Die Welt ist eine Insel. Zumindest immer dann, wenn ein Ausweg notwendig, jedoch unmöglich scheint. So zum Beispiel in John Boormans zweiten Hollywoodfilm Hell in the Pacific, in dem zwei verfeindete Soldaten im Zweiten Weltkrieg auf einer einsamen Pazifikinsel umgeben von brandenden Wellen, ein paar Bäumen und leicht zu fangenden Fischen – sonst weiter nichts – stranden. Ein Amerikaner, ein Japaner, beide vollbärtig. Von außen betrachtet, sind sie sich recht ähnlich, doch sie können sich nicht nur kaum verständigen, sondern bekriegen sich darüber hinaus, ungesehen vom Rest der Welt. Abgesehen von einem Messer und ein paar gespitzten Ästen, ganz ohne Waffen. Nach dem Warum zu fragen, für das es keine richtige Antwort gibt, führt direkt zur simplen Moral des Films, wofür sich die Bilder aber kaum interessieren. Statt ästhetischer Einfachheit beobachtet Boormans Kamera den hilflosen Kampf beider gegeneinander, bei dem das nackte Überleben in den Hintergrund rückt, mit Aufnahmen, die geradezu betäubt von den Eindrücken der Natur und deren Gewalten sind: alles überstrahlendes Sonnenlicht, undurchdringbares Dickicht, dröhnende Tierlaute, irreführende Schnittfolgen. Als würde sich die filmische Robinsonade ganz den gesellschaftlichen Problemen oder der psychischen Belastung, einhergehend mit der Aussichtslosigkeit ihrer Situation, entheben, soll in den Raufereien der beiden Männer wie so oft Archaisches sichtbar werden. So treten die beiden weniger als geläuterte Kriegshelden auf, mehr wie zwei unwirsche Eremiten, die vor Hunger an den humanistischen Wurzeln nagen. Pflichtschuldig soll der beidseitige Hang zum Sadismus daran erinnern, dass alle nur Menschen, aber eben auch Tiere sind. Der Amerikaner erstickt und verdurstet beinah im brennenden Wald, während der Japaner gekreuzigt für hündische Strandspiele herhalten muss. Jeder erleidet das Leid des anderen, vielleicht für den anderen oder durch den anderen, wie Jean-Paul Sartre geschrieben hätte.
Die Palau-Inseln, auf denen der Film gedreht wurde, liegen unweit von Vietnam, zwischen 1945 und 1968 sind nur dreiundzwanzig Jahre vergangen, und unter der Verdichtung, die mit einer erzählerischen Vereinfachung einhergeht, entsteht explosiver Druck. Boorman erfindet dafür reichlich Episoden, die sich in ihrer verkürzten Handlung und effektvollen Inszenierung fast schon wie komische Einlagen (nicht zuletzt wegen der Kommunikationsschwierigkeiten, ohne Untertitel im Österreichischen Filmmuseum) aneinanderreihen. Irgendwann gelingt es den Beiden, dem höllischen Idyll zu entkommen. Erneut stranden sie an einem verlassenen Kriegsschauplatz, Gefechte in Hörweite, in dessen Trümmern sie ihr vermeintliches Entkommen feiern, bis sie eine Granatenexplosion tödlich erwischt. Gewissermaßen sind sie in die Hölle des Anfangs zurückgekehrt. Wie schon Hans Blumenberg bemerkte, handelt es sich beim Schiffbruch um ein Symbol des Erzählens schlechthin. Zwar berichtet das Bild anteilnehmend vom Untergang, zugleich erinnert es jedoch sein Publikum, das von außen darauf blickt, daran, in Sicherheit zu sein, die Katastrophe überlebt zu haben, von der nun erzählt wird. Zur Bedeutung dieses Bildes gehört aber auch die notwendige Verknappung auf ein einzelnes Floß oder eine winzige Insel, die dafür immer wieder in Gänze – aus der Ferne, von oben, von hinten – gezeigt werden muss. Angesichts der überschaubaren Situation ist ein Vorwurf gegen Vereinfachung schnell formuliert. Aber nicht selten wird gerade im Kino das Komplizierte einfach und das Einfache kompliziert. Sich zu fragen, ob die Lösung nicht doch auf der Insel zu finden wäre, drängt zur Verkomplizierung, statt anzuerkennen, dass sowohl das Problem als auch die Lösung außerhalb liegen, nämlich beim Betrachter. Der Schwierigkeit des Einfachen besteht darin, weder sich in faktische Klarheit noch in allseitige Beliebigkeit zu verflüchtigen. Hierin triumphiert Boormans dramatische Ästhetik über sein scheiterndes Drama.