Über uns

„Eine ganze Welt öffnet sich diesem Erstaunen, dieser Bewunderung, Erkenntnis, Liebe und wird vom Blick aufgesogen.“ (Jean Epstein)

Notiz zu Nash vek von Artavazd Peleshyan

Wenn man über Sinnbilder nachdenkt, vermag einen die durchaus ausgelaugte, letzte überlebende Kopie eines 35mm-Films über das immer wieder in Katastrophen führende Fortschrittsdenken menschlicher Prägung durchaus reizen. Doch Artavazd Peleshyan hat mehr auf dieser Filmkopie versteckt, als die vom Österreichischen Filmmuseum im Rahmen ihrer Reihe zum Found-Footage-Film nur allzu gern betonte Geschichte der filmischen Sterblichkeit; was man in den sterbenden Bildern erkennen kann, ist die schiere Wucht des Unglaublichen: Flugzeuge, die wie Fische auf Wolken schwimmen, wie panische Heuschrecken durch den Luftraum hopsende Gefährte, mit offenem Mund in die Geschwindigkeit starrende Opfer des Spektakels und nach jeder Explosion der Drang hinein in die nächste Steigerung, den nächsten Rekord bis wieder alles von vorne beginnt.

Als eine Art Verfilmung der Geschwindigkeitstheorie Paul Virilios hat Peleshyan (wie in all seinen Filmen) keine Geschichte über Menschen aus den Archivaufnahmen gebastelt, sondern eine poetische Betrachtung des Menschseins an sich. Zwischen Ode, zynischer Verballhornung und schicksalsträchtiger Fatalität folgt dieser Film den motivischen Rhythmen der vom Filmemacher entwickelten Montage. Hunderte Aufnahmen von Flugversuchen und deren Erfolg oder Scheitern rasen nur so über die Leinwand.

Es ist nun bereits lange her, dass Peleshyan auf der Kinokarte erschien, seine Filme würden der Filmtheorie zum Studium auf Youtube vorliegen, aber noch immer lehren sie den armen Filmstudenten Eisenstein, weil es niemand schafft, diese außergewöhnliche und überwältigende Art des Schnitts zu beschreiben. Wenn wir von den Krisen des Kinos sprechen, dann auch von jener, die hier scheitert; gleichzeitig aber erlaubt diese Obskurität das Staunen, das einen mal für mal erwischt.