Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Taiwan-Threesome: Hou und Tsai im Dialog

Wer Jugend ohne Film in den ver­gan­ge­nen zwei Mona­ten ver­folgt hat, der hat so eini­ges über das tai­wa­ne­si­sche Kino gele­sen. Zuerst haben wir uns in den feuch­ten Zim­mern von Tsai Ming-Liang ver­lo­ren und dann haben wir mit Hou Hsiao-Hsi­en durch Türen geblickt. In der Fol­ge hat­ten wir irgend­wie das Gefühl, dass vie­le Fra­gen offen geblie­ben sind, vie­le Gefüh­le droh­ten in den som­mer­li­chen Gewit­tern zu ver­schwin­den ohne jemals offen­ge­legt zu wer­den. Man sieht eine Men­ge an Fil­men und trägt sie mit sich. Viel­leicht reicht die­ser Zustand, viel­leicht ist es genau das, um das es geht. Aber die Ver­gäng­lich­keit der Fil­me war und ist für unse­re Kino­wahr­neh­mung kei­ne Lösung. Für uns lebt das Kino wei­ter. Und wir wol­len das aus­drü­cken. Unbe­hol­fen, emo­tio­nal und lei­den­schaft­lich. Daher habe ich mich zusam­men mit mei­nen Kol­le­gen Rai­ner Kien­böck und Andrey Arnold einen knap­pen Monat lang per Mail über das Schaf­fen die­ser bei­den Künst­ler unter­hal­ten. Dabei haben wir noch­mal ver­sucht unse­re indi­vi­du­el­len Ein­drü­cke wider­zu­ge­ben, haben Ver­glei­che ange­stellt und Unter­schie­de in unse­rer Wahr­neh­mung dis­ku­tiert. Auch muss­ten wir fest­stel­len wie schwer ein Dia­log über das Kino sein kann und wie sehr man ihn gera­de des­halb suchen muss.

The Wayward Cloud

The Boys from Fengkuei

Patrick: Ich woll­te euch fra­gen, ob ihr mehr mit Tsai Ming-Liang oder Hou Hsiao-Hsi­en anfan­gen konn­tet? Oder wür­det ihr da kei­ne wer­ten­de Tren­nung vornehmen?

Andrey: Es fällt mir schwer, hier eine kla­re Distink­ti­on zu tref­fen. Wenn die Fra­ge lau­tet, wel­cher Fil­me­ma­cher mir emo­tio­nal «näher» ist, eher zu mir «spricht», müss­te ich wohl Tsai den Vor­zug geben, schlicht weil sei­ne Sen­si­bi­li­tät, die Gefühls­la­gen sei­ner Fil­me mir uni­ver­sel­ler und zeit­ge­mä­ßer schei­nen als jene Hous. Aber das hat Grün­de, die nicht unbe­dingt mit ihrer jewei­li­gen künst­le­ri­schen Qua­li­tät zusam­men­hängt: Tsai und sein Werk sind jün­ger und in einen his­to­ri­schen Kon­text ein­ge­bun­den, der sich in mei­nen Augen leich­ter ver­all­ge­mei­nern lässt als jener der Erin­ne­rungs­fil­me Hous. Die Ein­sam­keit des Groß­stadt­men­schen ist ein Topos, bei dem für unse­re sozia­le Schicht und Gene­ra­ti­on welt­weit wenig Erklä­rungs­be­darf besteht; das Schick­sal von Hak­ka-Chi­ne­sen im Tai­wan der 60er hin­ge­gen… Aber Tsa­is Oeu­vre ist auch homo­ge­ner als das Hous (zumin­dest an der Ober­flä­che), und im Grun­de hat­te ich nach der Retro das Gefühl, von einem Boot gestie­gen zu sein, dass mich eine Zeit lang einen ein­zi­gen fil­mi­schen Fluss ent­lang­ge­führt hat, der nun in mei­ner Abwe­sen­heit wei­ter­läuft (woll­te man böse sein, könn­te man sti­cheln, sein Schaf­fens­zy­klus mit Lee Kang-sheng sei das wah­re «Bohyood»-Projekt). Hou zieht im Ver­gleich trotzt der ganz spe­zi­fi­schen Zeit­lich­keit und des eigen­tüm­li­chen Blicks sei­ner Kame­ra sti­lis­tisch und moti­visch ver­schie­dens­te Regis­ter im Lau­fe sei­ner Kar­rie­re, und es wäre ver­fehlt, Fil­me wie «A Sum­mer at Grandpa’s» und «Mil­le­ni­um Mam­bo» in einen Topf zu wer­fen, nur um sich ein geschlos­se­nes auteu­ris­ti­sches Urteil bil­den zu kön­nen. Und es muss gesagt sein, dass die Arbeit und der peri­odi­sche, mit­un­ter auch kom­mer­zi­el­le Erfolg Hous in gewis­ser Hin­sicht radi­ka­le­ren tai­wa­ne­si­schen Künst­lern wie Tsai zwei­fels­oh­ne den Weg geeb­net hat.

Rai­ner: Schwie­ri­ge Fra­ge: Tsai ist ein gro­ßer Bro­cken und voll am Puls der Zeit – selbst sei­ne etwas älte­ren Fil­me. Es scheint mir, dass er sich mit gan­zer Kraft gegen die Beschleu­ni­gung der (urba­nen) Welt stemmt, indem er ver­sucht dem Blick des Zuse­hers «Atem­pau­sen» zu gewäh­ren – bei Tsai fin­det der Film tat­säch­lich im Kopf des Zuse­hers statt (wenn ich die­se alte Weis­heit hier auf­wär­men darf). Wie Andrey schon gesagt hat, ist Tsa­is gesam­tes Oeu­vre auch weit­aus kohä­ren­ter, Hous Gesamt­werk kann man hin­ge­gen in ver­schie­de­ne Schaf­fens­pe­ri­oden ein­tei­len. Mit sei­nen frü­he­ren Fil­men kom­me ich per­sön­lich weni­ger klar – zur Fra­ge nach dem war­um wer­den wir ver­mut­lich noch kom­men, da möch­te ich nicht vor­grei­fen – «Flowers of Shang­hai» habe ich in die Rie­ge mei­ner Lieb­lings­fil­me auf­ge­nom­men. Hou ist groß, facet­ten­reich und weni­ger fass­bar, oszil­lie­rend, wäh­rend man Tsai fin­de ich, rela­tiv gut sezie­ren kann. In ande­ren Wor­ten: Ratio­na­le Ana­ly­sen sto­ßen bei Hou an ihre Gren­zen, da macht in mei­nen Augen ein per­sön­li­cher, emo­tio­na­ler Zugang mehr Sinn – Tsai kann man «den­ken». Zusam­men­fas­send möch­te ich sagen, dass ich Tsai für einen der wich­tigs­ten Regis­seu­re des spä­ten 20. und frü­hen 21. Jahr­hun­derts hal­te. Das heißt, ich wür­de ihn als Bei­spiel für die Wei­ter­ent­wick­lung der Film­kunst in die­ser Zeit anfüh­ren. Hou ist ganz ein­fach groß und somit schwer zuor­den­bar. Über die Ver­gleich­bar­keit der bei­den habe ich mir noch nicht all­zu viel Gedan­ken gemacht. Ihre Sicht auf Tai­wan erscheint auf den ers­ten Blick total unter­schied­lich, ihre Erzähl­wei­sen eben­falls, ande­rer­seits ist wohl nicht zu leug­nen, dass Tsai der ers­ten Wel­le der Tai­wa­ne­se New Wave (und damit Hou) eini­ges zu ver­dan­ken hat – zumin­dest neue Produktionskontexte.

Dust in the Wind2

Goodbye Dragon Inn

Patrick: Ich fin­de es sehr span­nend, dass Andrey von der Mög­lich­keit der Ver­all­ge­mei­ne­rung spricht. Geht es in Hous Fil­men nicht sehr viel, um das Neben­ein­an­der von Leben und Ster­ben, Freu­de und Leid? Und gibt es etwas All­ge­mei­ne­res? Für mich fin­det sich der offen­sicht­lichs­te Unter­schied zwi­schen den bei­den Fil­me­ma­chern in ihrem Umgang mit Zeit. Tsai scheint mir die Zeit­er­fah­rung zu inten­si­vie­ren, er betont kur­ze Peri­oden, die er dann dehnt und uns sozu­sa­gen in die Zeit ein­tau­chen lässt, wäh­rend Hou oft gro­ße zeit­li­che Abläu­fe aus einer Distanz abhan­delt. Tsai springt in die Welt, wäh­rend Hou oft außen bleibt. Des­halb kann ich nicht ver­ste­hen, inwie­fern man Tsai den­ken kann. Mehr ober­fläch­li­chen Inhalt gibt es sicher­lich bei Hou. Er ver­steckt die­sen Inhalt mit sei­ner Form, aber am Ende des Tages setzt er sich mit melo­dra­ma­ti­schen Geschich­ten vor dem Hin­ter­grund natio­na­ler Gescheh­nis­se aus­ein­an­der. Das ist für mich ein­fa­cher zu den­ken als Tsai, der von-wie Andrey sagt-all­ge­mei­nen Din­gen, wie dem Gefühl einer Begier­de, Ein­sam­keit und Lan­ge­wei­le erzählt. Also Din­ge, die man zumeist nicht denkt son­dern fühlt. Des­halb tue ich mir auch mit dem Begriff der Ver­all­ge­mei­ne­rung bei Tsai etwas schwer, weil es mir doch ein sehr indi­vi­du­el­les, per­sön­li­ches Gefühl zu sein scheint. Natür­lich fül­len wir die­se Fil­me mit uns selbst auf, aber ich glau­be kaum, dass wir die­sel­ben Erfah­run­gen mit den Fil­men von Tsai hat­ten. Der Hou von „Flowers of Shang­hai“ oder „Mil­le­ni­um Mam­bo“ scheint mir übri­gens deut­lich näher an Tsai zu sein als Tsai am frü­hen Hou.

Rai­ner: Es wun­dert mich nicht, dass du mir wider­sprichst. «Den­ken» ist für dich ein Unwort, ich mei­ne es aber nicht im nega­ti­ven Sin­ne. Wür­dest du mir aber nicht zustim­men, dass man einen Tsai-Film for­mal rela­tiv ein­fach aus­ein­an­der­neh­men kann? Gera­de wie Tsai mit Zeit umgeht und wel­che Sym­bo­li­ken und The­men er immer wie­der ver­wen­det (Vater, Was­ser, Zeit,…) und anspricht, lässt sich doch schön Stück für Stück auf­ar­bei­ten. Fil­men wie «Flowers of Shang­hai» oder „Mil­le­ni­um Mam­bo“ kom­me ich hin­ge­gen weit­aus näher, wenn ich sie als Gesamt­ein­druck und Gesamt­ge­fühl deu­te. Ich erin­ne­re mich noch, als Andrey nach «The Way­ward Cloud», das Bild der Amei­se ange­spro­chen hat, die für Ein­sam­keit steht. So eine Art von Sym­bo­lis­mus wäre mir bei Hou nicht auf­ge­fal­len. Natür­lich kann man Hou inhalt­lich ratio­nal ana­ly­sie­ren – ich wür­de sein Gesamt­werk sogar als eine Art tai­wa­ne­si­sche Natio­nal­chro­nik sehen – aber for­mal tu ich mir schwer.

Patrick: Ich habe das gar nicht als Wider­spruch gemeint. Ich fin­de man muss auf­pas­sen, dass man nicht Form mit Moti­vik ver­wech­selt. Mit Form mein­te ich tat­säch­lich die fil­mi­sche Dar­stel­lung und nicht das, was er zeigt. Genau in die­ser ein­deu­ti­gen Art ein Bild zu lesen, also hier ist etwas und das hat das oder das zu bedeu­ten, liegt für mich ein Pro­blem und ich bin mir ganz sicher, dass man sich Tsai so nicht nähern kann. Das liegt zum einen an kul­tu­rel­len Unter­schie­den, zum ande­ren an der Ambi­va­lenz von Bil­dern gene­rell. For­mell tue ich mir tat­säch­lich bei Hou leich­ter. Die­se Distan­zie­rung in der Bild­spra­che, die Rah­mun­gen und das Spiel mit sei­ner trance­ar­ti­gen Kame­ra, das es ab «Good­bye South Good­bye» immer wie­der gibt. Dage­gen ist Tsai-wie das ja ange­spro­chen wur­de-irgend­wie mit der Arbeit an einem ein­zi­gen Film beschäf­tigt (zumin­dest ab einem gewis­sen Zeit­punkt sei­nes Schaf­fens). Das macht die Form bei bei­den sehr span­nend wie ich fin­de. Aber bei Tsai kann ich nicht so leicht sagen, war­um er wel­che Ent­schei­dung getrof­fen hat. Es wirkt irgend­wie intui­ti­ver, ja weni­ger gedacht, son­dern mit mehr Bauch­ge­fühl. Das ist aber weder bes­ser noch schlech­ter für mich.

Andrey: Die Dif­fe­renz zwi­schen Den­ken und Füh­len, die hier nicht zum ers­ten Mal auf­ge­wor­fen wur­de – ihr seid in die­ser Ange­le­gen­heit ja fast wie Spi­on & Spi­on – ent­sperrt natür­lich eine phi­lo­so­phi­sche Pan­do­rabüch­se, die aus­zu­räu­men unse­ren Rah­men (und mei­ne Befä­hi­gung) weit über­stei­gen wür­de. Nur so viel sei gesagt: Wis­sen wir nicht spä­tes­tens seit Nietz­sche, dass jedes „Den­ken“ auch immer ein „Füh­len“ ist und jedes „Füh­len“ immer ein „Den­ken“? Dass die soge­nann­te Ratio nichts ande­res ist als ein Pro­zess, der unser Füh­len struk­tu­riert und es so erst erträg­lich und fass­bar macht? Jeden­falls glau­be ich, dass Rai­ner mit sei­ner „Tsai-denken“-Formulierung weni­ger die emo­tio­na­le Kom­ple­xi­tät von Tsa­is Kino klein­re­den woll­te als dar­auf hin­wei­sen, dass es sich auf­grund sei­ner ver­gleichs­wei­se homo­ge­nen Moti­vik (und „Moti­vik“ ist zwei­fels­oh­ne von „Form“ zu tren­nen, obwohl es Über­schnei­dun­gen gibt) leich­ter zusam­men­fas­sen und nach auteuristisch/​symbolischen Kri­te­ri­en ana­ly­sie­ren lie­ße als das Hous; eine Ana­ly­tik, deren Ergie­big­keit tat­säch­lich enden wol­lend ist. Man kann sich Tsai (und ande­ren) so zwar durch­aus nähern – und war­um soll­te es ein Gebot geben, dies nicht zu tun, solan­ge das Bewusst­sein um Ambi­va­lenz gewahrt bleibt? – all­zu weit wird man damit aber nicht kom­men, ohne sich wie­der von den Fil­men selbst zu ent­fer­nen. Natür­lich sind die Was­ser­me­lo­nen bei Tsai nicht ein­fach nur Sym­bo­le für Sexua­li­tät. Das kön­nen sie zwar sein und sind es auch in einem bestimm­ten Refe­renz­rah­men (den „The Way­ward Cloud“ etwa nar­ra­tiv kon­so­li­diert), aber sie sind weit mehr als das; Was­ser­me­lo­nen z.B., mit ihren spe­zi­fi­schen mate­ri­el­len und sinn­li­chen Qua­li­tä­ten, die Tsai bewusst in Sze­ne setzt und an die wie­der ande­re gedachte/​gefühlte Asso­zia­ti­ons­ket­ten geknüpft wer­den. Zur Fra­ge nach der Ver­all­ge­mei­ne­rung: Mir ist klar, dass die bes­ten Fil­me – ach je, das böse Wert-Wort! – der nar­ra­ti­ven Domä­ne nie nur eine kon­kre­te Geschich­te von kon­kre­ten Men­schen erzäh­len, die in ihrer reprä­sen­ta­ti­ven Funk­ti­on gefan­gen sind, son­dern immer auch etwas All­ge­mei­nes mit­schwin­gen las­sen. Das ist auch bei Hou der Fall, nicht zu knapp. Aber es bleibt den­noch Erzähl­ki­no, mit Psy­cho­lo­gie, Kon­text und allem Drum und Dran, und gera­de die­ses Drum und Dran ist dann bei Fil­men wie „City of Sad­ness“ oder sei­ner Coming-of-Age-Tri­lo­gie eini­ger­ma­ßen spe­zi­fisch. Muss es auch sein, fungiert(e) es doch beson­ders bei Ers­te­rem auch als natio­na­les Doku­ment und his­to­risch-poli­ti­sches State­ment. Tsai hat das weni­ger, da er Plot und Cha­rak­ter­zeich­nung mit­un­ter kom­plett über Bord wirft, um Kino ein­fach Kino sein zu las­sen, und das ist neben sei­nem Umgang mit Zeit – wie Patrick tref­fend ver­merkt hat – der wesent­li­che Unter­schied zu Hou. Denn die­sen lässt das Bedürf­nis, zu erzäh­len und Figu­ren zu ent­wer­fen selbst in sei­nem „lose­ren“ Spät­werk nie ganz los. Wobei mir Patricks Eng­füh­rung von „Mill­en­ni­um Mam­bo“ bzw. „Flowers of Shang­hai“ mit Tsa­is Schaf­fen span­nend erscheint. Wie ist das – über das Moti­vi­sche hin­aus – zu verstehen?

Visage

Millenium Mambo

Patrick: Ich habe mich wohl wirk­lich miss­ver­ständ­lich aus­ge­drückt. Ich habe kei­ne prin­zi­pi­el­len Aver­sio­nen gegen Den­ken im Kino oder sonst was. Ein äußerst absur­der Vor­wurf an eine Per­son, die über Film schreibt. Ganz im Gegen­teil. Ich glau­be, dass man Kino den­ken muss und Kino unglaub­lich lebt vom Den­ken sowie das Den­ken vom Kino. Ich will nicht ewig dar­auf her­um­rei­ten, aber was ich eigent­lich sagen woll­te und was ihr bei­de sehr anders gedeu­tet habt, ist dass ich Hou anschei­nend im Gegen­satz zu euch bei­den viel eher nach die­sen Mus­tern durch­su­chen kann. Da sind für mich ganz klas­si­sche Autoren­merk­ma­le zu fin­den wie die Behand­lung von Kindheit/​Jugend/​Familie, Ver­gan­gen­heit, Züge (ins­be­son­de­re Phan­tom Rides), naï­ve von Emo­tio­nen über­mann­te Män­ner, die­ge­ti­sche Chro­nis­ten wie Tage­bü­cher/­Voice-Over Narrationen/​Fotos, immer wie­der ähn­li­che Schnitt­fol­gen und Raum­auf­lö­sun­gen. Dage­gen scheint mir Tsai viel weni­ger leicht durch­dring­bar. Natür­lich, auf den ers­ten Blick sind da auch sol­che Din­ge: Die ange­spro­che­nen Was­ser­me­lo­nen, Tie­re, Musi­cal­num­mern (schrä­ger Humor all­ge­mein), Uhren, selbst­ver­ständ­lich Was­ser in allen Facet­ten und die The­ma­ti­sie­rung von Zeit/​Kino. Aber die­se wer­den so vir­tu­os durch­ein­an­der gewor­fen und so unter­schied­lich kon­no­tiert in den ein­zel­nen Fil­men, dass es mir schwer fällt über Tsa­is Fil­me die­se rela­tiv fes­ten autoren­be­zo­ge­nen Aus­sa­gen zu täti­gen. Viel­mehr-und das hat Andrey wun­der­bar for­mu­liert-fah­re ich mit ihm auf einem Boot, da kom­men immer wie­der Din­ge vor­bei, ich will sie berüh­ren. Bei Hou habe ich das Gefühl, dass ich mich sehr wohl hin­set­zen kann und mir Gedan­ken zu den Moti­ven machen kann. Tsai scheint sich sehr bewusst zu sein, dass das pas­siert und arbei­tet ein wenig dage­gen mei­ner Ansicht nach. Und noch auf einer all­ge­mei­ne­ren Ebe­ne: Tsai hat einen Umgang mit dem Sinn­li­chen, den Andrey ja ange­spro­chen hat, der sich für mich der­art stark jen­seits aller Moti­vik und von mir aus Sym­bo­lik voll­zieht, dass es mir gar noch schwe­rer fällt sei­ne Fil­me nicht als ein­zi­gen Fluss wahr­zu­neh­men. Und wenn ich in einen Fluss sprin­ge, dann ist das jedes Mal ein ande­rer Fluss. Bei Hou ist es da kon­kre­ter, weil er durch sei­ne distan­zier­te Betrach­tung schon die Denk­rich­tung vor­gibt. Aber auch mit ihm konn­te ich mich wie in einem Fluss füh­len. Und das bringt mich zu Andreys Fra­ge bezüg­lich der Nähe von „Flowers of Shang­hai“, „Mil­le­ni­um Mam­bo“ und womög­lich noch „Three Times“ bzw. „Daugh­ter of the Nile“ bzw. „Good­bye, South Good­bye“ zum Schaf­fen von Tsai. Ich wür­de sagen, dass es mit dem Licht beginnt. Das Licht wird in die­sen Fil­men ganz ähn­lich wie bei Tsai nicht mehr nur zur Dar­stel­lung einer natu­ra­lis­ti­schen oder stim­mungs­vol­len Welt gesetzt, son­dern es beginnt ein Innen­le­ben anzu­zei­gen. Außer­dem sind die Fil­me her­me­ti­scher, sie schei­nen mir nicht mehr so nar­ra­tiv nach vor­ne zu gehen, son­dern eher im Moment zu ver­wei­len, ganz genau­so wie ich es bei Tsai emp­fin­de. Das Framing bezie­hungs­wei­se die Kame­ra­be­we­gun­gen schei­nen dort einen ten­ta­ti­ven Touch zu bekom­men, woge­gen sie in den ande­ren Hou Fil­men mehr auf Sim­pli­zi­tät und Not­wen­dig­keit aus sind. Sie schei­nen mehr im Bewusst­sein zu ent­ste­hen, dass sie Kunst sind. Auf nar­ra­ti­ver Ebe­ne ist es ja auch so, dass Hou lan­ge Zeit als Coun­try-Boy galt und Tsai als City-Boy. Das dreht sich in den genann­ten Fil­men natür­lich auch ein wenig. Wür­det ihr dem zustimmen?

Rai­ner: Nun kom­men wir der Sache schon näher, wobei ich den­ke, dass wir hier anste­hen. So wie Andrey das zusam­men­ge­fasst hat, sehe ich es auch in Bezug auf Moti­vik und Sym­bo­lik. Auch wenn Tsai intui­ti­ver ist (da würd ich mich dei­ner Beob­ach­tung anschlie­ßen) und sei­ne Moti­ve bunt zusam­men­wür­felt, wie du sagst, erscheint mir eine Ana­ly­se eines Tsai-Films weit­aus frucht­vol­ler, als die eines Hou-Films, gera­de weil ich sein Oeu­vre als Chro­nik deu­te, und inner­halb die­ser Chro­nik wie­der­um Chro­nis­ten auf­tre­ten. Das macht Hou für mich undurch­dring­li­cher, dass man das gro­ße Gan­ze eigent­lich immer mit­den­ken muss. Das Kon­zept ist ellip­tisch wenn du so willst, sobald du glaubst ihn irgend­wo gepackt zu haben, öff­net sich eine neue Dimen­si­on, wenn man einen Blick zurück aufs gro­ße Gan­ze wagt. Aber wie gesagt, ich den­ke an die­ser Stel­le kom­men wir nicht wirk­lich wei­ter, da wir die Fil­me­ma­cher anschei­nend alle sehr unter­schied­lich wahr­neh­men. Bei Andreys Fra­ge bezüg­lich der Nähe von «Flowers of Shang­hai», et al bin ich näher bei dir Patrick. Hous Früh­werk ähnelt Tsa­is Schaf­fen wenig. Selbst die inhalt­li­chen, auto­bio­gra­phi­schen Aspek­te wer­den auf so unter­schied­li­che Art und Wei­se insze­niert, dass es für mich wenig Sinn macht, hier Par­al­le­len zu zie­hen – die wären nur auf­ge­setzt. Spä­ter, in den 90ern wird Hou spie­le­ri­scher, leicht­fü­ßi­ger. Er ver­zich­tet zuneh­mend auf den neo­rea­lis­ti­schen Ges­tus, der sein Früh­werk geprägt hat und macht sei­ne Fil­me visu­ell effekt­vol­ler, sei­ne Kame­ra wird beweg­li­cher, Licht setzt er als Stil­mit­tel ein, anstatt sich einem natu­ra­lis­ti­schen Film­bild zu unter­wer­fen, sei­ne Fil­men wer­den ab die­sem Zeit­punkt stim­mungs­vol­ler und weni­ger grau. Tsai erzeugt Stim­mung zwar auf ganz ande­re Wei­se, aber, wie du bereits erwähnt hast, beim Licht tref­fen sie sich. Licht spricht in Tsa­is Fil­men, selbst, oder vor allem, in sei­nen düs­te­re­ren Fil­men. Auch habe ich das Gefühl, dass sich Hou ab die­sem Zeit­punkt auch sei­nen Figu­ren nähert – zwar nicht so extrem wie Tsai, der über zwan­zig Jah­re jede Fal­te an Lees Kör­per erforscht, aber doch fin­det man erst­mals Cha­rak­te­re, die zur Iden­ti­fi­ka­ti­on ein­la­den und nicht mehr unschein­ba­re Prot­ago­nis­ten inmit­ten gesichts­lo­ser Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ger. Nur des­halb wirkt «Three Times» an man­chen Stel­len leicht kit­schig, nur des­halb wird auf ein­mal ein Schau­spie­ler wie Tony Leung zum Dreh- und Angel­punkt eines Films wie «Flowers of Shang­hai». Ja, das neue Inter­es­se an Cha­rak­te­ren, anstatt an Ereig­nis­sen, die mehr oder weni­ger anony­men Cha­rak­te­ren wie­der­fah­ren, haben mei­ner Mei­nung nach eine Annä­he­rung Hous an Tsai gebracht. Das wahr­schein­lich sogar stär­ker als auf for­ma­ler Ebe­ne. Alles in allem tue ich mir aber sehr schwer, hier eine Syn­the­se zu zie­hen. Die bei­den Fil­me­ma­cher sind so ver­schie­den, nicht nur was das jewei­li­ge fil­mi­sche End­re­sul­tat angeht, son­dern auch ihre Kon­zep­te und ihre Her­an­ge­hens­wei­sen. Der Impe­tus des Fil­me­ma­chens ist ein ande­rer – das soll nicht hei­ßen, dass es kei­ne Fil­me­ma­cher gibt, deren Fil­me ähn­lich sind, obwohl sie unter­schied­li­che Back­grounds haben, aber in die­sem Fall sehe ich ganz ein­fach weni­ge Über­schnei­dun­gen: der Cow­boy und der Intel­lek­tu­el­le, Natio­nal­chro­nik und Charakterstudie.

A City of Sadness

Stray Dogs

Andrey: Ich glau­be, wir sind uns im Wesent­li­chen alle einig, dass das Werk die­ser bei­den Fil­me­ma­cher grund­ver­schie­den ist und vor­nehm­lich auf­grund ihrer Natio­na­li­tät, ihrer (kaum ver­gleich­ba­ren) „Lang­sam­keit“ und dem cine­phi­len Wil­len zur Wel­le gegen­über­ge­stellt wird. Ich kann Patricks Argu­men­ta­ti­on in Bezug auf die von ihm genann­ten Fil­me Hous und ihrer sub­ti­len Annä­he­rung an the Art of Tsai nach­voll­zie­hen, nur scheint mir die Fer­ne zu groß, um sie mit so klei­nen Schrit­ten zu über­brü­cken. Es stimmt, dass die nar­ra­ti­ve Vor­wärts­be­we­gung gleich­mü­ti­ger in ihrem Flie­ßen wird und den Zwi­schen­stel­len und uner­heb­li­chen Momen­ten mehr Gewicht ver­leiht; es stimmt auch, dass sich die Kame­ra­füh­rung und Licht­set­zung ver­än­dern, wobei letz­te­res der suk­zes­si­ven Ver­la­ge­rung des Blicks vom Tag in die Nacht, vom Land in die Stadt, aus den licht­durch­flu­te­ten Zim­mern und pas­to­ra­len Vor­hö­fen in die her­me­ti­schen Bou­doirs eines Bor­dells und die been­gen­den Klau­sen und Clubs Tai­pehs geschul­det ist („Café Lumie­re“ sieht ja, nomen est omen, fast wie­der ein wenig aus wie sei­ne älte­ren Fil­me). Aber sie sind alle­samt einer Die­ge­se ver­haf­tet, in dem Sin­ne, dass sie von Men­schen, Orten, Psy­chen und Zeit­räu­men zeu­gen – man darf hier auch den Dreh­buch­bei­trag T’i­en-wen Chus nicht ver­ges­sen – die sich aus die­ser her­aus benen­nen und Groß­teils auch erklä­ren las­sen, wenn man denn will, gleich­wohl sich ver­mehrt Ele­men­te ein­schlei­chen, die die Kon­ti­gui­tät der Din­ge zer­rüt­ten (der eigen­wil­li­ge Tanz des roten Bal­lons, die selt­sa­me Über­tra­gung zwi­schen den Zeit­ebe­nen in „Good Men, Good Women“ und „Three Times“, der Voice-Over und die Rie­sen ins ver­schnei­te Japan in „Mill­en­ni­um Mam­bo“, die Art, wie in „Café Lumie­re“ die Züge gefilmt wer­den). In Tsa­is enig­ma­ti­schen Geis­ter­wel­ten sind die Gren­zen indes immer schon unwie­der­bring­lich ver­wischt, zwi­schen Traum und Wirk­lich­keit, Ges­te und Ver­kör­pe­rung, Figur und Dar­stel­ler, Doku­ment und Phan­tas­ma, Ding und Sym­bol, Zeit und Ewig­keit, umso mehr, wenn man sie im Kon­text des Gesamt­werks betrach­tet. Man kann ab „The River“ eigent­lich jeden Film als Bei­spiel brin­gen, viel­leicht auch schon die davor. Wer „sind“ die­se Leu­te? Wovon „han­deln“ die­se Fil­me? Wann „spie­len“ sie? Man könn­te ver­su­chen, die­se Fra­gen zu beant­wor­ten, und wür­de doch unwei­ger­lich viel zu kurz grei­fen. Aller­spä­tes­tens seit dem Wal­ker-Zyklus ist klar, dass dies bei aller Gegen­ständ­lich­keit kein Erzähl­ki­no mehr ist (was bei Gott nicht hei­ßen soll, es „erzäh­le“ nichts mehr).

Patrick: Gibt es einen Moment oder auch meh­re­re bei Tsai Ming-Liang, an den ihr euch beson­ders erin­nert, der euch beson­ders bewegt hat, ein Bild, ein Gefühl, ein Ton?

Rai­ner: Spon­tan würd ich sagen: Der Typ in «What Time Is It The­re?», der die Uhr stiehlt und sich dann aufs Klo flüch­tet, wo er halb­nackt auf Lee Kang-sheng war­tet. Etwas pro­fun­der: Die letz­te lan­ge Ein­stel­lung in «Stray Dogs» – ein gro­ßer kon­tem­pla­ti­ver Kinomoment.

Andrey: Die vor­letz­te Ein­stel­lung aus Stray Dogs – mei­ne ers­te Tsai-Begeg­nung – wer­de ich nie­mals ver­ges­sen. Jetzt könn­te man ein­wen­den: «Was Wun­der, wenn er sie eine Vier­tel­stun­de hält…» Wie dem auch sei: So ist es. Sonst, spon­tan? Ich wüss­te nicht, wo anfan­gen. Schon nach kur­zer Über­le­gung mer­ke ich, dass sich beacht­lich vie­le Bil­der, Sze­nen, Ein­drü­cke stark ins Gedächt­nis geprägt haben, so dass sich eine Auf­zäh­lung schnell über­schla­gen wür­de. Viel­leicht wäre es ein­fa­cher, jene Gedächt­nis­fil­me zu benen­nen, die mir der­zeit die größ­ten Lücken auf­zu­wei­sen schei­nen: Vive L’A­mour, The River, I Don’t Want To Sleep Alo­ne, in abstei­gen­der Rei­hen­fol­ge. Gibt es ein Mus­ter? Viel­leicht, weil es sei­ne «unspek­ta­ku­lärs­ten» Arbei­ten sind? Patrick wür­de mir wohl wider­spre­chen. Wenn ich mir eine Kino­er­fah­rung als Gan­zes aus­su­chen müss­te, wäre es wohl «Good­bye, Dra­gon Inn»: Wegen der unheim­lich schö­nen und ganz schön unheim­li­chen Dop­pe­lung im nahe­zu lee­ren Künst­ler­haus­ki­no­saal, wegen des mür­ri­schen Her­ren ein paar Rei­hen hin­ter mir, der den gan­zen Film über sei­ne Miss­gunst in sich hin­ein mur­mel­te und doch naht­los in der Atmo­sphä­re auf­ging, wegen King Hu via Tsai und wegen Lee Kang-sheng im schumm­ri­gen Götzenlicht.

The River

Cafe Lumiere

Patrick: Bei mir ist es die fina­le Sex­sze­ne in „The River“ und vor allem auch die Sekun­den danach, der Schmet­ter­lings­mo­ment in „I don’t want to sleep alo­ne“ und selbst­re­dend die Begeg­nung von Jean-Pierre Léaud und Lee Kang-sheng in „Visa­ge“. Nach der Zeit mit Tsai hat­te ich das Gefühl, Ein­sam­keit stär­ker wahr­zu­neh­men. Momen­te, in denen man sei­ne Zeit mit War­ten oder Her­um-Strol­chen ver­bringt, wur­den plötz­lich inten­si­ver, ja schö­ner. Die Fra­ge wel­che Fil­me einem weni­ger im Gedächt­nis blei­ben, kann ich kaum beant­wor­ten, da ich man­che der Fil­me zum zwei­ten Mal gese­hen habe und die­se dann weit­aus stär­ker hän­gen­ge­blie­ben sind beim zwei­ten Sehen. Ich fra­ge mich gera­de, ob es eigent­lich gut oder schlecht ist, wenn man sich an wenig erin­nern kann, zumin­dest wenn man sich an wenig kon­kre­tes erin­nern kann. Ich habe die­sen Effekt bei „City Lights“ von Chap­lin. Das ist mein abso­lu­ter Lieb­lings­film von Chap­lin und trotz­dem ver­ges­se ich jedes Mal (außer jetzt, da ich ihn vor 3 Tagen zum zigs­ten Mal gese­hen habe) die Box­sze­ne. Und daher lie­ge ich jedes Mal wie­der auf dem Boden vor Lachen, der Film schockt mich jedes Mal wie­der mit sei­nen ver­schie­de­nen kon­kre­ten Ereig­nis­sen, weil in mei­ner Wahr­neh­mung nur bestimm­te Gefüh­le fest­ge­hal­ten wer­den. Und da geht es mir bei Tsai eigent­lich fast bei jedem Film gleich. Ich sehe Haut und Augen, ich sehe Lee Kang-sheng mit Sehn­sucht, ich spü­re Sehn­sucht. Ich fin­de es auch span­nend, dass ich all die Bil­der, von denen ihr so erzählt habt sehr deut­lich vor mir sehe. Das müss­te man mal in einem hal­ben Jahr wie­der­ho­len. Bei Hou sehe ich ähn­lich vie­le Bil­der, aber ich kann sie nicht so leicht ein­zel­nen Fil­men zuord­nen. Rai­ner hat­te das ja schon ein biss­chen geschil­dert. Ich glau­be sogar, dass wir das schon ein biss­chen begrün­det haben, oder geht es euch da anders?

Rai­ner: Ich weiß nicht, einer­seits sind Tsa­is Fil­me homo­ge­ner, wie wir ja schon bespro­chen haben, und das müss­te kon­se­quen­ter­wei­se bedeu­ten, dass man sei­ne Fil­me schwe­rer zuord­nen kann. Wie du rich­tig fest­ge­stellt hast, ist aber das Gegen­teil der Fall. Erst letz­te Woche habe ich mich zwar dabei ertappt eine Stel­le aus «Three Times» «Mil­le­ni­um Mam­bo» zuzu­schrei­ben, aber die Ver­wechs­lung ist mir bald auf­ge­fal­len. Kommt es nicht auch ein biss­chen dar­auf an, in wel­cher Ver­fas­sung man die Fil­me gese­hen hat, bzw. wel­chen Gesamt­ein­druck sie auf einen gemacht haben? Einen eher mit­tel­mä­ßi­gen Film (und die gab’s zumin­dest bei Hou) ver­gisst man in der Regel schnel­ler als einen, der tie­fen Ein­druck hin­ter­lässt. «Dust in the Wind» und «The Time to Live and the Time to Die» sind zum Bei­spiel zwei Fil­me, die sich ger­ne in mei­nem Kopf ver­men­gen, obwohl sie eigent­lich sehr unter­schied­lich sind. Das liegt einer­seits dar­an, dass es schon län­ger her ist, seit ich sie gese­hen habe und ande­rer­seits an dem Umstand, dass ich irr­sin­nig Mühe hat­te den Fil­men mei­ne Auf­merk­sam­keit zu schen­ken, da sie mich über­haupt nicht anzu­spre­chen wuss­ten. Bei Tsai ist mir das bis dato noch nicht pas­siert. Kurz, ich bin über­fragt. Noch mal kurz zurück zu Andrey. Die vor­letz­te Ein­stel­lung aus «Stray Dogs» ist legi­tim erinnerungswürdig…Was mich mehr schockt, ist, dass du «The River» unspek­ta­ku­lär nennst! Da brauchst es gar kei­nen Patrick dazu, um dir zu wider­spre­chen. «The River» war, ganz im Gegen­teil, für mich sein mäch­tigs­ter Film (von denen, die ich gese­hen habe). Die Fül­le an fami­liä­rer und sexu­el­ler Span­nung (die Gren­zen ver­schwim­men), die uner­träg­li­chen Nacken­schmer­zen von Lee Kang-sheng und der Regen. Es wun­dert mich, dass du das so anders wahrnimmst.

Andrey: «Ich weiß nicht, einer­seits sind Tsa­is Fil­me homo­ge­ner, wie wir ja schon bespro­chen haben, und das müss­te kon­se­quen­ter­wei­se bedeu­ten, dass man sei­ne Fil­me schwe­rer zuord­nen kann. Wie du [Patrick] rich­tig fest­ge­stellt hast, ist aber das Gegen­teil der Fall.» Das stimmt. Ich bin mir nicht sicher, wor­an das liegt. Viel­leicht muss ich mei­nen Homo­ge­ni­täts-Begriff noch­mal über­den­ken. Bei Tsai ist die Moti­vik homo­gen und die for­ma­len Grund­pa­ra­me­ter. Die Bil­der, die er dar­aus formt, sind aber meis­tens äußerst mar­kant, und dass ist auch das, was ich mit «spek­ta­ku­lär» mei­ne, ein Wort, das ich nicht umsonst in Anfüh­rungs­zei­chen gesetzt habe. Ich ver­ste­he dar­un­ter in die­sem Kon­text eine visu­el­le Prä­gnanz, die sich durch Über­ra­schung oder Unge­wöhn­lich­keit kenn­zeich­net. Gute Bei­spie­le dafür wären: Der Schlüs­sel, der aus dem Asphalt ent­fernt einen Quell frei­legt. Der Fuß, der ein­sam durch das Loch in der Decke lugt. Der Melo­nen-Sex in «The Way­ward Cloud». Die abrup­ten Musi­cal-Ein­la­gen aus «The Way­ward Cloud» und «The Hole». Patricks Schmet­ter­lings­mo­ment. Die Uhren­um­stel­lun­gen in «What Time Is It The­re?». Mei­ne Sze­ne aus «Stray Dogs», Kraft ihrer Län­ge und Nähe. Die Trä­nen am Ende von «Vive L’A­mour». Gewis­ser­ma­ßen auch der Schluss von «The River» mit sei­nem «Twist» (wobei ich ihn natür­lich nicht dar­auf redu­zie­ren möch­te). «Visa­ge» in sei­ner Gesamt­heit. In die­sem Sin­ne, und in kei­nem ande­ren, erschei­nen mir die drei von mir genann­ten Fil­me en gros weni­ger spek­ta­ku­lär (wenn­gleich sie wie gera­de erwähnt kei­nes­wegs frei von Spek­ta­kel sind) – Regen kommt in fast allen Fil­men Tsa­is vor und reprä­sen­tier­te Nacken­schmer­zen sind visu­ell schlicht­weg nicht son­der­lich prä­gnant, auch wenn sie es emo­tio­nal durch­aus sein kön­nen. So weck­ten dei­ne Zei­len in mir sogleich die Erin­ne­rung an das emo­tio­na­le Gewicht die­ser Aspek­te, aber kaum klar kon­tu­rier­te Bil­der (doch: Lees Zusam­men­bruch im Kran­ken­haus). Hous His­to­ri­en­fil­me bedie­nen die­se Art visu­el­ler Prä­gnanz in gerin­ge­rem Maße. Auch in mei­nem Kopf ver­men­gen sie sich (tat­säch­lich ein biss­chen wie bei Ozu; ein müder Ver­gleich). Fami­li­en in hel­len Durch­gangs­räu­men. Men­schen beim gemein­schaft­li­chen Mahl. Halb­di­stan­zier­te Tota­len. Grün. Nicht dass sie kein «Spek­ta­kel» zu bie­ten hät­ten. Bei „City of Sad­ness“ fal­len mir spon­tan zwei spek­ta­ku­lä­re Sze­nen ein: Jene, in der die weib­li­che Zen­tral­fi­gur des Films im Abseits einer Mit­tags­ge­sell­schaft unver­mit­telt ein stum­mes Gespräch mit Tony Leung initi­iert, und die ver­häng­nis­vol­le Mes­ser­ste­che­rei, die auf der Män­ner­toi­let­te ihren Aus­gang nimmt (nicht nur, weil sie in der Assay­as-Doku wie­der­holt wird). Den Rest des Films habe ich, wie ich geste­hen muss, fast voll­stän­dig ver­ges­sen, wobei die Sich­tung bei mir auch etwas län­ger zurück­liegt als die Retro. Ich freue mich dar­auf, ihn wie­der­zu­se­hen. Es wird im His­to­ri­en-Hou zudem ein­fach wesent­lich mehr gespro­chen als in Tsa­is Fil­men, auch weil es um kon­kre­te Geschich­te und kon­kre­te Figu­ren geht (die­se Fil­me, vor allem «City of Sad­ness», wur­den zwar natür­lich auch, aber nicht vor­nehm­lich für uns gemacht, son­dern für die Men­schen Tai­wans). Für mich heißt das zwangs­läu­fig, und da kön­nen die Fil­me selbst kla­rer­wei­se gar nix dafür: Mehr lesen, mehr Kopf­ar­beit, mehr kon­tex­tu­el­les Vor­wis­sen erfor­der­lich. Tsa­is Werk ist für mich in die­ser Hin­sicht wohl oder übel ent­span­nen­der. Dabei muss man ja nicht lesen, man kann auch ein­fach nur hin­se­hen, spricht wenig dage­gen, aber ich kann’s mir nicht ver­knei­fen, ich will auch wis­sen, was mir da erzählt wer­den soll, was lei­der manch­mal zur Fol­ge hat, dass bei­de Wahr­neh­mungs­ebe­nen dar­un­ter lei­den. Spä­ter nimmt die visu­el­le Prä­gnanz bei Hou zu, wäh­rend der chro­ni­ka­li­sche Cha­rak­ter zurück­tritt. Aber dafür eig­net die­sen jün­ge­ren Fil­men oft­mals eine gewis­se Ver­schwom­men­heit, die Kame­ra tas­tet eher Tex­tu­ren ab, als dass sie Kon­tu­ren zeich­net. Eine wei­te­re Fra­ge, die sich mir stellt, ist die, inwie­weit die Beset­zung eines Kino­saals auf mei­ne Rezep­ti­on Ein­fluss hat. Mit Tsai waren wir – eigent­lich lei­der – zumeist nahe­zu allei­ne. Man könn­te die Atmo­sphä­re im Künst­ler­haus­ki­no durch­aus «intim» nen­nen. Hou war hin­ge­gen immer gut besucht. Das macht für mich als Zuschau­er einen Unter­schied, aber ich kann noch nicht genau fest­ma­chen, wor­in er besteht.Ob das alles jetzt gut oder schlecht ist, da bin ich über­fragt. Ich hab mir die Box­sze­ne aus «City Lights» – die mir auch ent­fal­len war – jeden­falls gleich auf You­tube ange­se­hen und trotz mise­ra­bler Bild­qua­li­tät herz­haft gelacht.

The Puppetmaster2

Walker von Tsai Ming-liang

Patrick: Ich glau­be, was zum The­ma „spek­ta­ku­lär“ noch dazu kommt, ist der Begriff der Not­wen­dig­keit und erneu­te auch jener der Zeit. Bei Hou geht es doch viel dar­um eine gewis­se All­täg­lich­keit ein­zu­fan­gen, das Trei­ben-wenn man so will-von Zeit, wäh­rend Tsai eben jeden Moment betont, selbst aus all­täg­li­chen Momen­ten eine inten­si­vier­te Erfah­rung raus­holt. Daher trei­ben auch die Fil­me von Hou mehr vor sich hin als jene von Tsai, die einen packen und mit­rei­ßen. Das hängt zum einen mit der visu­el­len Prä­gnanz zusam­men, die beschrie­ben wur­de, aber eben auch damit, dass die Not­wen­dig­keit einer Ein­stel­lung bei Hou ihre Gleich­gül­tig­keit ist und bei Tsai ihr Gefühl. Damit mei­ne ich, dass es bei Hou genau um die­se Ver­schwom­men­heit geht und bei Tsai um eine emo­tio­na­le Mit­te. Das zeigt sich zum Bei­spiel auch im Sound-Design. Da dringt bei Hou immer die gan­ze Welt in die Bil­der wäh­rend ich bei Tsai das Gefühl habe, dass man oft den Herz­schlag hören kann und ande­re sol­che iso­lier­ten Geräu­sche. Ich den­ke an das Ende von „Vive L’amour“, wenn man fast nur die kla­ckern­de Schrit­te der Frau hören kann in der Stadt. Natür­lich gibt es in bei­den Fäl­len Aus­nah­men immer wie­der. Daher kann ich auch nicht tei­len, dass „The River“ weni­ger „spek­ta­ku­lär“ sein soll. Der Film ist für mich wie ein Fie­ber­traum, ein unheim­lich inten­si­ves Erleb­nis. Die Film­dreh­sze­ne am Anfang nach der Roll­trep­pen­be­geg­nung, die Sex­sze­ne im Hotel, der Sturz vom Scoo­ter, die beschrie­be­nen Nacken­schmer­zen, die nächt­li­che Begeg­nung mit der Mut­ter, der Vater im Dark Room, spä­ter mit Vater und Sohn im Dark­room, Lee auf dem Bal­kon, das Ver­schwin­den der Frau aus dem Film. Viel spek­ta­ku­lä­rer geht es nicht. Und visu­el­le Prä­gnanz bedeu­tet eben nicht nur außer­ge­wöhn­li­che Bil­der zu haben, son­dern vor­nehm­lich mal Bil­der, die sich ins Gedächt­nis bren­nen. Fin­de es etwas irri­tie­rend, dass man Tsai auf beson­ders auf­re­gen­de, unge­wöhn­li­che Sze­nen redu­zie­ren will. Dazu ist er doch viel zu sehr ein Beob­ach­ter der Zeit. Wenn ich dar­an den­ke wie oft Men­schen lau­fen, wie oft Men­schen war­ten, wie oft Men­schen essen. In die­sem Vaku­um des All­tags zei­gen sich dann die Gefüh­le bezie­hungs­wei­se ihr Ver­drän­gen. Also ich bin ein gro­ßer Freund davon, Kino in Momen­ten zu fas­sen. Aber man darf nicht den Lauf der Zeit ver­ges­sen, wenn man schon in einem Boot sitzt auf einem Fluss. Ich glau­be übri­gens auch, dass man sowas wie Prä­gnanz nicht annä­hernd objek­tiv bestim­men kann. Manch­mal habe ich Angst, dass sich die­se emo­tio­na­le Prä­gnanz durch das dar­über Nach­den­ken, Ein­ord­nen und beim Schrei­ben sol­cher Tex­te sogar ver­läuft. Ich will damit nicht sagen, dass alles sub­jek­tiv ist, weil ich fin­de, dass es schon Wahr­hei­ten gibt, die eben von den Fil­men selbst aus­ge­hen und nicht von den Betrach­tern, aber wenn es um Prä­gnanz geht, dann wird es womög­lich schwie­rig. Viel­leicht soll­ten wir sowie­so lang­sam zu einem Ende kom­men. Daher noch die Fra­ge: Habt ihr Hous Fil­me als kör­per­lich wahr­ge­nom­men? Ich fra­ge das, weil es bei mir ganz komisch war. Er zeigt ja kaum kör­per­li­che Sze­nen. Es gibt weni­ge Nah­ein­stel­lun­gen, es gibt ganz wenig sexu­el­le Sze­nen, Blut, Schweiß, Trä­nen was weiß ich. Alles ist immer in die­sem Fil­ter. Trotz­dem fängt er dann irgend­wann an Kon­tu­ren zu betrach­ten wie Andrey das rich­tig for­mu­liert hat, er wird irgend­wie enger und da habe ich zum Bei­spiel in „Three Times“ eine unheim­li­che Kör­per­lich­keit gespürt, die sich mehr zwi­schen Kame­ra und Figu­ren offen­bar­te als zwi­schen den Figu­ren selbst.

Rai­ner: Die­se Fra­ge lässt sich mei­nes Erach­tens recht klar mit Nein beant­wor­ten. Hous kör­per­li­che Distan­ziert­heit führ­te soweit, dass ich schließ­lich bei «Three Times» gera­de­zu scho­ckiert war, als zum ers­ten Mal so etwas wie eine Sex­sze­ne in einem sei­ner Fil­me «gezeigt» wur­de (oder sagen wir lie­ber ange­deu­tet). Ich weiß nicht ob es Prü­de­rie ist, oder ob Hou ganz ein­fach kein Inter­es­se an Kör­pern und Sex hat, aber das fehlt mir in sei­nen Fil­men tat­säch­lich ein wenig – vor allem in den spä­te­ren die doch stär­ker emo­tio­nal auf­ge­la­den sind näher an den Cha­rak­te­ren erzäh­len (wie «Three Times» oder auch «Mil­le­ni­um Mam­bo»). Was du am Ende geschrie­ben hast, kann ich nicht ganz nach­voll­zie­hen. Gera­de die Cha­rak­te­re im ers­ten und letz­ten Seg­ment von «Three Times» sind sich doch nahe (auch im Sin­ne von kör­per­lich nahe) – ganz anders als z.B. die Pär­chen in «Good­bye South, Good­bye» – da war für mich Kör­per­lich­keit zwi­schen den Cha­rak­te­ren in einem Hou-Film am stärks­ten fühl­bar, wäh­rend Kör­per­lich­keit zwi­schen Kame­ra und Figu­ren für mich z.B. ein prä­gen­des Merk­mal für «Flowers of Shang­hai» gewe­sen ist, wo die Kame­ra qua­si als Lieb­ha­ber der Cha­rak­te­re agiert, ihren kleins­ten Bewe­gun­gen folgt, sie nie aus den Augen lässt, nur um schließ­lich lang­sam die Augen zu schlie­ßen (Schwarz­blen­de). Dass was du ange­spro­chen hast, sehe ich also eher in «Flowers of Shang­hai», wo sich die Cha­rak­te­re nicht wirk­lich nahe kom­men und nahe kom­men kön­nen (hat wohl auch mit der Zeit zu tun, in der der Film spielt), die Kame­ra aber die emo­tio­na­le Ver­bin­dung auf­recht erhal­ten, oder viel­leicht sogar ent­ste­hen lässt. Wenn wir nun schon so weit sind, wür­de ich sogar die Behaup­tung auf­stel­len, dass Kör­per­lich­keit, das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um ist, dass Hou von Tsai unter­schei­det. Tsa­is Fil­me sind außer­or­dent­lich kör­per­lich, Hous kaum.

Rebels of the Neon God2

Flowers of Shanghai

Patrick: Die ers­te Geschich­te von «Three Times» ist für mich etwas Unglaub­li­ches. Da geht es genau um die­se Fra­ge des Berüh­rens und Nicht-Berüh­rens. Eine hal­be Stun­de lang sehen wir die bei­den, Mann und Frau man muss nicht mehr wis­sen, kaum im sel­ben Frame. Es ist ein Tanz, der die bei­den trennt. Immer wie­der. Geschich­te trennt sie, Schüch­tern­heit, Umstän­de. Und nach die­ser hal­ben Stun­de berüh­ren sich ihre Hän­de. Die­ser gan­ze Auf­bau läuft auf die­sen Moment zu. Und für mich ent­steht die­ser Auf­bau vor allem durch die Kame­ra­be­we­gung. Das ist ganz ganz gro­ßes Kino. Die Kör­per­lich­keit kommt ein­fach aus dem Schock der Berüh­rung am Ende. Man wird sich der Kör­per­lich­keit da erst bewusst. Bei «Flowers of Shang­hai» hast du natür­lich auch völ­lig Recht. Aber Kör­per­lich­keit haben sowohl Tsai als auch Hou. Nur eben ein­mal durch ihr Aus­las­sen und ein­mal durch ihr Betonen.

Andrey: Wie­der­um bin ich mir nicht sicher, was unter «Kör­per­lich­keit» zu ver­ste­hen ist. Ist es die ein­dring­li­che Dar­stel­lung von mensch­li­chen Kör­pern als natür­li­che Orga­nis­men, die sich über eine sinn­li­che und sicht­ba­re Kör­per-Spra­che (dar­un­ter auch Blut, Schweiß, Trä­nen) als sol­che zu erken­nen geben? Ist es die Kame­ra, die sich als Kör­per gebiert, agiert und reagiert, die tas­tet, wan­delt, zuckt, lieb­kost? Oder ist es der Kör­per des Zuschau­ers, um den es geht, dar­um, was die Kino­er­fah­rung mit mei­nem Kör­per macht, wie sie ihn ansteckt und mit ihm spielt? All das ist wohl auf die eine oder ande­re Art kör­per­lich, ich den­ke bei der Fra­ge aber gemein­hin an Letz­te­res, und so gese­hen hat mich Tsai wesent­lich stär­ker erfasst als Hou, allei­ne schon auf­grund der inten­si­ven Wahr­neh­mung mei­ner eige­nen Leib­lich­keit, der Mas­se im Kino­ses­sel, die mir die meis­ten sei­ner Fil­me in ihrer berau­schen­den Träg­heit beschert haben. Ich den­ke da etwa an die Wal­ker-Rei­he, bei der mei­ne Bei­ne irgend­wann jeden Schritt des Mönchs im Kopf mit­gin­gen, oder an «Good­bye, Dra­gon Inn», der so kraft­voll spür­bar macht, was es heißt, im Kino zu sit­zen. Und obwohl ich das, was Patrick über die ers­te Epi­so­de aus «Three Times» gesagt hat, nur unter­schrei­ben kann – wobei ich zuge­ben muss, dass der besag­te «Schock der Berüh­rung», retro­spek­tiv nach­ge­ra­de unaus­weich­lich und eben tat­säch­lich «ganz gro­ßes Kino», mich beim Sehen ver­fehlt hat, da ich mich in mei­ner Hof­fart doch all­zu­sehr auf die unge­wohn­te Kit­schig­keit die­ser zar­ten Ges­te ein­ge­schos­sen hat­te – ver­schaff­te mir die­se Sze­ne doch eher das Ver­ständ­nis einer Vor­stel­lung von Kör­per­lich­keit, vom Abstand und der Span­nung zwi­schen zwei Kör­per­or­bits, als dass es mei­nen eige­nen Kör­per wirk­lich ange­grif­fen hät­te. Viel­leicht könn­te man fol­gen­de Unter­schei­dung tref­fen: Tsai als Kör­per­fil­mer, Hou als Berüh­rungs­fil­mer. Aber auch das wäre näher auszuführen.