihr Pendant. Doch ihr wahrer Partner scheint die Kamera zu sein. Eine Frau, die in ihrer Filmographie unter anderen als May, June, Mango, Shadow, Bitter, Cat, Messenger of Hell, Grace und Angel geführt wird, wird in „Three Times“ auch genauso behandelt. Die Berührungen der Kamera gleichen immer wieder einem ersten Kuss oder gar nur jenem Moment, wenn man den Atem einer Liebe zum ersten Mal auf seiner Haut spürt. Sie bewegt sich am Rand des Bildes, immer wieder ist es ein Schwenk, der ihre roten Lippen, ihre Haare oder ihre Schultern streift.

Three Times

Three Times

Der Film erzählt drei Liebesgeschichten mit denselben Schauspielern auf drei Zeitebenen: 1966, 1911 und 2005. Am Anfang steht wie schon in „A City of Sadness“ das Licht, eine Aufblende, es hängt an der Decke. 1911 wird dieses Licht in Form einer Kerze wiederkehren, 2005 eine Neonröhre, blaue Töne in der Dunkelheit. 1966 (der Teil trägt den Titel: „A Time for Love“) wird viel Billard gespielt, die Pool-Boys und Pool-Girls, eine unfassbare Szene gleich zu Beginn: Nach den schwelgerischen Schwenks über die farbigen Kugeln und die Lippen der Frau sieht man einen jungen Mann auf dem Fahrrad, immer wieder gibt es im Film die Einstellung des Billardtisches mit der Frau vor einer leicht geöffneten Tür. Dort fährt nun das Fahrrad unbemerkt vorbei. Nach kurzer Zeit kommt es zurück. Der junge Mann gibt der Frau einen Brief. Die Kamera schwenkt langsam von ihren zittrigen Händen hinauf zu ihrem Gesicht, in der Hoffnung einen Ausdruck zu finden (der Mann ist bereits weg). Als man den Ausdruck fast sieht, packt sie den Brief hastig zur Seite. Immer wieder wird die totale Einstellung mit der Tür im Hintergrund eingesetzt werden, sie wird zu einem Sehnsuchtsbild wie fast alles in „Three Times“. „Rain and Tears“ gibt den Rhythmus vor, es ist das Lied 1966, schon ein wenig viel Konzept, denn jede Zeit hat ihr Licht, ihr Lied, ihre Farben und doch bleibt alles gleich. Auch die Einstellungen kehren wieder, weil die Gesichter und Momente sich wiederholen. „Three Times“ ist „Cloud Atlas“ für Menschen mit Geschmack? Zwischendurch gibt es Bootsfahrten. Der Mann ist beim Militär und schreibt Briefe. Als er zurückkommt, um sie zu sehen, ist sie weg. Er beginnt, sie zu suchen. Wieder wird über die Billardtische geschwenkt, eine Elegie oder die Kunst mit der Kamera zu lieben. Der Opiumrausch aus „Flowers of Shanghai“ mit seinen wippenden Schwenks hallt hier nach. Nur findet der Blick in „Three Times“ Halt bei Qi Shu, während er in „Flowers of Shanghai“ mehr und mehr betont, dass er in den Mauern der Bordelle gefangen ist. Als sie sich finden, zeigt Hou Hsiao-Hsien, warum banale Sentimentalität und sentimentale Banalität zusammengehören. Der Mann kommt von hinten in das Nebenzimmer (die Frau arbeitet wieder am Pooltisch). Sie bemerkt ihn zunächst nicht, ist in einem Spiel, flirtet sogar. Dann sieht sie ihn. Sie lacht. Sie kann nichts sagen. Ein anderer Mann übernimmt das Spiel. Das Spiel geht im Vordergrund weiter, die Männer verdecken zum Teil den Blick auf die wiedervereinten, berührungslosen Liebenden. Sie lachen. Irgendwann trinken sie, er sitzt, sie lacht, sie schauen. Wir schauen. Ein Fest des Blicks. Dann rauchen sie. Später werden sie zusammen essen und wieder hängt eine Lampe im Bild.

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Warum Hou Hsiao-Hsien dann auf einen Stummfilm-Pseudo-Minimalismus Effekt in seiner zweiten Episode „A Time for Freedom“ wechselt, ist mir ein großes Rätsel. Natürlich spielen Worte und die Art und Weise wie diese ausgetauscht werden in den drei Filmen eine große Bedeutung (Briefe 1966, Zwischentitel 1911 und SMS 2005), aber wenn inmitten der exakt beobachtenden Liebeslyrik, den kleinen Gesten und Blicken, die Hou Hsiao-Hsien gewohnt präzise beobachtet, Zwischentitel platzen, dann wirkt das wie ein gewollter Verfremdungseffekt, der Bewegungen und Blickstruktur des Films schadet. Die zweite Episode spielt in einem Flower House. Es geht um die „Er liebt mich-Er liebt mich nicht.“-Beziehung einer Kurtisane zu einem Geschäftsmann, der allzu sehr ein Mann/Opfer seiner Zeit ist und dabei womöglich seine Gefühle übersieht. Durch die aufgesetzte Stummfilmstruktur wird man schnell von der klimpernden Begleitungsmusik eingelullt. Zudem springt der Regisseur in dieser Episode so sehr durch die Zeit, dass man sich am Ende fragt, ob es wirklich noch 1911 ist. Seine Blenden kommen hier nicht wie in „Flowers of Shanghai“ (an den der Film ja schon alleine wegen seines Settings erinnert) aus dem Druck einer Notwendigkeit, sondern wirken eher wie ein hektisch zugezogener Vorhang im Theater, der verschleiern soll, dass etwas schiefgeht. Sie macht Musik, dann „The Wuchang Uprising“, harter Schnitt. Hou Hsiao-Hsien thematisiert wie immer die Geschichte seines Landes. Sie liegt in den Motivationen der männlichen Figur, in der Kommunikation, in Ereignissen am Rande des Geschehens, an den Transportmitteln, in der Musik. Damit einher geht ein großer Gestus, den der Regisseur mit einer gewissen Gleichgültigkeit aufwiegt. Am Ende steht ein Verlassen, keine Vereinigung.

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Schließlich springen wir auf ein Phantom Ride Scooter-Bild nach Taipeh 2005, „A Time for Youth“. Mit dem Sprung in die Gegenwart findet Hou Hsiao-Hsien auch wieder einen Rhythmus, der den Blick und den Moment zur Hauptsache des Kinos macht. Mann und Frau stehen an einer Unterführung am Straßenrand, sie weint. Später sind sie in seiner Wohnung, blaues Licht durchdringt hier alles, er fragt sie, ob alles in Ordnung sei. Im abschließenden Teil seines Films bewundert Hou Hsiao-Hsien Körperlichkeit. Ein in seinem Kino seltener, langer Kuss, eine erotische Spannung, die durch den Film weht. Plötzlich spielen Augen eine Rolle, Füße und die Sehnsucht wird von den Bildern an der Wand auf den Nacken der Frau projiziert. Besonders beeindruckend kommt dieses körperliche Verlangen bei einem Konzert zum Vorschein, bei dem der Mann Fotos von der singenden Frau macht. Ansonsten handelt es sich um eine klassische Dreiecksgeschichte. Die Frau hat eine Beziehung mit einer anderen Frau und betrügt sie mit dem Mann. Als man sich dem Paar hingegeben hat, ist man plötzlich alleine mit der betrogenen Frau, sie wacht in der Nacht auf, ihre Freundin ist nicht da. Ein Zusammenleben ist nicht mehr relevant, die Beziehung ist zu einem Driften über die Straßen, durch die Clubs geworden. Manchmal wirken die allgemein gültigen Botschaften, die man in die einzelnen Episoden in Bezug zu ihrer Zeit machen kann, etwas arg bemüht, aber man kann auch nur der Kamera folgen, sich mit ihr verlieren, mit der Frau verlieren. Am Ende steht diesmal beides. Ein Verlassen und ein Finden. So wie die Kamera ständig verlässt und findet. Am Ende bleibt sie und damit unser Blick zurück, ein Phantom Ride, der in zähfließenden Verkehr gerät, während die Protagonisten auf der rechten Spur in der urbanen Wüste verschwinden.